10.05.2023

Schwere Arbeitsunfälle am Bau: So werden Baustellen sicherer

Baubeschäftigte leben gefährlich: 74 von ihnen sind 2022 tödlich verunglückt, insgesamt waren es nach der vorläufigen Jahresbilanz der Berufsgenossenschaft für die Bauwirtschaft fast 100.000 gemeldete Unfälle. Höchste Zeit, darüber nachzudenken, wie die Zahl der Arbeitsunfälle gesenkt und deren Schwere gemindert werden kann.

Baustelle

Wer die Baustellensicherheit verbessern will, kann sich neben der generellen Sicherheit auf den Baustellen (weniger Unfälle insgesamt) darauf konzentrieren, die Zahl der Unfälle mit schweren Verletzungen und Todesfällen zu reduzieren. Der Blick auf die Statistik der Berufsgenossenschaft für die Bauwirtschaft zeigt, wo vor allem die Gefahren eines tödlichen Unfalls lauern: auf dem Dach und auf dem Gerüst sowie im Umgang mit Baumaschinen. Ebenso geht eine tödliche Gefahr von herabfallenden Bauteilen aus.

Absturzunfälle auf Baustellen

Fast ein Drittel der von der BAuA insgesamt erfassten tödlichen Arbeitsunfälle sind Absturzunfälle; diese finden zum größten Teil (etwa 60 %) auf Baustellen statt. In den meisten Fällen fehlten dabei die Sicherungsmaßnahmen bzw. waren diese unvollständig durchgeführt. Auch Stürze aus geringer Höhe können tödlich wirken: Etwa ein Drittel erfolgte aus einer Höhe von fünf bis zehn Metern; weitere 10 % der Abstürze erfolgte aus weniger als zwei Meter Höhe (z.B. von Tritten und Leitern).

Mit diesen Maßnahmen können Sie Absturzunfällen vorbeugen:

  • Gefährdungsbeurteilungen sind aktuell und situationsgerecht durchzuführen
  • Daraus abgeleitete Sicherungsmaßnahmen sind unbedingt durchzuführen
  • Führungskräfte achten darauf, dass Beschäftigte die erforderlichen Schutzausrüstungen tragen
  • Regelmäßige Unterweisungen sind durchzuführen
  • Durch- und absturzgefährdete Bereiche sind in geeigneter Weise zu kennzeichnen bzw. abzusperren
  • Führungskräfte weisen auf spezifische Gefährdungen hin und sensibilisieren für Absturzgefahren auch aus geringer Höhe
  • Ausschließlich geeignete – vor allem standsichere – Leitern und Tritte sind zu verwenden
  • Es sind nur sichere Gerüste einzusetzen

Die Führungskräfte sollten die Beschäftigten vor Arbeitsantritt noch einmal darauf hinweisen, dass Abstürze nicht nur direkt vom Dachrand in die Tiefe, sondern auch nach Durchbrüchen und von Leitern und Gerüsten passieren können.

Arbeitsunfälle im Umgang mit beweglichen Baumaschinen

Unfälle mit beweglichen Baumaschinen verlaufen oft schwer bei Umstürzen, z.B. bei Böschungsarbeiten. Ein wesentlicher Grund für schwer verlaufende Unfälle dieser Art sind nicht angelegte Sicherheitsgurte. Dabei herrscht grundsätzlich beim Fahren von Baumaschinen Anschnallpflicht. Dies sollte sowohl in der Betriebsanweisung als auch in den Unterweisungen thematisiert werden: Sind die Fahrenden angeschnallt, können sie nicht herausgeschleudert werden und sind durch den Überrollschutz gesichert.

Bei anderen schweren Unfällen werden Personen überfahren. Hier ist eine klare Verkehrsführung und eine möglichst strikte Trennung von Maschinen- und Fahrzeugverkehr auf der einen und Fußgängerverkehr auf der anderen Seite umzusetzen sowie für sichere Lichtverhältnisse zu sorgen. Ebenfalls gefährlich ist die Arbeit auf Baumaschinen, die mit Strom in Kontakt kommen (z.B. beim Aushub beschädigte Erdleitung oder durch Berührung mit oberirdisch geführten Leitungen).

