10.11.2016

Logistische Prozesse modellieren: so werden betriebliche Abläufe sichtbar!

Bei logistischen Tätigkeiten geht es um Flüsse von Objekten durch Raum und Zeit. Das kann auch als Prozess angesehen werden. Bei der Lösung von logistischen Fragestellungen spielen Modelle als zielgerichtete Abbildung der Realität eine große Rolle. Lesen Sie hier, welche Optionen es gibt, logistische Abläufe in Form von Prozessen zu modellieren.

Betriebliche Abläufe sichtbar machen

Sollen Prozesse modelliert werden geht es darum, zielorientiert eine Abbildung von betrieblichen Abläufen zu erstellen. Deshalb werden in der Literatur unter Prozessmodellierung auch alle Aktivitäten zur Darstellung von Ist- und Soll-Prozessen verstanden. Oder etwas präziser kann Prozessmodellierung auch als „ie vollständige, formale, präzise und konsistente Beschreibung von Geschäftsprozessen mithilfe einer Modellierungssprache“ gesehen werden.

Der Ausgangspunkt ist die prozessuale Realität, die in der Regel sehr viele Aspekte aufweist. Jedoch sind nur einige davon für den Zweck der Modellierung nützlich. Andere können auch weggelassen werden, um die Abbildung für das Management  nicht zu komplex werden zu lassen.

Zwecke der Prozessmodellierung

Deshalb spielen die Gründe bzw. Zwecke der Prozessmodellierung eine große Rolle bei der Wahl, wie Prozesse modelliert werden sollten. Häufig werden folgende Zwecke unterschieden:

  • Herstellung von Transparenz über die betrieblichen Abläufe
  • Förderung eines einheitlichen Prozessverständnisses
  • Vorbereitende Dokumentation von Prozessen zur späteren Automatisierung oder Simulation, Auditierung oder Zertifizierung

Eine der wichtigsten Entscheidungen bei der Prozessmodellierung ist bereits ganz zu Anfang zu treffen: die Auswahl einer Modellierungssystematik. Denn es ist eine Modellierungssystematik auszuwählen, mit der möglichst alle  angestrebten Ziele erreicht werden können.

Wie wählt man die richtige Systematik zur Modellierung?

  • Abhängig vom Ziel: SIPOC-Systematik bietet einen schnellen Überblick über den Gesamtzusammenhang; BPMN 2.0 kann sehr gut administrative Prozesse abbilden; Wertstromanalyse eignet sich für eine Analyse von Verschwendungsarten im Sinne des Lean Managements
  • Abhängig von der Ebene: oberes Management, Prozessverantwortliche oder unteres Management?

Systematiken für logistische Prozesse

  • SIPOC: Diese Modellierungssystematik geht zurück auf den Six-Sigma-Ansatz. Dabei steht SIPOC als Akronym für die Elemente Supplier, Input und Process
  • Flussdiagramm/Folgeplan: Flussdiagramme (bzw. Flow Charts, Folgepläne oder auch Programmablaufpläne)
    sind eine frühe und weitverbreitete Form der grafischen Modellierung von Algorithmen. Sie können auch zur Abbildung von Prozessen genutzt werden. Der Fluss bzw. Ablauf wird dabei in einer Notation mit einem normierten Satz von einfachen Symbolen (vgl. DIN 66001) wie Rechtecken, Rauten und Verbindungslinien dargestellt, die Operationen bzw. Aktivitäten, Entscheidungen und deren Verknüpfungen abbilden.
  • Swimlanes: Swimlanes bzw. Schwimmbahn-Diagramme sind keine eigenständige Form der Modellierung, sondern werden in Verbindung bzw. als Ergänzung zu anderen Notationen genutzt. Eine Bahn symbolisiert dabei den Verantwortungs- oder Aufgabenbereich der jeweiligen Rolle.
  • BPMN 2.0: Die Business Process Model and Notation (BPMN) ist eine grafische Spezifikationssprache, die hauptsächlich in der Wirtschaftsinformatik eingesetzt wird. Sie wurde in ihrer aktuellen Version 2.0 von der
    OMG (Object Management Group) entwickelt.
  • Sankey-Diagramm und Materialflussmatrix: Zur Abbildung, Analyse und späteren Optimierung von Materialflüssen kann das Sankey-Diagramm in Verbindung mit einer Materialflussmatrix herangezogen werden. Das Sankey-Diagramm stellt Mengenflüsse grafisch dar. Eine quantitative Modellierung für eine
    spätere Analyse und Verbesserung kann durch eine Materialflussmatrix erreicht werden.
  • Spaghetti-Diagramm: Ein Spaghetti-Diagramm zeichnet anhand eines maßstabsgetreuen Layouts die Transport- bzw. Lauf- oder Fahrwege nach.
  • Klassische Wertstromanalyse: Die Wertstromanalyse ist eine Modellierungssystematik, die insbesondere für Produktionsprozesse entwickelt wurde. Sie wird eingesetzt, um Verschwendung bzw. die für den Kunden erbrachte Wertschöpfung sichtbar zu machen.
  • Logistische Wertstromanalyse: Bei der Anpassung der Wertstromanalyse für Logistikprozesse wurden
    standardisierte Logistikfunktionen definiert, die in logistischen Prozessen enthalten sein könnten. Darüber hinaus wurden speziell für diese Funktionen Datenkästen mit Informationen entwickelt, die
    die Ausführung dieser Funktion näher beschreiben.

Ursachen für Probleme oder Verschwendung erkennen

Die Kompetenz, eine zielgerichtete Prozessmodellierung vornehmen zu können, ist die Grundlage für ein gezieltes Management der Prozesse. Denn nur wenn die richtigen Aspekte von Prozessen modelliert werden, können auch Ursachen für Probleme oder Verschwendung erkannt und die richtigen Maßnahmen zu deren Vermeidung getroffen werden. Insofern ist eine strukturierte und flächendeckende Schulung von Mitarbeitern in geeigneten Modellierungssystematiken eine wichtige Voraussetzung für effiziente und sichere Prozesse in der Logistik.

Autor*in: Thomas Liebetruth (Thomas Liebetruth ist Professor an der TH Regensburg und unser Experte für den Bereich Logistik.)