04.12.2023

Wie ermittelt man den Wert eines Personengesellschaftsanteils?

Beim Erbe hört die Liebe auf. Anlass für Streit bietet immer wieder die Bewertung eines Erbes. Maßstab ist der allgemeine Wert eines Wirtschaftsgutes. Doch was, wenn dieser von einem ermittelten Wert abweicht? Der BFH hat hierfür ein Berechnungsschema aufgestellt.

Wert eines Personengesellschaftsanteils

Wonach bemisst sich der Wert eines wirtschaftlichen Erbgutes?

  • Nach dem Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) und
  • dem Bewertungsgesetz (BewG).

Nach dem ErbStG ist der grundlegende Bewertungsmaßstab für sämtliche Vermögensarten der gemeine Wert gemäß BewG unter Berücksichtigung:

  • des Preises, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG)
  • aller Umstände, die den Preis beeinflussen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 BewG)

Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Die Bewertung mit dem gemeinen Wert gilt demgemäß auch für Anteile an Personengesellschaften.

Was ist nach dem BewG ein Gewerbebetrieb?

Insbesondere alle Wirtschaftsgüter, die folgenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen mit Sitz der Geschäftsleitung im Inland:

  • Kapitalgesellschaften
  • Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften
  • Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit
  • Kreditanstalten des öffentlichen Rechts
  • Gesellschaften im Sinne von Einkommensteuergesetz und Körperschaftsteuergesetz.

Zum Gewerbebetrieb einer solchen Gesellschaft gehören

  • Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines Gesellschafters, mehrerer oder aller Gesellschafter stehen
  • Schulden eines Gesellschafters, mehrerer oder aller Gesellschafter, soweit die Wirtschaftsgüter und Schulden bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehören.

Wie ermitteln Sie den gemeinen Wert eines Anteils am Betriebsvermögen einer Personengesellschaft?

Nach den Vorgaben des § 97 Abs. 1a BewG folgendermaßen:

  • Zunächst den gemeinen Wert des der Personengesellschaft gehörenden Betriebsvermögens, das Gesamthandsvermögen.
  • Danach durch Aufteilung des so ermittelten gemeinen Wertes:
    • Jedem Gesellschafter rechnen Sie die Summe seiner Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz vorweg zu.
    • Verbleibende Beträge verteilen Sie nach dem Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter, Vorabgewinnanteile lassen Sie unberücksichtigt.
  • Bei der Ermittlung des gemeinen Werts rechnen Sie dem jeweiligen Gesellschafter separat zu:
    • die Wirtschaftsgüter und
    • Schulden des Sonderbetriebsvermögens.
  • Der Wert des Anteils eines Gesellschafters ergibt sich als Summe aus dem ermittelten Wert des Anteils des Gesellschafters am Gesamthandsvermögen nach 2. und dem Wert des ihm zuzurechnenden Sonderbetriebsvermögens nach 3.

Was, wenn der ermittelte Wert des Anteils von dem gemeinen Wert abweicht?

Insbesondere für diesen Fall hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit seinem Urteil vom 17.06.2020 (Az.: II R 43/17) ein grundlegendes Schema aufgestellt. Es eignet sich für die Bewertung eines Anteils an einer Personengesellschaft für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach Maßgabe des § 97 Abs. 1a BewG. Ein unsachgemäßes Bewertungsergebnis können Sie allerdings durch einen zeitnahen Verkauf oder ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vermeiden.

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Worum ging es in dem Streitfall vor dem BFH?

Um die Alleinerbin F ihres verstorbenen Bruders. Dieser war zu 64 Prozent als Kommanditist an einer Kommanditgesellschaft H KG beteiligt. Am 21.12.2012 beschloss die KG ihre Auflösung, eingetragen am 30.01.2013 ins Handelsregister. Am Todestag des Erblassers belief sich dessen Kapitalkonto auf 124.513 Euro. Die Kapitalkonten der anderen Gesellschafter wiesen negative Werte aus. F und Finanzamt bewerteten den gemeinen Wert unterschiedlich.

Wie bewertete F den gemeinen Wert ihres Anteils am Betriebsvermögen der KG?

Sie berechnete ihn, indem sie die Summe der Kapitalkonten des Erblassers sowie von den übrigen Gesellschaftern von –3.077 Euro von dem von ihr ermittelten Substanzwert der KG von –7.265 Euro abzog. Es verblieben –10.342 Euro. Dem rechnete sie gemäß der Gewinnbeteiligung des Erblassers an der KG einen Anteil von 64 Prozent zu. Es ergab sich dementsprechend ein gemeiner Wert von –6.619 Euro.

War das Finanzamt damit einverstanden?

Nein, es lehnte die Verrechnung von F ab. Es zog für die Ermittlung des gemeinen Werts das Kapitalkonto des Erblassers mit seinem positiven Wert heran und addierte hierzu den anteilig auf den Erblasser entfallenden negativen Wert des Betriebsvermögens der KG. Der vom Finanzamt so berechnete Anteilswert belief sich auf 117.894 Euro. F klagte. Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt und wies ihre Klage ab.

Wie begründete das Gericht seine Ablehnung von F’s Berechnung?

