04.09.2015

Risikobeurteilung: Grenzen der Maschine

Wer eine Risikobeurteilung durchführt, der übersieht gerne, dass der erste Schritt des im allgemeinen Grundsatz 1, Anhang I MRL beschriebenen Risikobeurteilungsvorgangs darin besteht, die Grenzen der Maschine zu ermitteln, worunter auch die bestimmungsgemäße Verwendung der Maschine fällt.

Maschine im Detail

Im Leitfaden zur MRL oder auch in der DIN EN ISO 12100, Abschnitt 5.3, finden sich aber leider nur rudimentäre Hinweise, wie bei der Festlegung der Grenzen um besten vorgegangen wird.

Wir wollen diesen Prozess daher näher konkretisieren. Basis dafür sind die Vorlagen und Erläuterungen aus der Software WEKA Manager CE. Mit Hilfe dieses Tools kann eine Risikobeurteilung softwaregestützt durchgeführt werden.

Festlegung der Grenzen der Maschine

Mit der Festlegung der Grenzen der Maschine legt der Hersteller einer Maschine fest, bis wohin (räumlich, zeitlich, usw.) er die Sicherheit und Gesundheit von Personen gewährleistet, die an und mit der Maschine arbeiten oder von den von der Maschine ausgehenden Gefahren betroffen sind und ab wann (räumlich, zeitlich usw.) der Betreiber für die Sicherheit und Gesundheit von Personen verantwortlich ist.

  • Pflicht zur Festlegung der Grenzen der Maschine: Maschinenrichtlinie Anhang I, 1. Allgemeiner Grundsatz, erster Gedankenstrich
  • Pflicht zur Dokumentation: Maschinenrichtlinie, Anhang VII A Technische Unterlagen für eine Maschine
  • Normative Unterstützung: EN ISO 12100, Abschnitt 5.3 Festlegung der Grenzen der Maschine

Die Grenzen der Maschine müssen zur Durchführung der Risikobeurteilung bekannt sein oder spätestens vor Durchführung der Risikobeurteilung festgelegt werden. Ggf. müssen die Grenzen neu festgelegt werden, wenn dies im Rahmen der Durchführung der Risikobeurteilung zur Risikominderung erforderlich wird.

Alle Grenzen müssen in die Betriebsanleitung für eine Maschine übernommen werden: Maschinenrichtlinie, Anhang I, 1.7.4 Betriebsanleitung.

Verwendungsgrenzen

Die Verwendungsgrenzen geben an, unter welchen Bedingungen eine Maschine bei bestimmungsgemäßer Verwendung und vernünftigerweise vorhersehbarer Fehlanwendung sicher genutzt werden kann.

Das fordert der Gesetzgeber

Der Gesetzgeber fordert, dass die bestimmungsgemäße Verwendung bei Konstruktion und Bau von Maschinen berücksichtigt werden muss (Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Anhang I, 1.1.2. Grundsätze für die Integration der Sicherheit a).

Berücksichtigen bedeutet, dass die Gefährdungen , die sich aus der bestimmungsgemäßen Verwendung ergeben können, in der einer vom Gesetzgeber vorgesehenen Reihenfolge abgearbeitet werden müssen:

  1. Integration der Sicherheit in Konstruktion und Bau: Vermeidung einer Gefährdung durch inhärent sichere Konstruktion/Verminderung des entsprechenden Risikos auf ein tolerierbares Minimum
  2. Risikominderung durch technische Schutzmaßnahme unter Einbeziehung ergänzender Schutzmaßnahmen (z.B. NOT-Halt, NOT-Aus)
  3. Risikominderung durch Benutzerinformation: Unterrichtung der Benutzer über die Restrisiken aufgrund der nicht vollständigen Wirksamkeit der getroffenen technischen Schutzmaßnahmen

Was Sie tun müssen

Beschreiben Sie die bestimmungsgemäße Verwendung so exakt wie möglich.

Dabei gilt: Je allgemeiner („schwammiger“) Sie die bestimmungsgemäße Verwendung fassen …

  • … umso mehr Sicherheit werden Sie ggf. integrieren müssen, damit die Maschine auch bei einer Verwendung sicher ist, die Sie eigentlich nicht vorgesehen haben, die Sie aber aufgrund der allgemeinen Formulierung nicht ausgeschlossen haben.

… umso höher ist das Haftungsrisiko, wenn sich aufgrund einer Verwendung einer Maschine, die von Ihnen eigentlich nicht gewünscht ist, ein Unfall mit Personenschaden einstellt.

Weitergehende Informationen zu diesem Vorgehen finden Sie auch in unserem Produkt „Maschinenverordnung“.

Autor*in: Jörg Ertelt (Gründer und Inhaber von HELPDESIGN. Autor, Moderator, Dozent.)