13.12.2016

Dienstleistungsqualität nach ISO 9001:2015: Für viele Unternehmen ein Thema

Fast alle Unternehmen müssen sich mit der Qualität ihrer Dienstleistungen befassen. Denn nicht nur die typischen Dienstleistungsunternehmen bieten Dienstleistungen an, sondern es gibt diese vielfach ergänzend zur Produktion und Lieferung von Produkten.

Dienstleistungsqualität: Das fordert die ISO 9001:2015

Typische Beispiele sind der technische Kundendienst, die Produkthotline, die Bereitstellung von Anleitungen oder das Consulting des Kunden von Investitionsgütern. Deshalb ist das Qualitätsmanagement von Dienstleistungen nicht nur für typische Dienstleistungsunternehmen relevant, sondern es müssen sich auch viele Produktionsunternehmen mit der Qualität ihrer Dienstleistungen befassen.

Beispiele für produktbegleitende Dienstleistungen

  • Projektmanagement, Assessments, Audits
  • Durchführung und/oder Unterstützung bei Lastenheft-/Pflichtenhefterstellung
  • Bereitstellung von Informationen, Online-Informationen, Betriebsanleitungen
  • Applikationserstellung und -support, Programmierung, Bereitstellung von Software, Tools, Applikationen
  • Validierung und Verifikation, Funktionstests, Protokollierung und Dokumentationen
  • Technical Support, Produktsupport, Systemsupport, Application Support
  • Remote Services, Ferndiagnose, Online-Kommunikations-Support, Fernwartung, Software- und Konfigurationsupdate, Störungsüberwachung
  • Kundenbetreuung vor Ort, Wartung und Inspektion, Instandsetzung, Verbesserung, Installation, Inbetriebnahme
  • Ersatzteile und Ersatzteilpakete, Eilfertigung, Altteileentsorgung
  • Inhouse-Reparatur, Vor-Ort-Reparatur, Expressreparatur
  • Inspektion, Wartung, Instandsetzung, Verbesserung
  • Training/Schulung im Klassenverband oder am Arbeitsplatz, audiovisuelle und Multimedia-Unterstützung wie Videos und CD-ROMs, Schulungsbedarfsanalysen

Normforderungen an die Qualität von Dienstleistungen

In Abschnitt 8.1 fordert die DIN EN ISO 9001:2015 die Einführung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses für die Dienstleistungen.

Die Norm erwartet zunächst die Planung, Verwirklichung und Planung von Maßnahmen gemäß Abschnitt 6, d.h. Maßnahmen, die sich mit Risiken und Chancen, der Erreichung von Qualitätszielen und den Veränderungsprozessen beschäftigen. Die Norm fordert damit die Einrichtung und Pflege eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses für die Dienstleistungsprozesse.

Anforderungen festlegen

Zunächst sind die Anforderungen an die Dienstleistungen festzulegen. Welche Aspekte dabei zu beachten sind, verdeutlicht Abschnitt 8.2.2.

Es sind sowohl die Erwartungen der Kunden zu beachten, mit der Klärung, welche Anforderungen wir daraus ableiten, als auch die Anforderungen, die sich aus gesetzlichen oder behördlichen Vorgaben ergeben. Auch darüber hinaus sollte das Unternehmen feststellen, ob es weitere Parteien gibt, deren Anforderungen zu berücksichtigen sind.

Wenn das Unternehmen Angebote unterbreitet, muss es sicher sein, dass es in der Lage ist, die dort angebotenen Leistungen erbringen zu können.

Um die Anforderungen festzulegen und die Befassung mit der Anforderungsbeschreibung nachweisen zu können, sind beispielsweise diese Hilfsmittel und Dokumente von Nutzen:

  • Beschreibungen des Kunden, Lastenhefte, Anfragedokumente
  • Kundenzufriedenheitsanalysen
  • Aufzeichnungen zu Beschwerden, Reklamationen und ihrer Bearbeitung

Nachweisführung durch Aufzeichnung

Zurück zu Abschnitt 8.1: Die Anforderungen sind aufzuzeichnen, damit der Nachweis geführt werden kann, dass bestimmte Dienstleistungen die an sie gestellten Anforderungen erfüllen bzw. erfüllt haben, dass sie anforderungskonform sind oder waren. Die entsprechenden Aufzeichnungen werden von der DIN EN ISO 9001:2015 als „dokumentierte Informationen“ bezeichnet.

