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So steigern Sie das Interesse für eine Kandidatur als Betriebsrat

In einigen Gremien wollen sich betriebliche Interessenvertreter aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr zur Wahl stellen. Dann beginnt die Suche nach möglichen Nachfolgern – und dafür brauchen Sie Zeit sowie die richtige Strategie.

Schild mit Aufschrift We need you!

Es gibt unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten zur Nachwuchsgewinnung:

  • Dreh- und Angelpunkt ist zunächst die Informationsarbeit des Betriebsrats. Er muss seine Arbeit und seine Erfolge den Kollegen aktuell, allgegenwärtig, zuverlässig, leicht verständlich und ansprechend aufbereitet präsentieren. Die Arbeitnehmer müssen wissen, was der Betriebsrat für sie erreicht. Nur, wenn sie die Bedeutung des Ehrenamts kennen und wissen, was so bewegt werden kann, werden sich einige entschließen, mitzuwirken und selbst etwas im Interesse der Beschäftigten zu gestalten.
  • Ein zweiter wichtiger Punkt ist der Kontakt zur JAV. Ihre Mitglieder sind oft die Betriebsräte von morgen. Unterstützen Sie diesen Nachwuchs daher nicht nur bei der Wahlvorbereitung, sondern vor allem bei dessen täglicher Arbeit!
  • Last not least sollten Gremiumsmitglieder natürlich alle Beschäftigten – vor allem auch Frauen (Geschlechterquote!) – zur aktiven Teilnahme am Betriebsrat motivieren. Schließlich geht es um die Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen!

Nachwuchs aus der JAV sichern

Die Unterstützung der täglichen Arbeit der JAV ist eine ehrenvolle und wichtige Aufgabe für den Betriebsrat, ganz klar. Doch sie ist alles andere als uneigennützig: Denn Betriebsräte sichern sich mit einer funktionierenden JAV auch und vor allem den eigenen Nachwuchs. Viele JAV-Mitglieder wechseln später in den Betriebsrat. In einigen Gremien haben mehr als die Hälfte der Mitglieder einen JAV-Background, davon viele heute freigestellte Interessenvertreter. Ob dieser Übergang gelingt, hängt ganz entscheidend davon ab, welche Erfahrungen die damaligen JAVler mit dem Betriebsrat gemacht haben. Fühlten sie sich gut in dessen Aufgaben eingebunden, zeigt die Erfahrung, dass sie sich später weiter engagieren möchten. Umgekehrt kann die Motivation für eine folgende Betriebsratskarriere durch Zurückweisung, mangelnde Unterstützung oder Bevormundung für immer verloren gehen.

Frauen dringend gesucht

Nach § 15 Abs. 2 BetrVG muss das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein. Zumindest dann, wenn dieser aus mindestens drei Mitgliedern besteht. Die Regelung gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Doch in der Praxis ist es oft eher ein Problem, genügend Frauen für eine Amtszeit im Betriebsrat gewinnen zu können. Als Erfahrungswert zeigt sich, dass das oft nur gelingt, wenn den Frauen angeboten wird, dass sie im Gremium nicht an vorderster Front, sondern eher in zweiter Reihe tätig sind. Erstrebenswert ist das natürlich nicht, aber es ist ein Anfang.

Praxistipp

Eine professionelle Informationsarbeit über erzielte Erfolge kann Beschäftigte motivieren, sich künftig aktiv im Gremium engagieren zu wollen. Solche Kollegen sollten bereits durch Arbeitsgruppen an die Betriebsratsaufgaben herangeführt werden.

 

Übersicht: Kandidaten finden leicht gemacht

Der Betriebsrat kann neue Kandidaten für die nächste Wahl auf verschiedene Weise gewinnen. Hier sind einige bewährte Methoden:

 

  1. frühzeitige Information und Motivation:
  • Organisation von Meetings oder Workshops, um die Aufgaben und den Nutzen des Betriebsrats zu erklären
  • Nutzen der Betriebsversammlung, um aktiv zur Kandidatur aufzurufen
  • direktes Ansprechen engagierter Kolleginnen und Kollegen und Information über das Amt
  1. Sichtbarkeit und Kommunikation erhöhen:
  • Nutzen von Plakaten, Flyern, Aushängen und digitalen Kanälen, um auf die Wahlen aufmerksam zu machen
  • Verwendung von E-Mails, dem Intranet oder sozialen Medien, um über die Wahl zu informieren
  • Teilen von Erfahrungen aktueller Betriebsratsmitglieder, um Interesse für das Amt zu wecken
  1. persönliche Gespräche und Netzwerke nutzen:
  • Besonders in größeren Betrieben kann es sinnvoll sein, gezielt in den verschiedenen Abteilungen zu informieren.
  1. Unterstützung und Anreize bieten:
  • Anbieten von Einführungsseminaren für Interessierte an, um Hemmschwellen abzubauen
  • Darstellen der Rahmenbedingungen (Freistellung für Betriebsratsarbeit etc.)
  • Begleitung und Einarbeitung neuer Kandidaten durch erfahrene Betriebsratsmitglieder

Stellen Sie die Arbeit im Betriebsrat vor

Um Beschäftigte zur Mitarbeit im Betriebsrat zu bewegen, müssen diese wissen, was auf sie zukommt. Daher ist es ratsam, dass bisherige Mitglieder über ihre Arbeit, Aufgaben und die Rahmenbedingungen des Amts informieren. Dabei ist es zweitrangig, mit welchem Medium dies geschieht. Ob Sie das Intranet, Newsletter, Flyer oder persönliche Gespräche nutzen, um Ihre Inhalte zu transportieren, sollte davon abhängen, was in Ihrem Betrieb am besten funktioniert.

