15.02.2023

Rechtsprechung zur UG: Das gilt es zu beachten!

Alle Fragen beantwortet? Über 14 Jahre nach Einführung der UG im November 2008 sollte man das annehmen. Aber auch bei Gesetzen ist nichts so beständig wie die Veränderung. Insbesondere die Umsatzsteuer erfordert immer wieder Harmonisierung durch die Gerichte.

Rechtsprechung zur UG

Macht nur die Umsatzsteuer Probleme?

Nein, nicht nur. Die Unternehmergesellschaft UG unterliegt auch im handels- und gesellschaftsrechtlichen Bereich ständigen Veränderungen.

Was insbesondere hat wichtiger Auslegung durch die Gerichte bedurft?

Da wäre zunächst die Gemeinnützigkeit einer Unternehmergesellschaft zu nennen. Der BGH hat mit Beschluss vom 28.04.2020 entschieden, dass Unternehmergesellschaften, die gemeinnützig tätig werden, mit der Abkürzung gUG (haftungsbeschränkt) im Handelsregister eintragungsfähig sind.

Wofür steht gUG?

Für gemeinnützige Unternehmergesellschaft.

Ist sie ausdrücklich irgendwo geregelt?

Nein, die Zulässigkeit der Bezeichnung gUG ist nicht ausdrücklich für die UG geregelt. Der BGH entschied, dass dies aber vermutlich ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers darstelle. Eine Irreführung des Publikums sei nicht zu befürchten. Es gebe keinen Grund, dass sich eine UG nicht in gleicher Weise wie eine GmbH als gemeinnützig bezeichnen dürfe. Bei einer GmbH ist die Bezeichnung gGmbH bereits seit Langem anerkannt.

Das Kammergericht Berlin hat entschieden, dass die Firma einer Personenhandelsgesellschaft als „… GmbH & Co. …“ unzulässig ist, wenn allein eine UG persönlich haftet (Beschluss vom 08.09.2009, 1 W 244/09). § 19 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) schreibt vor, dass die Haftungsbeschränkung eines persönlich haftenden Gesellschafters erkennbar sein muss.

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Die UG ist zwar eine Sonderform der GmbH. Sie muss jedoch zwingend die Bezeichnung Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) oder UG (haftungsbeschränkt) führen. Nach Auffassung des Kammergerichts ist die Bezeichnung eines UG als GmbH eine Irreführung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 HGB, da die UG mit einem geringeren Stammkapital als die GmbH ausgestattet ist. Aus der die Haftungsbeschränkung kennzeichnenden Bezeichnung nach § 19 Abs.2 HGB müsse sich ergeben, um welche Art von Gesellschaft es sich bei dem persönlich Haftenden handelt.

Kommt denn der Firma die Funktion zu, über die Identität der persönlich haftenden Gesellschafter zu informieren, wie § 18 Abs. 1 HGB vorschreibt?

Nein. Sie habe gleichwohl aus Gründen der Transparenz die Gesellschafts- und Haftungsverhältnisse für den Rechtsverkehr offen zu legen. Dazu gehöre die Angabe, welcher Rechtsform die persönlich haftende Gesellschafterin konkret unterfällt. Bei der Unternehmergesellschaft handele es sich um eine Unterform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die in ihrer Firma abweichend von § 4 GmbHG zwingend die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ zu führen habe. Die deutlich andere Firmierung soll eine Täuschung des Geschäftsverkehrs darüber ausschließen, dass es sich um eine Gesellschaft handelt, die möglicherweise mit sehr geringem Gründungskapital ausgestattet ist.

Gleiches gelte für die Bezeichnung nach § 19 Abs.2 HGB. Deren Sinn und Zweck sei es, den Geschäftsverkehr über die gesetzliche (Mindest-)Kapitalausstattung und die Vermögensstruktur des persönlich haftenden Gesellschafters zu unterrichten. Dabei gehe es nicht um eine Information über die tatsächlichen Vermögensverhältnisse der juristischen Person, sondern allein über die rechtlichen Verhältnisse. Deshalb komme es nicht darauf an, dass der Gesetzgeber die Anforderungen an die Kapitalaufbringung bei der Gründung einer normalen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ebenfalls herabgesetzt hat. Ebenso sei es unerheblich, dass für die Verbindlichkeiten sowohl der Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach §§ 4, 5 GmbHG als auch der Unternehmergesellschaft nach § 5a GmbHG nur das Gesellschaftsvermögen hafte /§ 13 Abs.2 GmbHG).