Solche dokumentierten Informationen können beispielsweise sein:

  • Prozessbeschreibungen, Verfahrensbeschreibungen, Arbeitsanweisungen
  • Prüfprotokolle und Checklisten
  • Lasten- oder Pflichtenhefte
  • Protokolle über Risikobeurteilungen, Prozessbewertungen, FMEAs, Prozessfreigabekriterien
  • vertragliche Vereinbarungen mit Kunden

Prozessmanagement

In Abschnitt 8.5.1 fordert die DIN EN ISO 9001:2015 die Einführung eines Prozessmanagements für die Dienstleistungen. Dieser Abschnitt stellt mehrere Anforderungen an die Dienstleistungserbringung.

Für die Dienstleistung müssen Merkmale und die angestrebten Ergebnisse festgelegt und dokumentiert werden. Nachweise können diese oder ähnliche Dokumente liefern:

  • Prozessbeschreibungen, Arbeitsanweisungen, Prüfpläne, Betriebsanweisungen, Bedienungsanleitungen
  • Katalog der Annahmekriterien, Verträge
  • Zeichnungen, Instandhaltungspläne, Installationspläne
  • Validierungsprotokolle, Prüfprotokolle, Checklisten

Ressourcen zur Überwachung und Messung

Um die Einhaltung der Merkmale und die Erreichung der angestrebten Ergebnisse überwachen zu können, sind qualifizierte Mitarbeiter sowie geeignete Methoden und Hilfsmittel erforderlich. Die Anforderungen an diese „Ressourcen“ werden in Abschnitt 7.1.5 der DIN EN ISO 9001:2015 konkretisiert.

Das Unternehmen muss ermitteln, welche Ressourcen benötigt werden, um zu überwachen, ob die erbrachten Dienstleistungen den zuvor festgelegten und/oder mit dem Kunden vereinbarten Merkmalen entsprechen und ob sie die angestrebten Ergebnisse erzielen.

Diese Ressourcen müssen selbstverständlich für die Art der Überwachung und Messung geeignet sein. Sie müssen gewartet, ggf. kalibriert und in geeigneter Weise gehandhabt, gelagert und transportiert werden, um ihre fortdauernde Eignung zu sichern.

Es ist festzulegen,

  • an welchen Punkten die Dienstleistungskonformität gemessen und überwacht werden soll,
  • welche Arten von Überwachungs- bzw. Messmitteln zum Einsatz kommen sollen und
  • auf welche Weise ihre dauerhafte Eignung sichergestellt wird.

Geeignete Nachweise können sein:

  • Protokoll der FMEA, in der die Messungen oder Überwachungen beschrieben werden
  • Prozessbeschreibungen zu Prozessen, in denen Prüfungs- und Messtätigkeiten beschrieben werden
  • Arbeitsanweisungen zum Umgang oder zur Lagerung von Mess- und Prüfmitteln
  • Prüfanweisungen, Überwachungspläne
  • Checklisten, Abnahmeprotokolle

Verifizierung, Validierung und Freigabe

Die Überwachungs- und Messtätigkeiten sind gemäß Abschnitt 8.5.1 c) an solchen Orten, zu solchen Zeiten und in solchen Phasen der Dienstleistungserbringung und in solcher Weise vorzusehen und durchzuführen, dass sie eine Aussage darüber erlauben, ob die Merkmale die Anforderungen erfüllen. Die Überwachungs- und Messtätigkeiten beweisen oder widerlegen also die Konformität der Dienstleistungen mit den Anforderungen.

