21.09.2017

Neuer ISO-Leitfaden gibt Tipps zur Umsetzung der ISO 9001 in KMU

Kleine und mittlere Unternehmen scheuen oft davor zurück, ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001 einzuführen. Das ISO/TC 176 hat ganz aktuell einen wertvollen Leitfaden verfasst, der es genau dieser Zielgruppe erleichtert, ein QMS zu implementieren und zu pflegen. Die dort enthaltenen Informationen sind aber auch für gestandene Qualitätsmanager nutzbringend.

Der ISO-Leitfaden für KMU gibt Umsetzungstipps

„Hinweise“ vom zuständigen ISO/TC 176

Der neue Leitfaden wurde von Experten des Technischen Komitees 176 der ISO erstellt. Das TC 176 verantwortet bei der ISO die internationalen Normen zu Qualitätsmanagement und Qualitätsmanagementsystemen. In der englischsprachigen Originalfassung trägt der Leitfaden den Titel „ISO 9001:2015 for Small Enterprises – What to do? Advice from ISO/TC 176“. Der Entwurf wurde übrigens vorab allen nationalen Normungs- und Fachorganisationen des ISO/TC 176 zugänglich gemacht, um Rückmeldungen und Stellungnahmen einzuholen – diese wurden vor der Freigabe entsprechend berücksichtigt. Dankenswerterweise wurden die „Hinweise“ vom Beuth-Verlag unter Mitwirkung des DIN-Normenausschusses Qualitätsmanagement, Statistik und Zertifizierungsgrundlagen (NQSZ) ins Deutsche übersetzt. Das Buch heißt hier „ISO 9001:2015 – Anleitung für kleine Unternehmen – Hinweise von ISO/TC 176“.

KMU und Qualitätsmanagement

Kleine und mittlere Unternehmen sind weltweit die Hauptträger der Wirtschaft – über 95 % der Unternehmen werden dazu gezählt. Internationale Normen wie die ISO 9001 sollen daher KMU genauso unterstützen wie die Großkonzerne. Laut Vorwort der Verfasser des neuen Leitfadens sollten gerade kleine Unternehmen von den Zugewinnen an Effizienz und Wirksamkeit durch die ISO 9001 profitieren können. KMU sollen und müssen allerdings jede unternehmerische Maßnahme – wie bspw. die Implementierung und die Pflege eines QMS – aus finanziellen und personellen Gründen genau prüfen. Der Leitfaden bietet dazu eine wertvolle Orientierungshilfe, außerdem erleichtert er den Umgang mit der Norm ganz erheblich.

KMU inklusive gemeinnütziger Organisationen

Der 175-seitige Leitfaden enthält nach eigenen Worten eine “Anleitung für kleine Unternehmen zur Entwicklung und Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems auf der Grundlage der Internationalen Norm ISO 9001:2015, Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen“. Es wird angemerkt, dass die Anforderungen der ISO 9001 allgemeiner Natur sind und auf alle Organisationen zutreffen, unabhängig von deren Art, Größe oder der von ihnen bereitgestellten Produkte und Dienstleistungen. Die Anleitung nimmt Bezug auf „Unternehmen“ im Einklang mit dem anerkannten Konzept „kleiner und mittlerer Unternehmen“ (KMU) und gilt auch für gemeinnützige Organisationen.

Der Inhalt des neuen ISO-Leitfadens für KMU

Der Leitfaden stellt ein begleitendes Dokument zur ISO 9001:2015 dar. Er beinhaltet aber weder neue Anforderungen noch Änderungen von Anforderungen der Norm!

Die Anleitung für kleine Unternehmen besteht nach Angaben des TC 176 aus verschiedenen Abschnitten, die einzeln gelesen und verwendet sowie nach Bedarf zum Nachschlagen genutzt werden können. Sie soll zum Verstehen und zur wertschöpfenden Umsetzung der QM-Anforderungen im Unternehmen beitragen. Inhaltlich besitzt der Leitfaden den nachfolgenden Aufbau.

Inhaltsverzeichnis ISO 9001:2015 – Anleitung für kleine Unternehmen

Qualitätsmanagementsysteme

Ansatzmöglichkeiten

Anleitung zur Bedeutung von ISO 9001

Terminologie

Vorwort

Einleitung

1 Anwendungsbereich

2 Normative Verweisungen

3 Begriffe

4 Kontext der Organisation

5 Führung

6 Planung

7 Unterstützung

8 Betrieb

9 Bewertung der Leistung

10 Verbesserung

Anhang A Schritte zur Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems

Anhang B Kurzdarstellung der Zertifizierung bzw. Registrierung

Versierte Qualitätsmanager erkennen sofort, dass die 10 Kernabschnitte des Abschnitts Anleitung zur Bedeutung von ISO 9001 grundsätzlich der High Level Structure (HLS) der ISO 9001:2015 widerspiegeln.

Die Abschnitte des Leitfadens in der Einzelbetrachtung

Qualitätsmanagementsystem: Hier wird ein Überblick über die Eigenschaften von Qualitätsmanagementsystemen nach ISO 9001 gegeben.

