13.10.2022

BAG verneint Lohnanspruch bei Betriebsschließung wegen Corona

Das BAG hat das arbeitnehmerfreundliche Urteil des LAG Düsseldorf zu der Frage, ob der Arbeitgeber bei einer behördlich angeordneten Betriebsschließung infolge der Corona-Pandemie zu Lohnzahlungen verpflichtet ist, kassiert. Arbeitgeber müssten keine Lohnzahlungen leisten, weil sie das Risiko für die Schließung nicht trügen.

Lockdown

Worum geht es?

Eine Arbeitnehmerin war in einer Spielhalle in Wuppertal beschäftigt. Da sie am 01.05.2020 in den Ruhestand ging, endete ihr Arbeitsverhältnis zum 30.04.2020. Die Stadt Wuppertal untersagte den Spielhallenbetrieb ab dem 16.03.2020 aufgrund der Corona-Pandemie. Gleiches galt aufgrund der geltenden Coronaschutzverordnung flächendeckend für alle anderen Freizeit-, Kultur-, Sport- und Vergnügungsstätten in Nordrhein-Westfalen.

Im April 2020 hätte die Arbeitnehmerin eigentlich noch 62 Stunden gearbeitet. Für den Arbeitsausfall aufgrund der Betriebsschließung forderte sie von ihrem Arbeitgeber eine Lohnzahlung in Höhe von insgesamt 666 € brutto. Dieser lehnte die Forderung mit der Begründung ab, dass die pandemiebedingte Betriebsschließung zum allgemeinen Lebensrisiko der Beschäftigten gehöre. Damit war die Arbeitnehmerin nicht einverstanden und klagte auf Lohnzahlung.

Das sagt das Gericht

Das höchste deutsche Arbeitsgericht wies die Lohnzahlungsklage als unbegründet ab. Zwar trage grundsätzlich der Arbeitgeber das Betriebsrisiko für Arbeitsausfälle, weil er den Betrieb leite, die Arbeitsabläufe organisiere und auch mit Arbeitsausfällen rechnen müsse. Beschäftigte hätten dann trotz des Arbeitsausfalles Anspruch auf Lohnzahlung.

Wenn jedoch zur Pandemiebekämpfung flächendeckend die Betriebe behördlicherseits geschlossen würden, gehöre dies nicht mehr zum Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Die Ursache der Betriebsstörung liege in diesem Fall in einer allgemeinen hoheitlichen Maßnahme begründet, die der Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage diene. Der Arbeitgeber trage hierfür keine Verantwortung und müsse somit auch nicht das Risiko für den Arbeitsausfall tragen. Anders verhalte es sich, wenn der Arbeitgeber aus eigenem Entschluss seinen Betrieb schließe oder die behördliche Schließungsanordnung infolge einer besonders hohen Ansteckungsgefahr im Betrieb selbst erfolge. Diese Voraussetzungen lägen hier jedoch nicht vor. BAG, Urteil vom 04.05.2022, Az.: 5 AZR 366/21

Das bedeutet für Sie als Betriebsrat

In der ersten Instanz vor dem LAG Düsseldorf hatte die Arbeitnehmerin noch Recht bekommen. Das Gericht hatte argumentiert, dass eine Pandemie wie eine Naturkatastrophe zu werten sei, für die der Arbeitgeber das Betriebsrisiko trage (vgl. Definition Betriebsrisiko). Es komme nicht darauf an, ob die Schließung eine ganze Branche betreffe und ob sie bundesweit oder nur örtlich begrenzt gelte. Das Bundesarbeitsgericht ist dieser Auffassung nun mit der im Eingangsfall skizzierten Argumentation entgegengetreten, mit der Folge, dass entsprechende Klagen auf Lohnzahlungen keine Aussicht auf Erfolg versprechen.

Definition Betriebsrisiko

Das Betriebsrisiko ist eine von der Rechtsprechung entwickelte arbeitsrechtliche Risikozuweisung für die Fälle, in denen es für den Arbeitgeber nicht möglich ist, die Arbeitsleistung von Beschäftigten anzunehmen. Das Risiko von Betriebsstörungen trifft grundsätzlich den Arbeitgeber. Dies bedeutet, dass er immer dann zur Weiterzahlung des Arbeitsentgeltes verpflichtet ist, wenn er zur Arbeit bereite Beschäftigte aufgrund einer Betriebsstörung nicht weiterbeschäftigen kann (z. B. Brand, Explosion, Maschinendefekte, Rohstoffmangel, Softwarefehler, Unterbrechung der Energieversorgung, behördlich angeordnete Betriebsschließungen oder -einschränkungen wegen der Corona-Pandemie – sofern es sich nicht um flächendeckende Betriebsschließungen oder einen allgemeinen Lockdown handelt).

Autor*in: Daniel Roth (ist Chefredakteur des Beratungsbriefs Urteils-Ticker Betriebsrat.)