Es verwies auf § 97 Abs. 1a BewG in seiner Neufassung von 2009 aufgrund von Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG). Diese bestimmten, die frühere Maßgeblichkeit der in der Steuerbilanz angesetzten Werte auch für die Bewertung des Betriebsvermögens für erbschaftsteuer- und schenkungssteuerrechtliche Zwecke aufzugeben und stattdessen den gemeinen Wert als generellen Bewertungsmaßstab heranzuziehen. Die Aufteilung nach dieser Vorschrift des ermittelten gemeinen Werts des Betriebsvermögens einer Gesellschaft auf die einzelnen Gesellschafter soll zu einer Vereinfachung führen. Ansonsten hätte das Sonderbetriebsvermögen aller Gesellschafter einbezogen werden müssen und nicht nur dasjenige des Gesellschafters, dessen Anteil Zuwendungsgegenstand ist.

Wie stellen Sie dies sicher?

Indem Sie

  • die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz den jeweiligen Gesellschaftern vorweg zurechnen,
  • anschließend den verbleibenden Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert des Gesamthandsvermögens der Personengesellschaft und der Summe der Kapitalkonten nach dem für die Personengesellschaft maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel aufteilen,
  • Vorabgewinnanteile nicht berücksichtigen.

Spielt es eine Rolle, wenn Ihr Betrieb noch in der werbenden Phase ist?

Nein, für Zwecke der Erbschaftsteuer setzt das die Bewertung nicht voraus. Die Feststellung des Wertes des Anteils am Betriebsvermögen einer Personengesellschaft führen Sie vielmehr über das Ende der werbenden Tätigkeit hinaus so lange durch, wie am Todestag als Bewertungsstichtag noch positives oder negatives Betriebsvermögen vorhanden ist.

Was sagt der BFH zu dem Fall einer Abweichung des ermittelten vom gemeinen Wert?

Das dargestellte Aufteilungsschema gilt nach seiner Auffassung auch dann, wenn im Einzelfall der so ermittelte Anteilswert vom gemeinen Wert abweicht. Eine etwaige Differenz zwischen dem so ermittelten Wert und dem gemeinen Wert sei wegen der typisierenden Bewertungsmethode hinzunehmen. Das stelle keine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) und des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG dar. Vielmehr genüge es, dass die Bewertungsmethoden alle Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfassen.

Im Einzelfall kann das typisierende Aufteilungsschema zu einem positiven Wert des Anteils und somit zu einer Bereicherung bei der Erbschafts- und Schenkungsteuer führen, auch wenn bei Ihrer Gesellschaft zu verteilendes Vermögen am Bewertungsstichtag tatsächlich nicht mehr vorhanden ist und ein Kaufpreis für den Anteil nicht gezahlt worden wäre. Das ist dann der Fall, wenn das Betriebsvermögen Ihrer Personengesellschaft negativ ist und der Anteil eines Gesellschafters mit seinem positiven Kapitalkonto zu bewerten ist, während die Kapitalkonten der anderen Gesellschafter negativ sind.

Im Streitfall führte die Vorwegzurechnung des positiven Kapitalkontos zu einem positiven Wert des Anteils. Das ist möglich, wenn der Wert des positiven Kapitalkontos den verbleibenden Wert des Betriebsvermögens nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b BewG übersteigt und Wirtschaftsgüter sowie Schulden des Sonderbetriebsvermögens nicht zuzurechnen sind. Die typisierende Aufteilung mit der Vorwegzurechnung des positiven Kapitalkontos stellt nicht darauf ab, ob ein Auszahlungsanspruch in Höhe des positiven Kapitalkontos tatsächlich besteht oder realisiert werden kann.

Gibt es einen Bewertungsabschlag für ein positives Kapitalkonto

Nein, aufgrund der unmissverständlichen Berechnungsvorschrift des § 97 Abs. 1a BewG erkennt der BFH keine Möglichkeit, einen Abschlag für eine wegen negativer Kapitalkonten anderer Gesellschafter fehlende Werthaltigkeit des positiven Kapitalkontos vorzunehmen.

Sind Sie als Steuerpflichtiger der Ansicht, der nach § 97 Abs. 1a BewG ermittelte Wert sei zu hoch, hätten Sie die Möglichkeit, gegen diese vermeintlich zu hohe Anteilswertfeststellung durch Nachweis einer abweichenden Verkehrswertbewertung vorzugehen. Demgemäß kann je nach Sachlage ein niedrigerer Wert bestehen durch einen zeitnahen Verkauf oder durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, der den Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt.

Eine Aufteilung nach § 97 Abs. 1a BewG brauchen Sie dann ausnahmsweise nicht vorzunehmen.

Was hat der BFH entschieden?

Dass ausgehend von diesen Grundsätzen das Finanzamt den Wert des durch die Klägerin erworbenen Anteils der KG, die am Todestag unstreitig noch über positives und negatives Betriebsvermögen verfügte, zutreffend unter Anwendung des in § 97 Abs. 1a BewG vorgesehenen Schemas ermittelt, aufgeteilt und festgestellt habe. Für die Ermittlung des gemeinen Werts des erworbenen Anteils habe es richtigerweise das Kapitalkonto des Erblassers mit seinem positiven Wert herangezogen und hierzu den anteilig für den Erblasser verbleibenden Wert am Betriebsvermögen der KG addiert.

Die Klägerin F hatte von der Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert des Anteils durch ein entsprechendes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachzuweisen, keinen Gebrauch gemacht, sodass die Klage abgewiesen wurde.

Einen Kommentar zum Urteil des BFH – Wertermittlung Personengesellschaftsanteil und seiner Bedeutung finden Sie unter www.meisterbrief-aktuell.de.

Autor*in: Franz Höllriegel