Im Übrigen verstoße eine Beibehaltung der Firma auch gegen § 18 Abs.2 S.1 HGB. Diese sei ersichtlich geeignet darüber irrezuführen, dass persönlich haftende Gesellschafterin der Beteiligten weiterhin eine Gesellschaft im Sinne der §§ 4, 5 GmbHG sei. Dieser Umstand sei für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich, da einem nennenswerten Mindestkapital die Funktion einer Seriositätsschwelle beigemessen werde.

Was besagt § 5a GmbHG?

  • Eine Gesellschaft, die mit einem Stammkapital gegründet wird, das den Betrag des Mindeststammkapitals nach § 5 Abs. 1 unterschreitet, muss in der Firma abweichend von § 4 die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen.
  • Abweichend von § 7 Abs. 2 darf die Anmeldung erst erfolgen, wenn das Stammkapital in voller Höhe eingezahlt ist. Sacheinlagen sind ausgeschlossen.
  • In der Bilanz des nach den §§ 242, 264 des Handelsgesetzbuchs aufzustellenden Jahresabschlusses ist eine gesetzliche Rücklage zu bilden, in die ein Viertel des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen ist.
  • Abweichend von § 49 Abs. 3 muss die Versammlung der Gesellschafter bei drohender Zahlungsunfähigkeit unverzüglich einberufen werden.
  • Erhöht die Gesellschaft ihr Stammkapital so, dass es den Betrag des Mindeststammkapitals nach § 5 Abs. 1 erreicht oder übersteigt, finden die Absätze 1 bis 4 keine Anwendung mehr; die Firma nach Absatz 1 darf beibehalten werden.

Können Sie eine UG durch Abspaltung neu gründen?

Nein, das können Sie nicht. Der BGH hat mit Beschluss vom 11.04.2011 entschieden, dass dem das Sacheinlageverbot des § 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG entgegensteht. Die Abspaltung eines Teils des Vermögens eines Rechtsträgers und die Übertragung dieses Teils auf eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu deren Neugründung stelle zwingend eine Sachgründung gemäß § 5 Abs. 4 GmbHG dar. Dies würde schon dadurch deutlich, dass nach § 138 Umwandlungsgesetz (UmwG) bei der Spaltung unter Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung immer ein Sachgründungsbericht einschließlich Wertnachweisunterlagen notwendig ist.

Das Gleiche gelte für die UG. Aus diesem Sacheinlageverbot, welches über § 135 Abs. 2 Satz 1 UmwG zu Anwendung komme, folge somit, dass Sie als Unternehmensgründe eine UG nicht durch Abspaltung von einem anderen Rechtsträger neu gründen können.

Diese Ansicht stimme mit dem Willen des Gesetzgebers überein. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs (Deutscher Bundestag, Drucksache 16/6140) seien Sacheinlagen nicht erforderlich und nicht zulässig. Die Gesellschafter könnten die Höhe der Barmittel nach dem tatsächlichen Bedarf für die Anfangszeit als Mindeststammkapital passend wählen. Dieses Mindeststammkapital solle dann aber auch eingezahlt werden, bar oder Überweisung.

Können Sie als Unternehmensgründer Ihren Aufwand festlegen?

Ja, das hat das Kammergericht Berlin mit einem weiteren Beschluss vom 31.07.2015 (22 W 67/14) entschieden. Danach können Sie als Unternehmensgründer den von Ihrer Gesellschaft selbst zu tragenden Gründungsaufwand bei Gründung Ihrer UG in der Satzung gesellschaftsrechtlich in Höhe des vereinbarten Stammkapitals festgelegen. Ihre UG muss in diesem Fall aber Maßnahmen zur Vermeidung einer Überschuldung treffen.

Was lag der Entscheidung zugrunde?

