19.12.2022

Erlass von Verspätungs- und Säumniszuschlägen

Hand aufs Herz: Geben Sie Ihre Steuererklärungen und Anmeldungen fristgerecht ab? Zahlen Sie Ihre Steuern pünktlich? Dann können Sie ausnahmsweise einmal zu spät sein, ohne sich dafür gleich zur Kasse bitten zu lassen. Zuschläge brauchen Sie dann nicht zu akzeptieren.

Erlass von Verspätungs- und Säumniszuschlägen

Was bedeutet Zuschlag?

Ihn zahlen sie als steuerpflichtige GmbH zusätzlich zu Ihrer Steuerschuld.

Welche Zuschläge drohen, wenn Sie Steuern nicht pünktlich erklären, anmelden oder zahlen?

Die Finanzverwaltung unterscheidet:

  • Verspätungszuschlag: Druckmittel, damit Sie als GmbH Steuererklärungen pünktlich abgeben, ist nicht explizit per Gesetz geregelt, liegt im Ermessen des Finanzamtes
  • Säumniszuschlag: Druckmittel, wenn Sie als GmbH eine festgesetzte Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet haben, entsteht laut § 240 AO unmittelbar kraft Gesetzes, kein Ermessen des Finanzamtes

Was bedeutet Festsetzung in diesem Zusammenhang?

Das Finanzamt hat zwei Möglichkeiten:

  • Muss-Festsetzung: zwingende Festsetzung des Verspätungsvorschlags, wenn
    • das Finanzamt eine Steuererklärung vorab angefordert hat, Sie als steuerpflichtige GmbH diese aber nicht innerhalb der gesetzten Frist abgegeben haben, oder
    • Sie als steuerpflichtige GmbH Ihre Steuerklärung bei Pflichtveranlagung nicht innerhalb von 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres abgegeben haben.
  • Kann-Festsetzung: Das Finanzamt kann eine Ausnahme machen, wenn
    • Ihr Steuerbescheid als steuerpflichtige GmbH auf null Euro lautet oder
    • zu einer Steuererstattung führt

Wann wird der Verspätungszuschlag fällig?

Seit der Steuererklärung für 2018 gilt eine längere Frist für die Abgabe der Steuererklärung. Dafür greift das Finanzamt bei Verspätungen strenger durch. Sind Sie als GmbH zur Abgabe verpflichtet, reichen Sie die Steuererklärung grundsätzlich bis zum 31.07. des Folgejahres ein. Wegen Corona wurde die Frist ausnahmsweise verlängert, zuletzt für 2022 bis zum 30.09.2023. Lassen Sie sich von einem Steuerberater oder einem Lohnsteuerhilfeverein beraten, haben Sie bis Ende Februar des übernächsten Jahres Zeit, wegen Corona für:

  • 2020 bis zum 31.08.2022.
  • 2021 bis zum 31.08.2023.
  • 2022 bis zum 31.07.2024.

Sind Sie als GmbH in jedem Fall von solchen Zuschlägen bedroht?

Ja, da Sie als GmbH zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind. Im Gegensatz zu Arbeitnehmern. Diese sind nicht zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet, ebenso wie die meisten Ledigen nicht, die neben ihrem Arbeitslohn aus nichtselbständiger Arbeit keine Nebeneinkünfte haben. Sie haben vier Jahre Zeit, die Erklärung freiwillig abzugeben. Tun sie das nicht, droht kein Verspätungszuschlag, schreibt das Finanzportal „steuern.de“.

Tipp der Redaktion

Mehr dazu im beliebten Beratungsbrief für Steuervorteile, Haftungsschutz und Finanzsicherheit. Lesen Sie jetzt 14 Tage kostenlos eine Ausgabe des „GmbH-Brief AKTUELL“. Dabei haben Sie freien Zugriff auf das ganze Media-Paket! (Online-Zugangsdaten in der Ausgabe.) Incl. aller Ausgaben im Archiv, Video-Seminare und Downloads zu Checklisten, Mustertexten und anderen Arbeitshilfen!

Wie hoch ist der Verspätungszuschlag?

Den Verspätungszuschlag gibt das Finanzportal folgendermaßen an:

  • für jeden angefangenen Monat der Verspätung
  • 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer
  • abzüglich Vorauszahlungen und Anrechnungsbeträge an.
  • pro Monat mindestens 25 Euro egal, ob Sie als steuerpflichtige GmbH eine Nachzahlung oder eine Erstattung erwarten.
  • Insgesamt maximal 25.000 Euro.

