21.03.2019

Urlaubsanspruch verfällt nicht automatisch

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat (BAG, Urteil vom 19.2.2019 – 9 AZR 541/15).

Urlaubsanspruch

Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer belehren

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts verfallen nicht beantragte Urlaubstage nicht automatisch. Das Gericht hat durch seine Entscheidung vom 19.2.2019 die im November 2018 vom EuGH vorgezeichnete Rechtsauffassung übernommen und damit zu deutschem Urlaubsrecht gemacht. Über die EuGH-Entscheidung berichteten wir in unserem Newsletter im Dezember letzten Jahres.

Nach Maßgabe von § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ist es dem Arbeitgeber vorbehalten, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festzulegen. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts zwingt die Vorschrift den Arbeitgeber damit zwar nicht, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren. Allerdings obliegt ihm unter Beachtung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitzeitrichtlinie) die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Das heißt, der Arbeitgeber muss seine Beschäftigten auffordern, noch nicht beantragten Urlaub zu nehmen, und sie dabei klar und deutlich darauf aufmerksam machen, dass der Urlaub ansonsten spätestens nach Ablauf des Übertragungszeitraums verfällt. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Arbeitgeber gehalten, „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun“.

Was war geschehen?

Die Max-Planck-Gesellschaft beschäftigte einen Wissenschaftler vom 1. August 2001 bis zum 31. Dezember 2013 nach den Tarifregeln des öffentlichen Dienstes. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Wissenschaftler ohne Erfolg, den von ihm nicht genommenen Urlaub im Umfang von 51 Arbeitstagen aus den Jahren 2012 und 2013 mit einem Bruttobetrag i.H.v. 11.979,26 Euro abzugelten. Einen Antrag auf Gewährung dieses Urlaubs hatte er während des Arbeitsverhältnisses nicht gestellt.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Urlaubsanspruch des Klägers sei zwar zum Jahresende verfallen. Der Kläger habe aber Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub verlangen können, weil der Beklagte seiner Verpflichtung, ihm von sich aus rechtzeitig Urlaub zu gewähren, nicht nachgekommen sei. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei der Ersatzurlaubsanspruch abzugelten. Der Arbeitgeber legte hiergegen die zugelassene Revision ein.

Autor*in: Werner Plaggemeier (langjähriger Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“)