Was machen wir im Betriebsrat?

Zunächst geht es darum, den Betriebsrat, seine Mitglieder und vor allem seine Arbeit positiv darzustellen. Sie können die Kollegen kaum genug über das informieren, was Sie tun. Nutzen Sie den Newsletter, um die bisher genutzten Informationsmedien zu ergänzen. Verschicken Sie aber nicht noch einmal per E-Mail, was Sie schon am Schwarzen Brett oder im Intranet veröffentlicht haben.

Beispiel:

Veröffentlichen Sie am Schwarzen Brett oder im Intranet den Text einer gerade geschlossenen Betriebsvereinbarung zur Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle, also das Ergebnis Ihrer Arbeit. In einem Newsletter können Sie kurz und anschaulich schildern, wie es dazu kam. Wie verliefen die Verhandlungen (hart, kooperativ, besonders langwierig?), was war Ihnen als Betriebsrat wichtig (bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, größere Flexibilität für den Kunden)? Je spannender so ein „Insiderbericht“ zum Hintergrund geschrieben ist, umso eher werden Kollegen mitmachen wollen.

Was sind unsere Aufgaben?

Neben ganz konkreten Tätigkeits- und Erfahrungsberichten können in einem Newsletter zur Nachwuchsbildung auch abstrakte Fragen angesprochen werden – in homöopathischen Dosen zumindest. Es geht auch darum, den Mitarbeitern vor Augen zu führen, warum das deutsche Recht Betriebsräte in Firmen erlaubt und welche Aufgaben dieses Gremium hat. Machen Sie Ihren Kollegen klar, dass Sie gewählt wurden, um ihre Interessen zu vertreten! Sie sind dazu da, um

  • zu überwachen, ob der Arbeitgeber die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Vorschriften einhält und durchführt,
  • die Arbeitsbedingungen im Interesse der Beschäftigten zu gestalten (z. B. ergonomische Büroausstattung, Beachtung von Lärmschutz in der Produktion, flexible Arbeitszeitmodelle, Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements, Überstunden, Schutz vor Kündigungen etc.),
  • sich um bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern zu kümmern, die eines besonderen Schutzes bedürfen (z. B. ausländische Kollegen, ältere Mitarbeiter, Jugendliche, Arbeitnehmer, die Erwerbstätigkeit und Familie vereinbaren müssen, sowie schwerbehinderte Beschäftigte), und
  • sich dafür einzusetzen, dass der Betrieb innovativ und wettbewerbsfähig bleibt und die Arbeitsplätze am Standort dauerhaft so gesichert sind, dass die Interessen der Kollegen gewahrt bleiben.

Wie sind die Rahmenbedingungen?

Häufig haben Arbeitnehmer zwar Interesse, sich im Betriebsrat zu engagieren, schrecken aber vor der dann noch höheren Arbeitsbelastung zurück. Solche Kollegen können Sie ganz gut zur Mitarbeit bewegen, wenn sie die organisatorischen Rahmenbedingungen der Betriebsratstätigkeit erläutern:

  • Erläutern Sie, dass Betriebsratsmitglieder zur Erledigung ihrer damit verbundenen Aufgaben von ihrer beruflichen Tätigkeit befreit sind und sie für außerhalb der Arbeitszeit geleistete Stunden ebenfalls unter Fortzahlung ihres Entgelts von der Arbeitspflicht befreit werden.
  • Machen Sie klar, dass im Gremium eine gut organisierte Aufgabenteilung herrscht, die den Arbeitsaufwand überschaubar macht.
  • Versuchen Sie, möglichst viele Arbeitsgruppen (§ 28a BetrVG) zu bilden, und rühren Sie auch dafür im Newsletter die Werbetrommel. Vorteile: So können Sie Aufgaben an die Arbeitsgruppen delegieren und gleichzeitig interessierte Kollegen an die Betriebsratstätigkeit heranführen.

Praxistipp

Erläutern Sie möglichen Kandidaten auch, dass Betriebsratsmitglieder per Gesetz besonders geschützt sind, wie etwa durch den Sonderkündigungsschutz und das Benachteiligungsverbot. Das kann Kollegen zur Mitarbeit bewegen, die sich sonst aus Furcht vor Repressalien nicht trauen.

Möglichkeit zur Persönlichkeitsentwicklung

Klar, Betriebsrat wird man, weil man für andere etwas erreichen möchte – aber auch man selbst profitiert vom Amt. Erläutern Sie daher, welche vielen Kenntnisse und Kompetenzen man als Gremiumsmitglied erwirbt und dass sich diese auch in der „normalen“ Arbeitswelt sehr gewinnbringend einsetzen lassen. Dazu zählen etwa Rhetorik, Verhandlungsführung, Konfliktmanagement, Arbeitsorganisation, Zeitmanagement, rechtliche, wirtschaftliche und psychologische Kenntnisse etc.

Etwas bewegen können

Ein wichtiger Grund, warum es sich lohnt, im Betriebsrat mitzumachen, lautet: Einfluss. Als Interessenvertreter kann ich tatsächlich etwas bewegen und die im Betrieb getroffenen Entscheidungen beeinflussen. Die Arbeit im Gremium hat somit auch einen ganz persönlichen Nutzen, der sich perfekt mit sozialem Engagement verbinden lässt.

Expertentipp

Lesenswert sind kurze Portraits der Gremiumsmitglieder, in denen die konkrete Motivation derjenigen zum Ausdruck kommt, sich hier zu engagieren. Solche Beiträge können mit einer Frage an die Belegschaft enden: „Und Sie? Was würden Sie als Betriebsrat am liebsten tun/bewegen/ändern?“

Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)