07.04.2016

Der Betriebsrat als Vermittler: unparteiisch, aber nicht neutral

Neutral sein oder Partei ergreifen? Wenn es Konflikte innerhalb der Belegschaft gibt, ist der Betriebsrat gefordert, sich für eine Schlichtung einzusetzen. Doch Vorsicht, schnell können die Betriebsratsmitglieder zwischen allen Stühlen sitzen. Um das zu verhindern, müssen Sie sich eine Position bilden und diese nachvollziehbar vermitteln.

Streitschlichtung

Begehen Sie als Betriebsratsmitglied, das zwischen streitenden Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen vermitteln will, nicht den Fehler, neutral sein zu wollen. Neutralität bedeutet Wertfreiheit, und als Mitglied des Betriebsrats vertreten Sie selbstverständlich Werte wie Solidarität oder das Eintreten für ein positives Betriebsklima.

Entstehungsgeschichte beachten

Jeder Konflikt hat seine Entstehungsgeschichte, nicht selten sogar eine sehr lange. Die verdeckte Austragung hat damit zu tun, dass die Arbeitnehmer disziplinarische Konsequenzen befürchten, wenn sie sich offen äußern. Wenn also der Konflikt zu Tage tritt, hat er schon eine längere Vorgeschichte, die Sie unter Umständen in Einzelgesprächen in Erfahrung bringen sollten. Denn Konflikte sind oft nur zu verstehen, wenn man ihre Historie aufdeckt und zum Ursprung zurückgeht.

Bieten Sie als Betriebsrat ein Frustventil bieten

Die meist längere Entstehungsgeschichte hat oft viel Frust produziert, der in den Anfängen eines Schlichtungsversuchs erst einmal abgebaut werden muss. Rechnen Sie deshalb zu Beginn mit emotionalen Reaktionen. Es ist daher gut, mit Einzelgesprächen zu beginnen: Hier hören nur Sie, was jeder betroffene Arbeitnehmer sagt, und nicht die andere Konfliktpartei. Letzteres könnte die Fronten verhärten.

Nicht alle haben Recht

Schlichter, die es allen recht machen wollen, scheitern häufig. Die Wahrheit liegt eben nicht immer in der Mitte, sondern durchaus auch einmal deutlich auf der einen oder anderen Seite. Entsprechend können Sie als Schlichter nicht den Anspruch vertreten, dass es für beide Seiten einen Ausgleich gibt. Aber Sie können Ihre Werte heranziehen, die Ihnen sagen, welcher Lösungsvorschlag für eine Schlichtung am besten ist:

  • Es soll niemand benachteiligt werden, weil er sich nicht so gut ausdrücken kann oder in irgendeiner Weise daran gehindert ist, seine Position so wirksam zu vertreten wie andere.
  • Eine Lösung soll so aussehen, dass sie auch für andere, ähnliche Konflikte gelten kann und damit Vorbildfunktion hat.
  • Eine Lösung soll den Streit nachhaltig und nicht nur vordergründig beenden.

Hinweis: Lassen Sie sich nicht in den Konflikt hineinziehen

Der Betriebsrat soll vermeiden, in den Konflikt hineingezogen zu werden. Geht es z. B. um Überstunden, die der Betriebsrat genehmigt hat und um deren Durchführung sich die Arbeitnehmer streiten, gerät der Betriebsrat unter Umständen selbst unter Beschuss. In diesen Fällen sollte er sich aus einer Streitschlichtung heraushalten oder eine klare Begründung für seine Maßnahme parat haben.

Als Betriebsrat eine Position finden

Bei der Schlichtung soll das Betriebsratsmitglied unvoreingenommen an das Thema herangehen, sich aber nach und nach eine Meinung bilden.

  • Dazu hören Sie sich in Einzelgesprächen die Sachverhalte an und verifizieren sie. Nutzen Sie die Rücksprungtechnik, indem Sie sich die Standpunkte schildern lassen und sich dabei Notizen machen. Dann fragen Sie nach: „Sie haben vorhin erwähnt, dass …“; „Wie meinten Sie die Aussage …?“ Dies dient natürlich zur Vertiefung, aber Sie helfen damit jeder Partei auch, ihren eigenen Standpunkt für sich zu klären. Dabei werden beide Seiten feststellen, dass manches stimmig, manches widersprüchlich ist. Die Erkenntnis, dass die eigene Position unter Umständen angreifbar ist, ist eine wichtige Lektion, die beide Seiten für eine spätere Befriedung öffnen kann.
  • Nach der Klärung der jeweiligen Position folgt im zweiten Einzelgespräch die Konfrontation mit der Haltung der Gegenseite: „Herr Müller sagt, dass …“ Sind die Fronten sehr verhärtet, können Sie die jeweils andere Position auch entpersonifizieren: „Was halten Sie von der Forderung, dass …“. Dies macht es den Streitenden unter Umständen leichter, eine sachliche Haltung zu finden.
  • Nun finden auch Sie als Betriebsratsmitglied eine eigene Position. Klären Sie für Sich, woran Sie sich orientieren, wenn Sie einen Vorschlag zur Lösung vorlegen.
  • Zuletzt bringen Sie die streitenden Parteien an einen Tisch. Erklären Sie, wie Sie den Prozess erlebt haben und welche Kriterien Sie für eine Lösung sehen. Dann erläutern Sie grob, wie der Lösungsweg aussehen könnte, und lassen die beiden Parteien darüber diskutieren.
Autor*in: Martin Buttenmüller (ist Journalist und Chefredakteur des Fachmagazins Betriebsrat INTERN.)