Ansatzmöglichkeiten: Der Abschnitt enthält nach Angaben des TC 176 praktische Ratschläge zu verschiedenen Möglichkeiten der Einführung neuer bzw. der Aktualisierung bestehender Qualitätsmanagementsysteme in den Organisationen.

Anleitung zur Bedeutung von ISO 9001: Dieser Abschnitt bildet vom Umfang her den Hauptteil des Leitfadens der ISO 9001:2015. Zunächst wird hier der jeweilige Normabschnitt abgedruckt, darunter finden Sie eine Anleitung zum besseren Verständnis der Anforderungen sowie Praxisbeispiele und Fallstudien aus den Bereichen Produktion und/oder Dienstleistung. Darüber hinaus werden Anregungen gegeben, wie die Anforderungen der ISO 9001 erfüllt werden können.

Anhang A: Der erste der drei Anhänge beschreibt das Verfahren zur Umsetzung der ISO 9001 in einem kleinen Unternehmen (s. u.).

Hinweis

Es wird betont, dass es sich beim Umsetzungsverfahren nach Anhang A lediglich um ein Beispiel handelt. Daher sollte das Modell „nicht als das einzige oder beste Verfahren zur Umsetzung betrachtet werden“.

Anhang B: Hier wird eine prägnante und verständliche Kurzdarstellung eines Prozesses zur Zertifizierung bzw. Registrierung vorgenommen.

Anhang C: Der letzte Anhang beschreibt in sehr verständlichen Worten die sieben Grundsätze des Qualitätsmanagements nach ISO 9001:2015 (s. u.).

Literaturhinweise: Der letzte Abschnitt führt zum einen Normen auf, auf die in ISO 9001 verwiesen wird. Zum anderen werden wichtige Quellen genannt, die im Leitfaden verwendet werden oder hilfreich sein könnten.

Besonders hilfreich: Der Anhang A des Leitfadens

Wie schon oben aufgeführt, werden hier die wichtigsten sieben Schritte des Verfahrens zur Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems vorgestellt. TC 176 verweist darauf, dass das Verfahren auf alle Arten von Organisationen – einschließlich der Dienstleistungsbranche und gemeinnütziger Organisationen – anwendbar ist. Bezüglich einer erfolgreiche Umsetzung werden im Leitfaden die nachfolgenden sieben Schritte empfohlen:

  1. Vollständiger Einbezug der obersten Leitung.
  2. Identifizierung wichtiger Prozesse und erforderlicher Wechselwirkungen, um die Qualitätsziele zu erreichen
  3. Umsetzung und Steuerung des QMS und seiner Prozesse (Prozessmanagementtechnik)
  4. Aufbau eines individuellen QMS nach ISO 9001
  5. Umsetzung des Systems, Personalschulung und Verifizierung der wirksamen Durchführung der Prozesse
  6. Steuerung des eigenen QMS
  7. ggf. Zertifizierung des QMS durch Dritte oder Abgabe einer Selbsterklärung hinsichtlich der Konformität

Die sieben Grundsätze des Qualitätsmanagements (Anhang C)

Das TC 176 hat sieben Grundsätze identifiziert, die von der obersten Leitung verwendet werden können, um die Organisation zu verbesserter Leistung zu führen. Hier eine sinngemäße Zusammenstellung.

Grundsatz 1 – Kundenorientierung: Der primäre Fokus des Qualitätsmanagements muss in der Erfüllung der Kundenanforderungen und dem Bestreben, die Kundenerwartungen zu übertreffen, liegen.

Grundsatz – 2 Führung: Führungskräfte aller Ebenen müssen für die Übereinstimmung von Zweck und Ausrichtung sowie Bedingungen, unter denen Personen sich für die Erreichung der Qualitätsziele der Organisation engagieren, sorgen.

Grundsatz 3 – Einbezug von Personen: Auf allen Ebenen der gesamten Organisation sind kompetente, befugte und engagierte Personen wesentlich, um die Fähigkeit der Organisation zu verbessern, Werte zu schaffen und Mehrwert zu erbringen.

Grundsatz 4 – Prozessorientierter Ansatz: Beständige und vorhersehbare Ergebnisse lassen sich wirksamer und effizienter erzielen, wenn Tätigkeiten als zusammenhängende Prozesse, die als kohärentes System funktionieren, verstanden, geführt und gesteuert werden.

Grundsatz 5 – Verbesserung: Erfolgreiche Organisationen müssen fortlaufend den Schwerpunkt auf Verbesserung legen.

Grundsatz 6 – Faktengestützte Entscheidungsfindung: Entscheidungen führen eher zu den gewünschten Ergebnissen, wenn sie auf der Grundlage der Analyse und Bewertung von Daten und Informationen basieren.

Grundsatz 7 – Beziehungsmanagement: Das Führen und Steuern der Beziehungen der Organisation mit relevanten interessierten Parteien (z. B. Anbietern) sorgt für nachhaltigen Erfolg.

 

Autor*in: Ernst Schneider