11.07.2017

Der SCM-Leitstand als zentrale Instanz in der Materialwirtschaft

Egal ob Absatz-, Material- oder Produktionsmanagement, immer mehr Industrieunternehmen ordnen alles einer zentralen Instanz unter: dem SCM-Leitstand (SCM: Supply Chain Management). Er plant, disponiert und überwacht alles, was sich zwischen Auftrag, Materialbeschaffung und Zustellung abspielt.

SCM-Leitstand zentral in der Materialwirtschaft

Nicht aneinander Vorbeiplanen

Die Idee ist so simpel wie faszinierend: Wissen bündeln, Funktionen nach Prozessen ausrichten, Planungsprognosen aufstellen, Teams richtig bilden und formen, Tools und Applikationen zur Steuerung der Prozesskette bestmöglich konfigurieren und nutzen. Dies alles unter Anwendung moderner Tracking-Tools. Dabei geht es nicht, wie John Albert Eke, geschäftsführender Gesellschafter von Exxent Consulting, Eching, in einem Beitrag für die „DVZ“ schreibt, darum, Vertrieb und Produktion von steuernden Aufgaben freizustellen. Aber der SCM-Leitstand trage maßgeblich dazu bei, dass die Verantwortlichen nicht aneinander vorbeiplanen.

Leitstände in der Light-Version

Aktuell implementieren Eke zufolge viele Unternehmen Leitstände in der Light-Version. Schon mit diesen Interimsvarianten vollzögen sie einen großen Schritt in die richtige Richtung. Es gibt kleine Leitstände für die Abwicklung der Kundenaufträge und welche für die Beschaffungsprozesse.

Eke: „Sie tragen spürbar dazu bei, dass die Unternehmen die Effizienz ihrer Prozesse erhöhen.“

Eine Prozessbrille, drei organisatorische Bereiche

Den wesentlichen Unterschied zwischen Leitstandsteuerung und herkömmlicher Absatz-, Material- und Produktionsplanung sieht Eke darin, dass die Unternehmen nun alle drei Bereiche organisatorisch durch eine Prozessbrille betrachten. Das Problemszenario bislang nach Eke:

In althergebrachten Strukturen sagt der Vertrieb: „Wir verkaufen, also geben wir den Takt vor.“
Die Produktion hält dagegen: „Ohne uns stehen alle Räder still, da kann der Vertrieb noch so viel mit seinen Kunden vereinbaren.“

Und die Beschaffung fühlt sich ohnehin von allen Seiten gegängelt.

Salomonische Konfliktlösung

Der Leitstand löse diesen Konflikt „geradezu salomonisch“, so Eke: Er führt alle operativen Instanzen in einer aufeinander abgestimmten Prozesssteuerung zusammen. Damit rücken die Prozesse ins Zentrum der unternehmerischen Planung. Immer mehr Manager erkennen, dass man Effizienzprobleme zu lange aus einer falschen Perspektive betrachtet hat.

Operative Abwicklung unter einer Führung

Der Kerngedanke eines SCM-Leitstandes besteht darin, möglichst vieles aus der operativen Abwicklung unter eine Führung zu stellen. Dazu gehört der Vertriebsinnendienst. Er nimmt die Aufträge des Kunden an, um sie termin- und abrufgerecht durch die Produktion zu schleusen. Außerdem steuert der Leitstand die Produktionsdisposition unter Berücksichtigung von

  • Kapazitäten,
  • Ressourcen und
  • Material

Materialwirtschaft und Beschaffung unter dem SCM-Leitstand

Schließlich gehören die Materialwirtschaft und die Beschaffung inklusive operativem Einkauf unter die Steuerung des Leitstandes. Und last but not least die Logistik. In seiner radikalen Ausprägung fasse ein SCM-Leitstand jedoch sämtliche operativen Funktionen zusammen aus

  • Rohwarenbeschaffung,
  • Lagerverwaltung,
  • Vertrieb,
  • Produktion und
  • Logistik

Prozesse einem einzigen Team unterstellt

Eke: „Wer diesen Schwenk mit letzter Konsequenz vollzieht, unterstellt alle operativen Prozesse einem einzigen Team. Das hat den Vorteil, dass der Leitstand bei jedem Kundenabruf eine vollständige Übersicht über die eingebundenen Instanzen besitzt und die Abstimmung inklusive Terminkoordination eigenverantwortlich vornimmt.“

Gesamtes Wissen über die eigene Prozesslandschaft

„Der Leitstand integriert unser gesamtes Wissen über unsere eigene Prozesslandschaft“, zitiert Eke Armin Seitz, Geschäftsführer von Moll Marzipan, einem Süßwarenhersteller in Berlin.

Durch die operative Bündelung sei man nach außen dem Kunden gegenüber sofort auskunftsfähig, was den Status seines Auftrages betrifft. Nach innen könne man deutlich schneller agieren, weil ein einziges Team die Fäden in der Hand hält. Zudem kann der Rohstoffeinkauf je nach Weltmarktpreisen klug operieren. Denn er kennt die aktuelle Auftragslage genauso wie die Auslastung der Produktionskapazitäten.

Autor*in: Franz Höllriegel