29.09.2016

Poka Yoke: Fehler? Ausgeschlossen!

Poka Yoke (jap.: Fehler vermeiden) ist ein Prinzip zur Vermeidung von Fehlern durch den Menschen mit technischen und/oder organisatorischen Maßnahmen, es verfolgt eine Null-Fehler-Strategie. Der Begriff stammt aus der Fertigung und geht auf den japanischen Ingenieur Shigeō Shingos zurück. Unbeabsichtigte Fehlhandlungen wie Vertauschen, Vergessen oder Fehlinterpretationen sind menschlich und beeinflussen die Produktqualität. Poka-Yoke-Maßnahmen sind „narrensichere“ Fehlervermeidungsmechanismen, durch die die Möglichkeit, etwas „falsch“ zu tun, von vornherein ausgeschlossen wird bzw. Fehler sofort aufgedeckt werden.

Poka Yoke

Weil jeder Mensch Fehler macht

Ausgangsbasis für Poka Yoke ist die Erkenntnis, dass kein Mensch in der Lage ist, unbeabsichtigte Fehler vollständig zu vermeiden. Daher versucht Poka Yoke – meist durch technische Vorkehrungen und Einrichtungen –, Fehlhandlungen zu verhindern. Poka Yoke basiert auf folgenden Prinzipien:

  • Frühestmögliche Qualitätskontrolle: Überprüft und entdeckt werden mögliche Fehlhandlungen, nicht erst die daraus resultierenden Fehler. Die erkannten Fehlhandlungen können so noch „im Entstehen“ vermieden werden, bevor daraus Fehler resultieren. So ist eine weitgehende Vermeidung von Fehlern möglich.
  • 100-%-Prüfung: Mit einfachen und kostengünstigen Einrichtungen (dem eigentlichen „Poka Yoke“) werden Fehlhandlungen noch im selben Prozessschritt entdeckt. Durch die Einfachheit der Einrichtungen ist es auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten möglich, jedes einzelne Teil und nicht nur Stichproben zu überprüfen.
  • Unmittelbares Eingreifen: Durch ein unmittelbares Eingreifen wird eine möglichst kurze Reaktionszeit vom Entdecken der Abweichung bis zum Einleiten der erforderlichen Korrekturmaßnahmen sichergestellt.

Wesentliche Elemente des Poka-Yoke-Ansatzes sind die Prüfmethoden, Auslösemechanismen und Regulierungsmechanismen:

Prüfmethoden bei Poka Yoke

Die Prüfmethode beschreibt den Ort und die Zeit der Fehler- oder Ursachenentdeckung. Als Eingangsinformation dient die Auslösefunktion (Wann und wo wird der Fehler entdeckt?). Es sind folgende Arten von Prüfmethoden zu unterscheiden:

  • Fehlerquellenprüfung: Die Ursache, die zu einer Fehlhandlung führen kann, wird verhindert.
  • Prüfung mit direktem Feedback: Der Mitarbeiter erkennt die Fehlhandlung und kann korrigieren.
  • Prüfung mit indirektem Feedback: Der entstandene Fehler kann sich nicht in den nächsten Prozessschritt fortpflanzen.

Auslösemechanismen

Auslösemechanismen werden dann verwendet, wenn ein Produktionsfehler vor dem Beginn nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, bzw. auch dann, wenn es zu teuer kommen würde, diesen im Vorfeld zu eliminieren. Generell gilt, dass es vor allem bei den Auslöse- bzw. Initialisierungsmechanismen wichtig ist, den Fehler so schnell wie möglich zu entdecken und auch zu beheben, da es sonst zu ergiebigen Schäden in der Produktion führen kann, weil der Fehler in den nächsten Produktionsschritt weitergegeben wird. Bei den Auslöse- bzw. Initialisierungsmechanismen werden drei Methoden unterschieden, nämlich die Kontakt-, die Konstantwert- und die Schrittfolgemethode.

  • Kontaktmethode: Bei dieser Methode wird mithilfe eines Sensors gearbeitet, der Alarm auslöst, wenn Produktionsteile Fehler aufweisen. Dieser Sensor, der z.B. die Größe, den Umfang, das Gewicht oder die Gestalt überprüfen kann, hat entweder einen berührenden oder einen berührungslosen Kontakt mit dem Produktionsteil.
    Ein mögliches Beispiel wäre das Einsetzen eines Fähnchens, das sich bewegt, falls das Teil die erforderliche Größe übersteigt.
  • Konstantwertmethode: Die Konstantwertmethode ist das Verfahren, das in der Praxis am häufigsten angewendet wird. Sie wird zumeist dann verwendet, wenn mehrere Arbeitsschritte aufeinanderfolgen. Das Ziel ist es, mithilfe von Messgeräten zu überprüfen, ob die Zahl der produzierten Teile mit der angestrebten Zahl übereinstimmt. Falls dies nicht der Fall ist, liegt ein Fehler vor.
    Ein Beispiel aus der Praxis wäre die Montage eines Tischs. Dazu werden verschiedene Teile benötigt wie z.B. eine Platte, mehrere Tischbeine, Schrauben etc., die vor dem Zusammenbau abgezählt werden. Bleibt nach dem Zusammenbau ein Teil übrig, bedeutet dies, dass ein Fehler entstanden ist.
  • Schrittfolgemethode: Bei dieser Methode werden die Arbeitsschritte derart überprüft, dass ein falscher Arbeitsschritt nicht getätigt werden kann.
    Ein Beispiel dafür ist eine farbliche Markierung von Teilen, sodass diese nicht falsch eingebaut werden.

Regulierungsmechanismen

Regulierungsmechanismen schlagen schon bei Fehlern im Anfangsstadium Alarm. Hier werden zwei Methoden unterschieden, die Eingriffs- und die Warnmethode.

  • Eingriffsmethode: Bei einem schweren Fehler wird der Prozess so lange unterbrochen, bis der Fehler behoben wird. Der Sinn ist der, dass damit Wiederholungsfehler vermieden werden können.
    Ein Beispiel dafür ist das Ausfüllen eines Formulars per Internet. Ist ein wichtiges Feld, z.B. der Name, nicht ausgefüllt, kann so lange nicht fortgefahren werden, bis das geforderte Feld ausgefüllt ist.
  • Warnmethode: Bei der Warn- bzw. Alarmmethode wird der Prozess niemals unterbrochen, sondern es wird – meist optisch – auf einen Fehler hingewiesen. Der zuständige Mitarbeiter kann eingreifen oder die zukünftige Entwicklung abwarten. Dies geschieht z.B. beim Abfüllen einer bestimmten Menge Flüssigkeit, für die ein bestimmter Toleranzbereich vorgegeben ist. Bewegt sich der Trend stetig zu einer äußeren Toleranzgrenze, kann der Mitarbeiter noch eingreifen, bevor die Füllmenge außerhalb des Toleranzbereichs liegt und damit unbrauchbar wird. Bei der Warnmethode sind also zwei statistische Messgrößen, nämlich der Mittelwert und die Standardabweichung, von Bedeutung. Ersterer sollte in der Nähe des angestrebten Wertes liegen. Die Schwankungsbreite, gemessen in der Standardabweichung, darf nicht zu groß werden.
Autor*innen: Anja Kranefeld, Michael Stausberg