02.10.2020

Ermittlung von Löschmitteleinheiten in der Praxis

Ein großes Thema in den Betrieben ist immer wieder die Überprüfung der Feuerlöscher nach Nutzungsänderungen oder Umbauten: Stimmt die Anzahl der Feuerlöscher noch? Muss eine neue Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden? Was sind Löschmitteleinheiten und wie werden diese ermittelt? In diesem Beitrag erklären wir Ihnen den Begriff Löschmitteleinheit (LE) und zeigen Ihnen am Beispiel ganz konkreter Fälle, wie Sie diese berechnen.

Mehrere Feuerlöscher: Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung Brandschutz ist auch die richtige Ausstattung mit Feuerlöschern.
Beispiel zur Ermittlung des Bedarfs an Feuerlöscher

Die Industrie stellt eine Vielzahl von unterschiedlichen Feuerlöschern zur Verfügung, die sich durch Löschmittel, die Löschmittelmenge und Löschvermögen unterscheiden.

In unseren Beispielen sprechen wir von Arbeitsstätten, welche ausreichend mit Feuerlöschern versorgt werden sollen.

Die Ermittlung der Löschmitteleinheiten (LE), die notwendig ist, um die Anzahl der Feuerlöscher für einen Betrieb festzulegen, ist in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“ beschrieben. Gemäß der ASR A2.2 ist die LE eine eingeführte Hilfsgröße, die es ermöglicht, die Leistungsfähigkeit unterschiedlicher Feuerlöscher zu vergleichen und das Gesamtlöschvermögen unterschiedlicher Feuerlöscher zu ermitteln.

Beispiel

Stellen Sie sich eine Nutzungsänderung in Ihrem Betrieb vor. Ein alter Hallenbereich mit 650 m2 Grundfläche, in dem geringe Mengen brennbares Material der Brandklasse A gelagert wurden, wird in zwei neue Bereiche verschiedener Nutzungen umgebaut:

  1. Bereich Büronutzung – 200 m2
  2. Bereich Aktenlager – 450 m2

Sie als Brandschutzbeauftragter bekommen nun die Aufgabe, die Anzahl der notwendigen Feuerlöscher für die neuen Bereiche zu ermitteln. Gehen Sie wie nachfolgend beschrieben vor.

 

1. Gefährdungsanalyse

Durch eine Gefährdungsanalyse sollen Sie das Gefährdungspotenzial in den zwei neuen Räumen einschätzen. Sie können dabei wie nachfolgend beschrieben vorgehen:

  • Wie groß sind die Räume? Die Grundfläche ist hier maßgebend.

  • Was wird gelagert? Sind dies brennbare oder nicht brennbare Stoffe?

  • Welche brennbaren Stoffe gibt es? Sind diese Stoffe fest, flüssig oder gasförmig?

  • Welche Löschmittel sind notwendig? Dies hängt von der Brennbarkeit der vorhandenen Stoffe ab.

  • Welche Löschmittelmengen sind notwendig? Dies ergibt sich aus dem Volumen, das abzulöschen ist.

2. Definition Brandgefährdung nach ASR A2.2

Gemäß ASR A2.2 liegt eine normale Brandgefährdung vor, wenn

  • die Wahrscheinlichkeit einer Brandentstehung,
  • die Geschwindigkeit der Brandausbreitung,
  • die dabei frei werdenden Stoffe und
  • die damit verbundene Gefährdung für Personen, Umwelt und Sachwerte

vergleichbar sind mit einer Büronutzung.

Büroraum

Im Büroraum reicht bei einer normalen Brandgefährdung eine Grundausstattung mit Feuerlöscher aus. (Die ASR A2.2 beschreibt immer nur die Grundausstattung bei einer normalen Brandgefährdung.)

Ihre Gefährdungsanalyse hat ergeben, dass in beiden Räumen überwiegend brennbare Stoffe der Brandklasse A vorhanden sind, also haben Sie sich für Wasserlöscher entschieden.

Für die Grundausstattung dürfen nur Feuerlöscher verwendet werden, die mindestens über 6 LE verfügen.

Nach der ASR A2.2 Tabelle 3 (fett markiert) ergibt sich für die normale Brandgefährdung im Büroraum bei einer Grundfläche von 200 m2 ein Bedarf von 12 LE.

Nach ASR A2.2 Tabelle 2 können Sie sich für zwei Wasserlöscher mit dem Löschvermögen 21A (2 × 6 LE = 12 LE) oder für einen Wasserlöscher mit dem Löschvermögen 43A (12 LE) entscheiden.

Aber was bedeuten die Abkürzungen 21A und 43A?

Wie Sie aus der Tabelle 2 (fett hervorgehoben) entnehmen können, werden die LE nur dem Löschvermögen der Brandklasse A (feste Stoffe) und der Brandklasse B (flüssige und flüssig werdende Stoffe) zugeordnet.

Die Feuerlöscher der Brandklasse A müssen dabei ein Prüfobjekt, bestehend aus aufeinander gestapelten Hölzern mit einer bestimmten Dicke, einer bestimmten Länge, einer bestimmten Höhe und einer bestimmten Aufbaulänge, nach dessen Inbrandsetzen ablöschen können.

Beispiel 5A

Die aufgestapelten Hölzer haben eine Aufbaulänge von 5 dm oder 0,5 m. Bei 43A beträgt die Aufbaulänge entsprechend 43 dm oder 4,3 m.

