19.10.2022

Vereinslokal Königreich Deutschland zu Recht geschlossen?

Wie groß das Spektrum der Rechtsfragen ist, mit denen sich die Verwaltungen befassen müssen, zeigt der Beschluss des OVG Münster vom 12.08.2022, Az. 4 B 61/21.

Vereinslokal geschlossen

Betreiben einer Gaststätte ohne Erlaubnis

Eine Betreiberin eröffnete ohne gaststättenrechtliche Erlaubnis eine Gaststätte. Sie sieht sich als Staatsangehörige des „Königreichs Deutschland“. Die Gaststätte sei ein „Zweckbetrieb“ des „Königreichs Deutschland“ in Form eines Vereinslokals.

Zutritt zum Lokal sollten nur „Staatsangehörige und Zugehörige des Königreichs Deutschland“ haben. Gäste wurden darauf hingewiesen, dass sie mit dem Betreten des Lokals temporär Zugehörige des „Königreichs Deutschland“ seien. Am Tag der Eröffnung wurden Hygienevorschriften nicht eingehalten, weil neben dem Recht des „Königreichs“ keine weiteren Rechte und Pflichten zu beachten seien.

Die Gaststättenbehörde schloss und versiegelte die Gaststätte, ordnete die sofortige Vollziehung an erließ an die Adresse der Betreiberin mit sofortiger Wirkung eine erweiterte Gewerbeuntersagung. Diese beantragte Eilrechtsschutz und das Hinzuziehen des „Königreichs Deutschland“ als Beigeladene.

Betreiberin ist unzuverlässig für den Betrieb der Gaststätte, …

Das OVG lehnte zunächst die Beiladung des „Königreichs Deutschland“ ab, weil es hierzu keine nachvollziehbare Grundlage im geltenden Recht gibt. Dann prüfte das Gericht, ob die Gaststättenbehörde zum Schließen und Versiegeln der Gaststätte befugt war.

Die Betreiberin, so das OVG, verfügte über keine Gaststättenerlaubnis und hat sich als unzuverlässig für den Betrieb einer Gaststätte erwiesen, weil nach ihrer Auffassung allein das „Königreich Deutschland“ für die Betriebsführung verantwortlich war. Sie selbst hat jedoch keine Verantwortung übernommen und es fehlt jegliche Bereitschaft, den Betrieb unter Beachtung des geltenden deutschen Rechts zu führen.

Das „Königreich Deutschland“ kann keine eigene Rechtsordnung schaffen, weil es kein vom Völkerrecht anerkannter Staat ist. Dem „Königreich Deutschland“ ist es auch nicht unter Berufung auf die Vereinigungsfreiheit möglich, das Lokal als Zweckbetrieb durch abhängige Inhaber verantwortlich zu betreiben. Außerdem ist die Gaststätte auch kein „Vereinslokal“, weil das „Königreich Deutschland“ auch kein Verein i.S.d. BGB ist.

… die erweiterte Gewerbeuntersagung aber rechtswidrig

Über die erweiterte Gewerbeuntersagung hingegen kann anders als beim Schließen der Gaststätte wegen fehlender Dringlichkeit nur im gestreckten Verfahren entschieden werden.

Ergebnis

  • Der Antrag der Betreiberin zum Weiterbetrieb der Gaststätte wurde abgelehnt, weil sie unzuverlässig ist.
  • Hinsichtlich der erweiterten Gewerbeuntersagung und der damit verbundenen Androhungen von Zwangsmitteln hatte der Antrag Erfolg.
Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)