Wenn die Messung und Überwachung der Dienstleistungsmerkmale (Verifizierung) noch keine sichere Aussage darüber zulässt, ob die Dienstleistung die angestrebten Ergebnisse auch erreicht, muss gemäß 8.5.1 f) eine Validierung durchgeführt werden. Falls die einmalige Validierung keine Aussage darüber zulässt, dass die Ergebnisse auch künftig erreicht werden, muss diese Validierung regelmäßig wiederholt werden.

Es sind gemäß 8.5.1 h) Regelungen für die Freigabe von Dienstleistungen zu treffen. Diese werden in Abschnitt 8.6 konkretisiert.

Vor der Lieferung oder Ausführung muss bei Dienstleistungen geprüft werden, ob diese den Anforderungen entsprechen, d.h. ob die Merkmale konform sind. Eine Freigabe darf erst erfolgen, wenn diese Prüfung positiv verlaufen ist oder die Freigabe von einer anderen Stelle (organisationsintern oder durch den Kunden) genehmigt wurde.

Es sind dokumentierte Informationen aufzubewahren:

  • Nachweis der Übereinstimmung mit den Annahmekriterien
  • Informationen über die freigebende Person

Nachweise können diese oder ähnliche Dokumente liefern:

  • Prozessbeschreibungen
  • Prüfprotokolle, Checklisten
  • Protokolle von End- oder Abnahmeprüfungen

Vorbeugungsmaßnahmen

Abschnitt 8.5.1 g) sieht vor, dass Vorbeugungsmaßnahmen durchgeführt werden, um menschliche Fehler zu verhindern. Es sind also zunächst die möglichen Fehler zu identifizieren, die den beteiligten Mitarbeitern unterlaufen können. Diese Fehler können nach Eintrittswahrscheinlichkeit, Entdeckungswahrscheinlichkeit und Auswirkung gewichtet werden, um sie zu priorisieren und für die relevanten Fehler nach Vorbeugungsmaßnahmen zu suchen. Die entsprechenden Tätigkeiten können beispielsweise mit diesen Aufzeichnungen nachgewiesen werden:

  • Ishikawa-Diagramm, Fehlerbaumanalyse, Fehlerablaufdiagramm
  • Pareto-Diagramm, FMEA, Risikoanalyse
  • Maßnahmenplan, Schulungsplan

Umsetzung der Planung

Zur Steuerung der Dienstleistungserbringung nach Abschnitt 8.5.1 gehören natürlich auch die eigentliche Dienstleistung, ihre Freigaben (siehe oben) und die Tätigkeiten nach der Lieferung. Anforderungen an diese Tätigkeiten nach der Lieferung werden in Abschnitt 8.5.5 konkretisiert.

Das Unternehmen muss berücksichtigen, welche Maßnahmen für eine ordnungsgemäße Nutzung nach der Dienstleistungserbringung erforderlich sind. Das Unternehmen trägt die Verantwortung für die Ergebnisse und Folgen seiner Dienstleistung, auch nach ihrer Erbringung.

Das bedeutet, dass es klären muss,

  • ob es gesetzliche oder behördliche Forderungen gibt, die nach der Dienstleistungserbringung zu beachten sind,
  • ob ein möglicher Missbrauch seiner Dienstleistungen möglich ist,
  • ob seine Dienstleistungen unerwünschte Folgen haben können,
  • welche Anforderungen die Kunden an die Dienstleistung stellen, bezogen auf die Zeit nach der eigentlichen Dienstleistungserbringung, und
  • wie Beschwerden oder Reklamationen der Kunden berücksichtigt werden.

Tätigkeiten nach der Lieferung von Dienstleistungen können sein:

  • Tätigkeiten aufgrund von Gewährleistungsbestimmungen
  • Instandhaltung, Instandsetzung
  • Software-Updates, Service, Wartungsverträge
  • Recycling oder Entsorgung
  • Hosting

Bewertung

Damit eine kontinuierliche Verbesserung des Qualitätsmanagements und der darin erbrachten Dienstleistungen erfolgen kann, müssen diese Dienstleistungen regelmäßig analysiert und bewertet werden. Abschnitt 9.1.3 stellt diese Anforderungen an Dienstleistungen.

