29.04.2016

Burn-out – was man dagegen tun kann

Burn-out kann jeden treffen, ohne dass man ihm hilflos ausgeliefert ist. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) hat Interviews mit Skisprunglegende Sven Hannawald und mit dem Burn-out-Forscher Prof. Dr. Matthias Burisch geführt. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von Tipps zum Thema.

Burn-out

BGW: Wie erkennt man ein drohendes Burn-out?

Hannawald: Ich war völlig erschöpft, hatte an nichts mehr Freude. Auch ein Urlaub hat da nichts gebracht, keine tiefere Erholung mehr. Wenn ich eine Entscheidung treffen musste, bekam ich ein ganz flaues Gefühl im Magen. Dabei ging es manchmal nur um ganz alltägliche Dinge, darum, ob ich nun Joggen gehe oder doch lieber einen Film schaue.

Prof. Dr. Burisch: Bei Diagnosen neigen wir zum Schwarz-Weiß-Denken: Man hat was oder eben nicht. Aber ab wann man von einem Burn-out spricht, das ist eben auch Ermessenssache. Vernünftiger ist es, zu sagen, jemand steckt in einem Burn-out-Prozess, der mehr oder weniger weit fortgeschritten ist. Die Alarmglocken sollten läuten, wenn man sich am Feierabend, am Wochenende oder im Urlaub überhaupt nicht mehr richtig erholt.

BGW: Wie kommt es überhaupt zu einem Burn-out?

Prof. Dr. Burisch: Im Prinzip kann alles, was uns gründlich gegen den Strich geht, sich aber nicht so leicht abstellen lässt, einen Burn-out-Prozess in Gang setzen – beruflich wie privat. Die Stressforschung spricht da von einer mangelnden Person-Umwelt-Passung. Wer ausbrennt, hat subjektiv betrachtet viel zu lange viel zu viel gegeben und zu wenig zurückbekommen. Das kann Menschen in Sozial- und Dienstleistungsberufen ebenso betreffen wie Alleinerziehende oder Hausfrauen. Diese Menschen erleben eine Gratifikationskrise. Oft fehlt es einfach an Anerkennung und Wertschätzung.

BGW: Wie kann man einem Burn-out vorbeugen?

Hannawald: Man muss lernen, Anzeichen wie Konzentrationsstörungen, Versagensängste oder chronische Müdigkeit überhaupt erst mal wahrzunehmen, um dann auch zu den eigenen Bedürfnissen zu stehen. Und man muss sich mit Menschen umgeben, die einem gut tun. Darauf achte ich. Dauerstress ist schlecht und wenn man versucht, es allen recht zu machen. Ganz wichtig: Ich hab‘ delegieren gelernt. Natürlich gehören Sport und gesunde Ernährung auch zur Prävention und last but not least Humor. Das ist etwas, was unglaublich hilft.

BGW: Wie sollten Vorgesetzte auf Burn-out-Anzeichen bei Menschen in ihrem Team reagieren?

Hannawald: Wenn sie eine Veränderung feststellen, zum Beispiel, weil jemand sich mehr und mehr zurückzieht, wäre es gut, ein Gespräch unter vier Augen zu suchen. Also das Thema bloß nicht vor der Gruppe ansprechen. Da ist Fingerspitzengefühl gefragt, um dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin zu zeigen, dass man zwar die Veränderung bemerkt hat, dass das aber jetzt nicht schlimm ist. Sondern dass man dem auf den Grund gehen möchte, damit der- oder diejenige auch gut im Job bleiben kann.

BGW: Was können Unternehmen darüber hinaus zur Burn-out-Prävention tun?

Prof. Dr. Burisch: Man kann davon ausgehen, dass Arbeitsfreude, Selbstvertrauen und Wertschätzung die stärksten Faktoren sind, die sowohl Produktivität als auch Gesundheit beeinflussen. Da ist Organisationsentwicklung gefragt. Das kann mit IT-gestützten Ablaufvereinfachungen für den allseits gehassten Papierkrieg anfangen, muss aber unbedingt auch Teamentwicklung sowie die Verbesserung von Führung und Kommunikation beinhalten.

Hannawald: Unternehmen müssen lernen, auch auf ihre besonders motivierten und talentierten Leute zu achten und nicht nur zu denken, dass die ja sowieso alles schaffen. Wenn jemand anfängt, Kolleginnen und Kollegen aus dem Weg zu gehen, obwohl er vorher ganz anders war, ist das meist schon ein Alarmzeichen. Wer unter Druck steht und plötzlich zynisch auf andere reagiert, hat vielleicht ein Burn-out-Problem. Daran kann man aber gemeinsam arbeiten, wenn man es früh genug merkt.

 

Autor*in: Werner Plaggemeier (Werner Plaggemeier ist Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“. )