09.04.2024

So gehen Betriebe konstruktiv mit dem Cannabisgesetz (CanG) um

Seit dem 01.04.2024 sind die meisten Regelungen des Cannabisgesetzes (CanG) in Kraft getreten. Damit stellt sich für die Akteure im Arbeits- und Gesundheitsschutz die Frage, ob im Betrieb auf die neue Rechtslage und ein eventuell verändertes Verhalten der Belegschaft reagiert werden muss. Um konstruktiv und rechtssicher zu handeln, sollten die wesentlichen Inhalte des Cannabisgesetzes (CanG) sowie der rechtliche Handlungsspielraum bekannt sein. Eine wichtige Orientierung zum Einfluss von Cannabis auf die Sicherheit im Unternehmen bietet die Stellungnahme der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV).

Cannabisgesetz

Nach Ansicht der Bundesregierung ist die bisherige Drogenpolitik in puncto Cannabiskonsum an ihre Grenzen geraten. So stieg in den letzten Jahren trotz des bisherigen Verbots der Konsum gerade bei jüngeren Menschen deutlich an. Ein weiteres Argument für die Legalisierung ist, dass auf dem Schwarzmarkt erworbene Produkte einen sehr unterschiedlichen Tetrahydrocannabinol-Gehalt (THC-Gehalt) aufweisen und deshalb die Wirkstärke für die Konsumenten kaum einzuschätzen ist. Ebenso sind Verunreinigungen mit gesundheitsschädlichen Stoffen nicht auszuschließen.

Die wichtigsten Regelungen des CanG

Aus diesem Grund hat die Bundesregierung das Cannabisgesetz (CanG) auf den Weg gebracht, das zum 01.04.2024 in Kraft getreten ist. Es enthält im Wesentlichen folgende Regelungen:

  • Anbau: Erwachsene dürfen bis zu drei Cannabispflanzen anbauen. Vorgesehen sind auch nicht gewerbliche Anbauvereinigungen, die Cannabis an Erwachsene zum Eigenkonsum weitergeben dürfen – dies allerdings nur an Mitglieder, deren Alter streng kontrolliert werden muss.
  • Besitz: Der Besitz von geringen Mengen Cannabis ist straffrei. So dürfen Erwachsene im öffentlichen Raum bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis mit sich führen. Im privaten Raum dürfen Erwachsene bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis besitzen.
  • Werbung: Bei Konsumenten für Cannabis zu werben, bleibt verboten. Ein allgemeines Werbe- und Sponsoringverbot gilt auch für Anbauvereinigungen.
  • Minderjährige: Wer das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, darf kein Cannabis besitzen und keine Anbauvereinigung betreten bzw. ihr auch nicht beitreten. Die Weitergabe von Cannabisprodukten an Minderjährige bleibt eine Straftat. Ebenso darf Cannabis nicht in Anwesenheit von Jugendlichen konsumiert werden.
  • Junge Erwachsene: Zudem ist die Abgabe an junge Erwachsene (18 bis 21 Jahre) nur in geringeren Abgabemengen (30 Gramm pro Monat) mit auf 10 % reduzierten THC-Gehalten und ausschließlich über Anbauvereinigungen erlaubt.
  • Ortsbeschränkungen: In Fußgängerzonen ist der Konsum von Cannabis in der Zeit zwischen 7 und 20 Uhr nicht erlaubt. Ein Konsumverbot besteht ebenfalls in Sichtweite von Einrichtungen, in denen sich Jugendliche aufhalten können (z.B. Schulen, Sportstätten und Kinderspielplätze).

Das Gesetz sieht ebenfalls mehr Aufklärung und Prävention zum Cannabiskonsum vor. Insbesondere für junge Menschen ist eine Präventions- und Aufklärungskampagne geplant. Nach vier Jahren soll das Gesetz hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Auswirkungen evaluiert werden. Die Regelung zum Eigenanbau in Anbauvereinigungen wird zum 01.07.2024 in Kraft treten. Alle anderen Regelungen gelten seit dem 01.04.2024.

DGUV sieht mögliche Gefahren für Beschäftigte

Die DGUV hat sich in einer Stellungnahme zur Legalisierung des Cannabiskonsums positioniert. Aus Sicht des Verbands sind Beeinträchtigungen der Verkehrstüchtigkeit zu erwarten. Ebenso weist der Verband auf kurzfristige Auswirkungen des Cannabiskonsums hin, insbesondere auf verlängerte Reaktionszeiten, ein beeinträchtigtes Kurzzeitgedächtnis, verstärkte Gleichgültigkeit bei Gefahren und eine erhöhte Risikobereitschaft in Verbindung mit euphorischen Gefühlen.

Zwar könne die individuelle Wirkung von Cannabis auf Menschen nicht vorhergesagt werden und sei oft sehr unterschiedlich. Allerdings lasse sich der Cannabiskonsum nicht mit einer verantwortungsvollen Ausübung von vielen Tätigkeiten vereinbaren. Auch eine Gefährdung von Dritten durch verzögertes oder nicht situationsgerechtes Handeln sowie durch Nichthandeln sehen die DGUV-Experten. Insbesondere bei Jugendlichen seien Leistungseinbußen und Persönlichkeitsveränderungen zu erwarten.

Muss der Arbeits- und Gesundheitsschutz bezüglich des CanG aktiv werden?

Eine auch für den Cannabiskonsum wichtige Regelung gilt bereits: § 15 Abs. 2 der DGUV Vorschrift 1 bestimmt, dass Beschäftigte sich nicht durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln in einen Zustand versetzen dürfen, in dem sie eine Gefahr für andere werden.

Gegebenenfalls kann angestrebt werden, den Cannabiskonsum im Betrieb zu untersagen. Hierzu müsste eine neue Betriebsvereinbarung abgeschlossen oder eine bestehende erweitert werden. Das Verbot kann auch beinhalten, dass Beschäftigte bei Arbeitsantritt nicht unter Einfluss von Cannabis stehen dürfen. Das heißt konkret: Cannabiskonsum nach Feierabend ja, vor Arbeitsbeginn nein. Bei Verstößen sind arbeitsrechtliche Schritte wie z.B. offizielle Ermahnungen, Abmahnungen und Kündigungen möglich.

Gegebenenfalls ist in den Gefährdungsbeurteilungen ein möglicher Cannabiskonsum ähnlich wie der Konsum von Alkohol und anderer Suchtmittel zu berücksichtigen, sofern dies an einem Arbeitsplatz relevant ist (z.B. bei eintönigen Tätigkeiten). Ebenso sollten präventive Maßnahmen wie z.B. Informationsveranstaltungen für Beschäftigte und Führungskräfte durchgeführt werden. Bei konkreten Fragestellungen können die Drogenberatungsstellen vor Ort hilfreich sein.

Die im Text erwähnte DGUV-Stellungnahme „NULL Alkohol und NULL Cannabis bei Arbeit und Bildung“ finden Sie hier:

www.dguv.de/de/mediencenter/pm/pressearchiv/2023/quartal_4/details_4_595648.jsp

 

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Autor*in: Martin Buttenmüller