06.12.2021

Wie Sie Beschäftigte vor sexueller Gewalt am Arbeitsplatz schützen

Leider kennen viele Beschäftigte sexuelle Gewalt am Arbeitsplatz. Beispiel Pflege: 67,1 % der Befragten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen berichten von mindestens einem Vorkommnis verbaler sexueller Belästigung und Gewalt in den vergangenen 12 Monaten. 48,9 % erlebten körperliche sexuelle Belästigung und Gewalt durch gepflegte oder betreute Personen. Es ist völlig klar, dass sexuelle Gewalt am Arbeitsplatz völlig indiskutabel ist und schon im Ansatz massiv bekämpft werden muss. Wichtige Tipps dazu für Ihren Verantwortungsbereich „Arbeits- und Gesundheitsschutz“ finden Sie hier.

Gewalt am Arbeitsplatz: Mann bedroht Frau

Betroffene von sexueller Gewalt am Arbeitsplatz haben häufig Hemmungen, sich Hilfe zu holen oder gar rechtliche Schritte gegen die Täter einzuleiten. Als Gründe dafür nannten die Opfer die folgenden Probleme:

  • Täter sind Vorgesetzte
  • Betroffene sind jung
  • Abhängigkeitsverhältnisse bestehen
  • Vorfälle werden bagatellisiert

Außerdem sind betriebliche Unterstützungsangebote oft nicht bekannt, obwohl nach § 13 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) eine betriebsinterne Beschwerdestelle eingerichtet und bekannt gemacht werden muss.

Die Verantwortung der Führungskräfte

Führungskräfte wirken zunächst einmal präventiv durch ihre Vorbildfunktion sowie dadurch, dass sie zu Vorfällen dieser Art eindeutig Stellung beziehen. Suchen Betroffene Hilfe, sollte es eine klar definierte Vorgehensweise etwa im Rahmen einer Betriebsvereinbarung geben. Das gibt den Führungskräften die Sicherheit, sich korrekt zu verhalten. Diese Vorgehensweise könnte z.B. die folgenden Elemente enthalten:

  • Es gilt folgende Definition von sexueller Belästigung: jedes sexuell bestimmte Verhalten, das die Würde von Betroffenen herabsetzt und von diesen erkennbar abgelehnt wird.
  • Beispiele konkretisieren diese Definition: Bemerkungen mit sexuellem Inhalt, Aufforderung zu sexuellen Handlungen, aber auch Gesten, Berührungen sowie Vorzeigen von pornografischen Darstellungen.
  • Betroffene sollen ermutigt werden, sich zu wehren. Ihnen dürfen daraus keine Nachteile erwachsen.
  • Die Führungskraft führt nach dem Gespräch mit der beschwerdeführenden Person eine Unterredung mit der beschuldigten Person.
  • Gegebenenfalls sollen Zeugen gehört werden.
  • Ergibt sich, dass die Beschwerde berechtigt ist, sind Sanktionen mit dem Ziel, erneute Belästigungen zu vermeiden, zu ergreifen.

Alle Schritte sollen möglichst genau dokumentiert werden, da Täter nach Sanktionen häufig auf Verfahrensfehler verweisen, um sich zu wehren.

Warum es noch weitere neutrale Anlaufstellen geben muss

Leider kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die Führungskräfte Teil des Problems sind oder die Betroffenen nicht ausreichend unterstützen. Deshalb sollte es weitere neutrale Anlaufstellen geben, beispielsweise als eigens eingerichtete Beschwerdestelle bei den Beauftragten (z.B. Gleichstellungsbeauftragte) und beim Betriebsrat. Die Möglichkeiten für Betroffene sollten regelmäßig bekannt gegeben werden, etwa als ständiger Aushang am Schwarzen Brett.

Darauf müssen sich Täter gefasst machen

Als Sanktionen gegen Täter lassen sich folgende Maßnahmen verhängen – die natürlich auch entsprechend kommuniziert werden müssen, damit sie vorbeugend wirken und einen Abschreckungseffekt erzeugen:

  • persönliches Gespräch mit Hinweis auf mögliche (auch rechtliche) Folgen, wenn die Belästigungen nicht aufhören
  • Vermerk in der Personalakte (Ermahnung)
  • Abmahnung
  • Versetzung
  • Kündigung (fristgerecht oder fristlos)

Beugen Sie Gewalt am Arbeitsplatz vor mit Schutzmaßnahmen nach dem STOP-Prinzip

Aus einer Gefährdungsbeurteilung ergeben sich Maßnahmen, um Beschäftigte vor sexuellen Übergriffen und Gewalttaten zu schützen. Sie werden nach dem STOP-Prinzip umgesetzt:

  • Substitution: Wie können Gefahrenquellen ausgeschlossen oder reduziert werden? (z.B. indem durch Vermeidung von Alleinarbeit Gelegenheiten für Täter minimiert werden)
  • Technische und bauliche Maßnahmen: Hier kommen Zutrittskontrollen, die Einrichtung von Kameras, Trennwände etc. in Betracht.
  • Organisatorische Maßnahmen: Es kann vereinbart werden, dass Türen offen stehen und die Belegschaft rotiert. Auch die Einrichtung von Beschwerdestellen gehört zu den organisatorischen Maßnahmen.
  • Personenbezogene Maßnahmen: Hier kommen vor allem Unterweisungen in Betracht, die aufzeigen, wie sich Betroffene verhalten können und sollen.

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Autor*in: Markus Horn