Mit den Ergebnissen von Überwachung, Messung und Analyse müssen die Konformität der Dienstleistungen und die Kundenzufriedenheit bewertet werden. Es ist zu prüfen, ob die Planung (z.B. gemäß Prozessbeschreibung, Arbeitsanweisung o.ä.) korrekt und erfolgreich umgesetzt wurde und ob geplante Maßnahmen wirksam waren.

Um die Konformität der Dienstleistung mit den Anforderungen zu analysieren, eignen sich beispielsweise diese Daten:

  • Auswertung der Kundenzufriedenheit
  • Auswertung von Reklamationsstatistiken
  • Auswertungen von Fehlerhäufigkeit und Fehlerschwere
  • Maßnahmenbewertung in Bezug auf Risiken und Chancen
  • Auswertung von Analysen in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Partnern, Lieferanten und Kunden

Qualitätsziele

Für die kontinuierliche Verbesserung des Qualitätsmanagementsystems sind Qualitätsziele von großer Bedeutung. Auch für die Dienstleistungen sind deshalb solche Qualitätsziele festzulegen. Abschnitt 6.2.1 beschreibt, was dabei zu beachten ist.

Es müssen Qualitätsziele festgelegt werden, die

  • messbar sind,
  • im Einklang mit der Qualitätspolitik stehen,
  • relevante Anforderungen berücksichtigen und
  • relevant sind für die Konformität der Dienstleistungen und die Steigerung der Kundenzufriedenheit.

Sie müssen

  • dokumentiert,
  • überwacht,
  • wenn nötig aktualisiert und
  • in der Organisation vermittelt

werden.

Bei der Planung und Umsetzung dieser Qualitätsziele muss bestimmt werden,

  • was getan werden muss,
  • welche Ressourcen nötig sind,
  • wer dafür verantwortlich ist,
  • wann Planung und Umsetzung abgeschlossen sein sollen und
  • wie die Ergebnisse der Zielerreichung bewertet werden.

Die Vermittlung der Qualitätsziele im Unternehmen kann auf vielfältigen Wegen erfolgen, z.B. über eine Rundmail an alle Mitarbeiter, eine Informationsveranstaltung dazu oder auch einen Aushang am Schwarzen Brett.

Geeignete dokumentierte Informationen können sein:

  • beschriebener Prozess entsprechenden Inhalts
  • Zielvereinbarungen (Geschäftspläne, Projektpläne, Qualitätssicherungsvereinbarungen)
  • Mitarbeiterinformationen (Aushänge, interne Blogs/Newsletter, Meetings)
  • Protokolle zu Mitarbeitergesprächen
  • Festlegungen zu Prozesszielen

Wesentliche Anforderungen der ISO 9001:2015 an die Dienstleistungsqualität

In der ISO 9001:2015 finden Sie eine ganze Reihe konkreter Forderungen an die Erbringung Ihrer Dienstleistungen, aber auch an deren Planung und ständige Verbesserung.

Fasst man die Forderungen der unterschiedlichen Kapitel der Norm zusammen, so ergeben sich diese wesentlichen Forderungen:

  • Zunächst sollten die Anforderungen an die Dienstleistung festgelegt werden. Dabei ist zu unterscheiden in Kundenanforderungen sowie gesetzliche und behördliche Anforderungen.
  • Es sind Annahmekriterien festzulegen.
  • Die Einhaltung der festgelegten Merkmale der Dienstleistung ist zu verifizieren.
  • Ob die angestrebten Ergebnisse erreicht wurden, ist zu validieren.
  • Die Tätigkeiten nach der Lieferung sind zu identifizieren.
  • Es sind Qualitätsziele festzulegen.
  • Es sind geeigneten Überwachungsmethoden festzulegen.
  • Es sind mögliche menschliche Fehler zu identifizieren und Maßnahmen dagegen einzuleiten.
  • Es sind die unerwünschten Folgen der Dienstleistung zu beobachten und ggf. zu beseitigen.

 

 

Autor*in: Michael Stausberg