29.08.2018

CE-Prozess als Teamarbeit – Wer macht was?

CE-Zeichen drauf – und fertig ist die CE-Konformität? Wenn es doch so einfach wäre! In Wahrheit ist das CE-Zeichen nur die berühmte Spitze des Eisbergs.

Prozessablauf

CE-Konformität – Herausforderung für die betriebliche Organisation

Wie beim Eisberg liegt auch beim CE der weitaus größte und entscheidende Anteil unter der Oberfläche und ist für Außenstehende erst einmal nicht sichtbar. Dieser „größere Anteil” ist ein waschechter Prozess im Sinne der EN ISO 9000, der entsprechend gesehen und behandelt werden möchte. Der Kreis schließt sich schnell: CE hat mit Qualitätsmanagement zu tun und umgekehrt.

CE-Eisberg

CE und Qualitätsmanagement

Alle CE-Richtlinien und -Verordnungen fußen auf dem Beschluss Nr. 768/2008/EG. Dieser Beschluss legt einen verbindlichen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten fest.

In der Tabelle „Konformitätsbewertungsverfahren im Gemeinschaftsrecht definiert der Beschluss die Konformitätsbewertungsmodule A bis H. CE-Richtlinien und -Verordnungen beziehen sich bei ihren Anforderungen an die Konformitätsbewertung auf eben diese Konformitätsbewertungsmodule, so auch die Maschinenrichtlinie, die in Anhang X „Umfassende Qualitätssicherung” das Modul H des Beschlusses Nr. 768/2008/EG heranzieht.

EN ISO 9001 und CE

EN ISO 9001 legt Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem fest, wenn eine Organisation

  1. ihre Fähigkeit darlegen muss, fortlaufend Produkte oder Dienstleistungen bereitstellen zu können, die die Anforderungen der Kunden und die zutreffenden gesetzlichen und behördlichen Anforderungen erfüllen, und
  2. danach strebt, die Kundenzufriedenheit durch wirksame Anwendung des Systems zu erhöhen, einschließlich der Prozesse zur fortlaufenden Verbesserung des Systems und der Zusicherung der Einhaltung von Anforderungen der Kunden und von zutreffenden gesetzlichen und behördlichen Anforderungen.

Alle in dieser Norm festgelegten Anforderungen sind allgemeiner Natur und auf alle Organisationen anwendbar, unabhängig von deren Art und Größe und von der Art der von ihr bereitgestellten Produkte.

Ziel eines QM­Systems nach EN ISO 9001 ist es demnach u.a., neben Kundenanforderungen und Anforderungen anderer Parteien auch alle gesetzlichen Anforderungen an ein Produkt oder an eine Dienstleistung zu erfüllen und dauerhaft sicherzustellen.

Für den Maschinenbauer, der sein QM-System nach EN ISO 9001 zertifizieren lassen möchte, bedeutet dies, er muss u.a. einen Nachweis führen, dass er die einschlägigen CE-Richtlinien und -Verordnungen wie die Maschinenrichtlinie einhält.

Ein Prozess – was ist das eigentlich genau?

Einer der sieben zu befolgenden Grundsätze der EN ISO 9001 ist der prozessorientierte Ansatz: Um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, sollen alle erforderlichen Tätigkeiten und Ressourcen in klaren Wechselbeziehungen zueinander stehen.

Ein Prozess ist demnach eine sachlich-logisch verbundene Abfolge von einzelnen Schritten, die nach bestimmten Regeln durchgeführt werden.

Auf die CE-Konformität übertragen könnte man das so ausdrücken:

Sie möchten ein CE-konformes Produkt herstellen.

Für die CE-Konformität benötigen Sie als Eingabe zunächst alle rechtlichen und normativen Anforderungen.

Hinweis:
Diese Eingabe kann das Ergebnis eines vorgelagerten Prozesses sein.

Alle rechtlichen und normativen Anforderungen werden mithilfe der notwendigen Ressourcen systematisch analysiert und umgesetzt – das sind die Tätigkeiten.

Das Ergebnis ist eine rechtlich belastbare CE-Konformität für Ihr Produkt.