In der Brandklasse B müssen die Feuerlöscher ein Prüfobjekt in Form einer Auffangwanne mit einem bestimmten Volumen eines brennbaren Flüssigkeitsgemisches ablöschen können.

Beispiel 21B

Die Flüssigkeitsmenge beträgt 21 l. Bei 233B beträgt die Flüssigkeitsmenge 233 l.

Es gibt natürlich Feuerlöscher, welche auch in beiden Brandklassen genutzt werden können. Hier als Beispiel 27A 144B (in der Tabelle 2 kursiv hervorgehoben).

Für die Brandklassen C (gasförmige Stoffe) und für die Brandklasse D (Metallbrände) wird lediglich überprüft, ob die Feuerlöscher geeignet sind.

Für die Brandklasse F (Fettbrände) kann die Tabelle 2 nicht angewendet werden. Auf diesen Feuerlöschern steht das Löschvermögen z.B. mit 5F, 25F, 40F oder 75F beschrieben. Dies bedeutet: 5F ist ein Löschvermögen, das ausreicht, um einen 5 l-Fettbrand abzulöschen.

ASR A2.2 Tabelle 2: Zuordnung des Löschvermögens zu Löschmitteleinheiten (LE)
LE
Löschvermögen Brandklasse A
Löschvermögen Brandklasse B
1
5A
21B
2
8A
34B
3
55B
4
13A
70B
5
89B
6
21A
113B
9
27A
144B
10
34A
12
43A
183B
15
55A
233B
ASR A2.2 Tabelle 3: Löschmitteleinheiten (LE) in Abhängigkeit von der Grundfläche der Arbeitsstätte
Grundfläche bis … m2
Löschmitteleinheiten (LE)
50
6
100
9
200
12
300
15
400
18
500
21
600
24
700
27
800
30
900
33
1.000
36

Aktenlager

Eine erhöhte Brandgefährdung gemäß ASR A2.2 liegt z.B. in einem Altpapierlager vor, das mit dem oben aufgeführten Aktenlager vergleichbar wäre.

Bei einer normalen Brandgefährdung sind im Aktenlager als Grundausstattung 21 LE vorgesehen. Da das Flächenmaß 450 m2 in der ASR A2.2 Tabelle 3 fehlt, verwenden Sie das nächsthöhere Maß, in diesem Falle die 500 m2, und damit kommen Sie auf die 21 LE.

Auch für diesen Raum haben Sie sich für Wasserlöscher entschieden. In der ASR A2.2 Tabelle 2 suchen Sie sich jetzt die Anzahl der Feuerlöscher heraus:

Sie wählen entweder vier Wasserlöscher mit dem Löschvermögen von jeweils 21A (4 × 6 LE = 24 LE) oder z.B. zwei Wasserlöscher je 21A und ein Wasserlöscher 34A (2 × 6 LE = 12 + 1 × 10 LE = 22 LE).

Bei beiden Möglichkeiten wurden die Anforderungen nach mindestens 21 LE erfüllt.

Allerdings hat die Gefährdungsanalyse im Aktenlager eine erhöhte Brandgefährdung ergeben. Deshalb wählen Sie zusätzlich zu der Grundausstattung z.B. weitere drei Wasserlöscher mit dem Löschvermögen von je 13A (4 LE).

Die kleineren Feuerlöscher sind hier zulässig, da sich die Mindestanzahl der LE auf die Grundausstattung bezieht.

Fazit

Die Hilfsgröße „Löschmitteleinheit“ ermöglicht es, die Anzahl unterschiedlicher Feuerlöscher zu bestimmen. Wichtig im Vorfeld ist dabei die Gefährdungsanalyse der Arbeitsstätte, um u.a. das richtige Löschmittel zu ermitteln.

Bei der Zusammenstellung der Feuerlöscher muss mindestens die Zahl der geforderten LE erreicht werden.

Bei Flächenabmessungen, die in der ASR A2.2 Tabelle 3 nicht aufgeführt sind, wird immer auf die nächsthöhere Flächenabmessung aufgerundet.

Die Anzahl der vorhandenen Wandhydranten findet keine Berücksichtigung mehr.

Bei der Ermittlung der Grundausstattung mit Feuerlöscher dürfen nur die Löscher berechnet werden, die über mindestens jeweils 6 LE verfügen.

Die Neuauflage der ASR A.2.2 lässt eine Abweichung zur Grundausstattung auf mindestens 2 LE der Feuerlöscher zu wenn:

  • sich hierdurch eine Vereinfachung in der Bedienung ergibt, z.B. durch mindestens 25 % Gewichtsersparnis je Feuerlöscher,
  • die Zugriffszeit, z.B. durch Halbierung der maximalen Entfernung zum nächstgelegenen Feuerlöscher nach Punkt 5.3 (max. 20 m), reduziert wird und
  • die Anzahl der Brandschutzhelfer nach Punkt 7.3 (von 5 auf 10 %) verdoppelt wird.

In mehrgeschossigen Gebäuden sind in jedem Geschoss mindestens 6 Löschmitteleinheiten (LE) bereitzustellen.

Um tragbare Feuerlöscher einfach handhaben zu können, soll auf ein geringes Gerätegewicht sowie innerhalb eines Bereichs auf gleiche Funktionsweise der Geräte bei Auslöse- und Unterbrechungseinrichtungen geachtet werden.

In welcher Form eine erhöhte Brandgefährdung kompensiert wird, liegt im Ermessen des Brandschutzbeauftragten.

Autor*in: Lothar Jauck