Als Säumniszuschlag legt § 240 Abgabenordnung (AO) einen Säumniszuschlag von einem Prozent des abgerundeten rückständigen fest; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Ein Säumniszuschlag wird, von Ausnahmen nach § 224 Abs. 2 abgesehen, bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben.

Wie errechnet sich der Verspätungszuschlag im Voraus?

Da die Höhe der festgesetzten Steuer im Voraus noch gar nicht feststeht, zahlen Sie als steuerpflichtige GmbH den Verspätungszuschlag nicht direkt. Stattdessen schlägt das Finanzamt ihn auf Ihre Steuernachzahlung auf. Steht Ihnen als steuerpflichte GmbH eine Erstattung zu, zieht es den Zuschlag davon ab. Eine Steuererstattung kann sich so im schlimmsten Fall in eine unangenehme Nachzahlung verwandeln.

Können Sie die Frist hinausziehen?

Zeichnet sich vorher ab, dass Sie als steuerpflichtige GmbH die Abgabefrist nicht einhalten können, rät die Finanzplattform dazu, vor dem Ende der Frist einen schriftlichen und begründeten Antrag auf Fristverlängerung zu stellen. Gründe könnten zum Beispiel eine Erkrankung oder ein Umzug sein. Haben Sie ansonsten bisher pünktlich abgegeben, stünden die Chancen gut, dass das Finanzamt ein Auge zudrückt und sie eine Fristverlängerung von bis zu vier Monaten erhalten.

Kann das Finanzamt Ihnen den Verspätungszuschlag erlassen?

Sie können als steuerpflichtige GmbH gegen einen Verspätungszuschlag Einspruch einlegen oder einen Antrag auf Erlass aus Billigkeitsgründen stellen, z.B. wenn Sie in einer überaus angespannten finanziellen Situation sind und der Verspätungszuschlag Sie über Gebühr belasten würde.

Hat ein solcher Einspruch Aussichten auf Erfolg?

Er kann es haben. Nehmen wir das Beispiel einer Clever GmbH. Sie hat dem Finanzamt eine Einzugsermächtigung für die monatliche Umsatzsteuer erteilt, aber nicht für eine etwaige abschließende Jahresnachzahlung. Die hat die Geschäftsführerin versehentlich wenige Tage verspätet an das Finanzamt überwiesen. Entsprechend setzte das Finanzamt einen Säumniszuschlag fest. Da die Zahlung von der Clever GmbH bereits geleistet wurde, entfällt der Charakter des Druckmittels zur pünktlichen Zahlung. Ein Erlassantrag ist aussichtsreich.

Seit 2019 waren die Erfolgsaussichten allerdings nur noch sehr begrenzt. Verpassen Sie bisher als steuerpflichtige GmbH einen Abgabetermin oder eine Zahlung beim Finanzamt oder der Stadt, folgt die Mahnung auf den Fuß. Dabei setzt die Behörde gleich Verspätungszuschläge fest.

Das hat nun allerdings eine Ende. Das Finanzgericht Hamburg hat sich auf Ihre Seite als pünktlicher Steuerzahler geschlagen. Ausnahmsweise verspätet, kann ihm zufolge rechtfertigen, dass das Finanzamt von Säumniszuschlägen absieht (FG Hamburg, Urteil vom 04.08.2021, Az.: 4 K 11/20). Mahnungen versendet der Fiskus vollautomatisch.

Deswegen führt eine sehr kurze Fristüberschreitung stets zur Festsetzung von Säumniszuschlägen. Dagegen sieht das Gericht einen Antrag auf Erlass als zulässig an. Er verspricht oftmals Erfolg. Ob die Finanzbehörde einmal festgesetzten Säumniszuschläge vermindert oder ganz erlässt, liegt in ihrem Ermessen. Dabei müssen die Sachbearbeiter vor Ort das gesamte steuerliche Verhalten von Ihnen als antragstellende GmbH prüfen, stellten die Richter klar.

Worauf ist bei dieser Überprüfung zu achten?

Da Finanzamt muss bei der Überprüfung des gesamten Steuerverhaltens von Ihnen als steuerpflichtiger GmbH sämtliche Steuerarten einbeziehen. In dem vom FG in Hamburg zu entscheidenden Fall hatte eine Firma Energiesteueranmeldungen zu spät abgegeben. Tatsächlich muss nach dem Richterspruch das Finanzamt auch das Abgabe- und Zahlungsverhalten bei anderen Steuerarten berücksichtigen wie

  • Körperschaft-,
  • Umsatz-,
  • Lohn- oder
  • Einkommensteuer.

Wie begründet das Gericht seine Entscheidung?