Der Gesellschaftsvertrag einer zu gründenden UG. Er sah ein Stammkapital von 1.000 Euro vor sowie die Übernahme der Gründungskosten bis zu einem Betrag gleicher Höhe. Das Registergericht, bei dem die Anmeldung zum Handelsregister beantragt worden war, verweigerte die Eintragung. Als Begründung verwies es darauf, dass Gründungskosten in Höhe von 100 Prozent des Stammkapitals unangemessen seien.

Schloss sich das Kammergericht dem an?

Nein. Es argumentierte dagegen, dass die Eintragung einer Gesellschaft aufgrund von Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag nur abgelehnt werden könne, wenn:

  • Vorschriften verletzt werden,
  • die ausschließlich oder
  • überwiegend
  • dem Schutz von Gläubigern der Gesellschaft oder
  • dem öffentlichen Interesse dienten.

Der hier in Betracht kommende § 26 Abs. 2 Aktiengesetz (AktG), der auch auf die GmbH und somit die UG Anwendung findet, sei jedoch nicht verletzt. Nach dieser Vorschrift legt eine Satzung offen, inwieweit das Stammkapital durch den Gründungsaufwand belastet ist. Die Norm sei nicht dadurch verletzt, dass der Gründungsaufwand genau dem Stammkapital entspreche. Solange die Gründungskosten das Stammkapital nicht überstiegen, sei ausgeschlossen, dass die neue UG allein aufgrund der Gründungskosten bilanziell überschuldet gegründet würde. Die Gläubiger würden zudem aufgrund der zwingend vorgeschriebenen Firmierung der UG auf die Risiken hingewiesen und könnten sich mithilfe des Gesellschaftsvertrags über die Vorbelastung informieren.

Muss Ihre UG Rechnungsunterlagen offenlegen?

Ja. Das OLG Köln hat entsprechend mit Beschluss (03.11.2015 – 28 Wx 12/15) entschieden. Danach betreffen Offenlegungspflichten für Rechnungsunterlagen auch UGs. Nach § 325 HGB ist jede Kapitalgesellschaft verpflichtet, innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahrs ihren Jahresabschluss im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

Nach dem Beschluss des OLG Köln ist ein Ordnungsgeld festzusetzen, wenn Sie als Unternehmensgründer Rechnungsunterlagen verspätet für ein Geschäftsjahr bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers einreichen. Die spätere Offenlegung ändere nichts an der Festsetzung des Ordnungsgelds.

Bei Gründung einer GmbH brauchen Sie das Stammkapital nur zur Hälfte einzahlen. Ist das bei der UG auch so?

Nein. Wenn Sie eine GmbH gründen, muss – das ist richtig – das Stammkapital mindestens zur Hälfte eingezahlt sein, damit die GmbH eingetragen wird. Bei der Gründung einer UG ist dies aber anders. Dort müssen Sie als Gründer das Stammkapital in voller Höhe einzahlen. Zum Thema Stammkapital lesen Sie bitte unseren Beitrag „Stammkapital einer UG: Das müssen Gründer wissen“. In Literatur und Rechtsprechung wird darüber gestritten, wie es im Falle einer Kapitalerhöhung aussieht, mit der Sie als Unternehmensgründer Ihre UG zu einer GmbH umwandeln wollen.

Eine Schule vertritt in der Literatur die Auffassung, bei der Kapitalerhöhung müsse das Mindeststammkapital von 25.000 Euro komplett eingezahlt werden. Nach Ansicht mehrerer Gerichte wie u.a. der OLG Stuttgart und München entfällt das Volleinzahlungsgebot hingegen schon bei der Kapitalerhöhung zum Mindeststammkapital von 25.000 Euro.

Demnach brauchen Sie als Unternehmensgründer den Erhöhungsbetrag bis zu den 25.000 Euro nicht mehr komplett einzahlen, wenn Sie das Stammkapital Ihrer UG auf das Mindeststammkapital einer GmbH erhöhen. Die Gerichte argumentieren dabei damit, dass die Kapitalerhöhung der UG nicht restriktiver gehandhabt werden dürfe als die Kapitalaufbringung bei der Neugründung einer GmbH. Der BGH hat sich zu dieser Thematik bisher nicht geäußert, allerdings hatte er in Bezug auf Sachkapitalerhöhungen ähnlich argumentiert.

Autor*in: Franz Höllriegel