EN ISO 9001 stellt u.a. folgende Anforderungen an einen Prozess, die gut auf den CE-Prozess übertragen werden können:​
  • Alle Eingaben und Ergebnisse müssen klar definiert werden.
  • Alle Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten müssen definiert werden.
  • Alle Schnittstellen müssen klar definiert werden.
  • Alle notwendigen Ressourcen müssen bestimmt werden.
  • Der Prozess muss überwacht werden.
  • Der Prozess muss laufend optimiert werden.

Tätigkeiten im CE-Prozess

Zu jeder der genannten Tätigkeiten müssen Sie u.a. festlegen,

  • wer diese Tätigkeit ausführen muss,
  • wie diese Tätigkeit ausgeführt werden muss,
  • welche Ressourcen der Ausführende für die Ausführung seiner Tätigkeiten benötigt,
  • von wem der Ausführende notwendige Informationen erhalten muss,
  • an wen der Ausführende seine Ergebnisse liefern muss,
  • in welchem Zeitrahmen und in welcher Form der Ausführende seine Ergebnisse liefern muss,
  • wie die Ergebnisse des Ausführenden geprüft werden müssen,
  • wer die Ergebnisse des Ausführenden prüft und freigibt.

Wer spielt mit im CE-Krimi?

Der prozessorientierte Ansatz lehrt uns: Um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, müssen alle erforderlichen Tätigkeiten und Ressourcen in klaren Wechselbeziehungen zueinander stehen.

Wenn wir die erforderlichen Tätigkeiten in einen zeitlichen Ablauf bringen und einzelnen Unternehmensbereichen zuordnen, ergibt sich folgendes Bild:

CE Verantwortliche Unternehmensbereiche

Im Bild nicht aufgeführt ist die Rechtsabteilung, die es nur in sehr großen Unternehmen gibt. Wenn ein Unternehmen über keine eigene Rechtsabteilung verfügt, muss das rechtliche Know-how über andere Kanäle, wie z.B. externe Beratung, ins Unternehmen geholt werden.​

Alle betroffenen Unternehmensbereiche müssen ihren Teil zur CE-Konformität beitragen. Nur so kann ein im Ergebnis CE-konformes Produkt entstehen, das rechtlichen und wirtschaftlichen Kriterien standhält.
Die Anforderungen klingen logisch und sind es auch. Warum ist dies aber in der Praxis so schwierig?
Hierzu beispielhaft drei Überlegungen:​
  • Der Unternehmensleitung sind die Anforderungen der CE-Konformität an die Unternehmensorganisation nicht oder nicht ausreichend bekannt. Sie kommt ihrer Organisationspflicht nicht oder nur ungenügend nach.Die Folge: CE wird jeden Tag neu erfunden, weil der erforderliche Prozess fehlt. CE-Konformität wird in das persönliche Engagement einzelner Mitarbeiter gelegt. Unnötige Kosten und Haftungsrisiken und unnötig belastete Mitarbeiter sind die Folge.
  • Der Hauptakteur in Sachen Sicherheit, um Sinn und Zweck der CE-Konformität zu erfüllen, die Entwicklung/Konstruktion, ist es nicht gewöhnt und nicht darin geschult, sich mit Gesetzestexten zu befassen. Der Jurist und der Konstrukteur sprechen nicht dieselbe Sprache.Die Folge: Gesetzliche Anforderungen sind nicht bekannt und werden nicht umgesetzt.
  • Auch die anderen betroffenen Unternehmensbereiche haben in der Praxis, wenn überhaupt, nur sehr wenige Berührungspunkte. Und plötzlich sollen alle im selben Boot sitzen und einander zuarbeiten.Die Folge: Keiner weiß genau, was er eigentlich tun soll. Die Prozesskette, bei der jede Tätigkeit auf die Ergebnisse der vorherigen Tätigkeit aufbaut, ist lückenhaft. Ein CE-konformes Produkt kann nicht entstehen.

Die detaillierten Ausführungen zu diesem spannenden Thema lesen Sie in unserem Produkt „Risikobeurteilungen für Maschinen“.

Autor*in: Elisabeth Wirthmüller (ce konform GmbH. Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Technische Dokumentation.)