15.10.2018

Streikbrecher dürfen mit Prämien belohnt werden

Schlechte Nachrichten aus Erfurt für alle Gewerkschaften: Laut einem Urteil des BAG dürfen Arbeitgeber während eines Arbeitskampfes Streikbrecher mit Prämien ködern. Eine solche Streikbruchprämie gehöre zur Kampfmittelfreiheit.

Betriebsrat Streik

Worum geht es?

Arbeitsrecht. Die Gewerkschaft Verdi hatte 2015 und 2016 in einem Einzelhandelsunternehmen zu Streiks aufgerufen, um die Geschäftsleitung zur Anerkennung regionaler Einzelhandelstarifverträge zu zwingen. Das Unternehmen wollte jedoch nicht klein beigeben und versprach jedem Beschäftigten, der nicht am Streik teilnimmt, zusätzlich zum regulären Lohn für jeden Streiktag 200 € brutto. Während des Arbeitskampfes wurde die Streikbruchprämie auf 100 € pro Streiktag verringert. Ein Verkäufer, der sich am Streik beteiligt und somit keine Streikbruchprämie erhalten hatte, klagte diese ein. Er argumentierte, der Arbeitgeber habe sich mit der Streikbruchprämie eines rechtswidrigen Arbeitskampfmittels bedient.

Hinweis: Prämien für Streikbrecher sind erlaubt

Um sie an einer Streikbeteiligung zu hindern, darf Ihr Arbeitgeber den Beschäftigten in Ihrem Betrieb vor Arbeitskampfbeginn oder aber während eines ausgerufenen Arbeitskampfes Streikbruchprämien versprechen. Damit verfolgt er das Ziel, Einfluss auf das Kampfgeschehen zu nehmen. Dieses ist vom grundgesetzlich geschützten Arbeitskampfrecht des Arbeitgebers gedeckt. Das gilt auch, wenn die Prämie wie im Eingangsfall ziemlich hoch ausfällt und damit einen erheblichen Anreiz schafft, dem Streikaufruf nicht zu folgen.

Das sagt das Gericht

Die Erfurter Bundesrichter waren anderer Meinung und entschieden den Rechtsstreit zugunsten des Arbeitgebers. Eine allein für arbeitswillige Beschäftigte ausgelobte Streikbruchprämie sei zulässig. Zwar werde der Verkäufer dadurch ungleich behandelt, weil er als Streikteilnehmer die Streikbruchprämie nicht erhalten habe. Bei einem Arbeitskampf könnten sich die sozialen Gegenspieler jedoch auf ihre Kampfmittelfreiheit berufen. Der Arbeitgeber habe mit der freiwilligen Sonderleistung betrieblichen Ablaufstörungen begegnen und dem Streikdruck entgegenwirken wollen. Die Streikbruchprämie sei deshalb ein zulässiges Arbeitskampfmittel. BAG, Urteil vom 14.08.2018, Az.: 1 AZR 287/17

Autor*in: Daniel Roth (ist Chefredakteur des Beratungsbriefs Urteils-Ticker Betriebsrat.)