Auf drei Ebenen:

  • Generell sind Säumniszuschläge ein Druckmittel des Fiskus: Zahlen Sie als GmbH Zuschläge generell pünktlich, sieht das Gericht den typischen Zweck als Druckmittel als nicht gegeben. Alleine das rechtfertige bereits einen hälftigen Erlass der festgesetzten Säumniszuschläge, urteilte das Gericht.
  • Doch die Richter gingen sogar noch einen Schritt weiter. War die Festsetzung der Zuschläge ohne einen großen Verwaltungsaufwand möglich, sieht das Gericht sogar den vollständigen Erlass als gerechtfertigt an.
  • Schließlich haben die Zuschläge Zinscharakter von Verspätungs- und Säumniszuschlägen. Das FG-Urteil misst diesem Zinscharakter im Einzelfall keine entscheidende Bedeutung zu, sofern bei der Festsetzung der Zuschläge nur ein geringer Verwaltungsaufwand angefallen ist. Das sollte regelmäßig der Fall sein, wenn das Finanzamt typischerweise den Zuschlag automatisiert fest (z.B. 1 % des fälligen Betrags pro angefangenen Monat).

Was bedeutet das für Ihre Praxis als pünktlicher Steuerzahler?

Ganz gleich, ob Verspätungs- oder Säumniszuschlag, egal ob von Finanzamt und Stadt festgesetzt:

  • beantragen Sie als steuerpflichtige GmbH einen Erlass der Verspätungs- oder Säumniszuschläge nach § 227 AO!
  • Verweisen Sie darauf, dass Sie regelmäßig Ihre Anmeldungen und Steuern fristgerecht entrichten!
  • Sofern Sie am Lastschriftverfahren teilnehmen, weisen Sie darauf ausdrücklich hin!
  • Listen Sie dem Finanzamt eine plausible Begründung für das einmalige Versehen auf, z.B. aufgrund von:
    • EDV-Wechsel,
    • hohem Krankheitsstand,
    • außerordentlichen Pandemieeinflüssen.

Beim FG Hamburg brachte die steuerpflichtige Seite erhebliche Umstrukturierungsmaßnahmen und kurzfristige Personalausfälle als Ursache für die Verspätung vor.

Wie könnte Ihr Antrag auf Erlass aussehen?

In ihm beantragen Sie zunächst den Erlass der festgesetzten Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer in der von Ihrem Finanzamt festgesetzten Höhe, die Sie bitte auch in Euro genau beziffern. Verweisen Sie sodann auf die von Ihnen angeführten Gründe für die verspätete Übermittlung und Zahlung der Umsatzsteuer wie z.B. Krankheitsfälle in Ihrer Buchhaltungsabteilung. Betonen Sie, dass die Verspätung nur ausnahmsweise war und nur wenige Tage betrug, dass Sie in der Vergangenheit sämtliche Abgabefristen eingehalten und die Steuern fristgerecht entrichtet haben. Schließlich hätten Sie ja dem Finanzamt eine Einzugsermächtigung erteilt.

Ein Verweis auf das FG-Urteil kann Ihnen zusätzlich helfen, daran wird die beim Bundesfinanzhof anhängige Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamts nichts ändern (Az.: VII B 135/21).

Ein gern vom Finanzamt genommener Anlass für Verspätungszuschläge stellt die Schätzung infolge der Nichtabgabe von Steuererklärung oder in ihr von Angaben zu einem bestimmten Thema dar. Die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen ist in der Regel zudem mit der Festsetzung von Verspätungszuschlägen verbunden. Dies liegt im Ermessen des Finanzamts.

Ein weiterer Anlass ist das Überschreiten der Abgabefrist, wenn Sie als zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichteter Selbständiger, Vermieter, Rentner oder Arbeitnehmer die Erklärung durch einen Steuerberater, Rechtsanwalt oder Lohnsteuerhilfeverein anfertigen lassen. Diese Frist können Sie unter Angabe besonderer Gründe verlängern lassen. Bei Überschreiten der dann gewährten Abgabefrist just zum Jahreswechsel kann das Finanzamt Verspätungszuschläge festsetzen.

Es müssen ja nicht gleich über 500.000 Euro Verspätungszinsen und noch mal fast 100.000 Euro Verspätungszuschläge – insgesamt samt 660.000 Euro für Mehrwertsteuer eine Nachforderung von fast 1,3 Millionen Euro – sein. Aber was einem Herrn Vădan aus Rumänien widerfuhr in Sachen Verspätungszuschläge & Co., nur weil seine Rechnungstellung nicht lesbar war, sollte Ihnen zu denken geben.

Autor*in: Franz Höllriegel