Mit folgenden Maßnahmen können Sie die Sicherheit der Beschäftigten kurzfristig erhöhen:

  • Anschnallpflicht bei Fahrzeugführenden durchsetzen
  • Kameras und Radarabstandswarner für die Rückraumbeobachtung einsetzen
  • Drehsitze einsetzen, um den Blickradius zu erweitern
  • Fußgänger und Fahrzeugführende verkehrstechnisch trennen
  • Verkehrswege sicher ausleuchten
  • Assistenzsysteme für Fahrzeugführende zur Stressreduzierung nutzen
  • Sicherheitsabstände großzügig ausweisen und kontrollieren
  • Inspektionsintervalle für die Baumaschinen einhalten

Arbeitsunfälle im Zusammenhang mit beweglichen Baumaschinen werden nicht selten durch hohen Arbeitsdruck ausgelöst, der Beschäftigte dazu verleitet, die Sicherheitsbestimmungen zu missachten und unkalkulierbare Risiken einzugehen. In Unterweisungen sollte deshalb klar formuliert werden, dass die Sicherheit der Beschäftigten Vorrang vor der Erreichung von Zeitvorgaben hat.

Schutz vor herabfallenden Gegenständen

Schwere Verletzungen drohen insbesondere auch durch herabfallende Gegenstände. Hier ist ein wirksamer Kopfschutz wichtig. Entsprechend sind Unternehmende dazu verpflichtet, einen Kopfschutz zur Verfügung zu stellen. Beschäftigte wiederum sind verpflichtet, diesen Kopfschutz zu tragen und diesen vorher auf Beschädigungen zu prüfen und dies ggf. dem Unternehmenden zu berichten. Präventiv gegen Verletzungen durch herabfallende Gegenstände wirken Absperrungen mit Warnhinweisen, während in der Höhe gearbeitet wird, sowie die Sicherung von Arbeitsmitteln und Arbeitsmaterialien gegen Herabfallen.

Folgende konkrete Maßnahmen reduzieren die Gefährdung von Beschäftigten durch herabfallende Gegenstände:

  • In größerer Höhe werden nur Arbeitsmittel und Arbeitsmaterialien gelagert, die aktuell benötigt werden. Was nicht oben ist, kann nicht herunterfallen!
  • Orte, an denen ein Herabfallen droht, sind von losen Gegenständen freizuhalten.
  • Abfälle und Schutt (z.B. im Rahmen von Durchbruch- oder Abbrucharbeiten) werden unmittelbar nach Entstehung abtransportiert.
  • Für Arbeitsmittel (Werkzeuge) gibt es eine Möglichkeit, sie sicher aufzubewahren (z.B. gesicherte Werkzeugkästen).
  • Aktuell genutzte Werkzeuge sind mit Fangleinen, Karabinerhaken und Adapterschlaufen am Körper der Beschäftigten gesichert und können bei zeitweisem Nichtgebrauch sicher verstaut werden.
  • Überdachungen von Arbeitsplätzen und Verkehrswegen können Beschäftigte vor herabfallenden Gegenständen schützen.

Bei der Gefährdungsbeurteilung sind die Beschaffenheit der Gegenstände (Form, Gewicht), der Höhenunterschied und äußere Einflüsse wie Wind zu beachten.

Tipp: Baustellenverordnung wurde überarbeitet

Seit dem 01.04.2023 gilt die überarbeitete Baustellenverordnung (BaustellV). Sie enthält einige wesentliche Änderungen. So ist z.B. grundsätzlich (ohne Gewichtsgrenze) von einer besonderen Gefährlichkeit auszugehen, wenn zum Heben und Versetzen von Elementen kraftbetriebene Arbeitsmittel erforderlich sind. Weitere Änderungen sind neue Informationspflichten des Bauherrn gegenüber den Arbeitgebern von Beschäftigten, die auf der Baustelle tätig sind, sowie neue Zuständigkeiten des Ausschusses für Arbeitsstätten (ASTA).

Hier finden Sie weitere Infos zum Thema Arbeitsschutz auf Baustellen

Hier finden Sie die erste Änderungsverordnung zur Baustellenverordnung auf der Website des BMAS

Hier finden Sie das BAuA-Faktenblatt „Tödliche Arbeitsunfälle – Absturzunfälle“

 

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Autor*in: Martin Buttenmüller