07.01.2021

Ist das möglich: Traktor 21 Jahre ohne TÜV?

Beim Auswerten von Kontoauszügen bemerkte der Sohn eines 90-jährigen ehemaligen Landwirts, dass für einen seit 21 Jahren nicht mehr benutzten Traktor die Kfz-Versicherung abgebucht wurde. Die folgenden Recherchen ergaben: Der Traktor wurde nicht abgemeldet. Somit war das Fahrzeug 21 Jahre über den TÜV.

Traktor ohne TÜV

Defekten Traktor in der Scheune abgestellt

Traktor ohne TÜV
Schwarz auf Rosa: Die HU ist seit 21 Jahren überfällig.

Wegen eines Getriebeschadens wurde ein in den 70er-Jahren zugelassener Traktor im Jahr 1999 in der Scheune eines landwirtschaftlichen Anwesens am Stadtrand von Kassel abgestellt. Bei der Kontrolle der Kontoauszüge des heute 90 Jahre alten Landwirts fiel dessen Sohn die Abbuchung der Versicherungsprämie für das Fahrzeug auf. Seine daran anschließende intensive Prüfung ergab: Für den Traktor wurden seit dem Abstellen in der Scheune im Jahr 1999 nicht nur die Kfz-Versicherung, sondern auch die Kfz-Steuer Jahr für Jahr vom Konto des Vaters abgebucht. Insgesamt wurden über 6.000 Euro gezahlt, ohne dass der Traktor auch nur einen Millimeter bewegt wurde. Ein Nachweis der Abmeldung bei der Zulassungsstelle konnte nicht gefunden werden, zudem waren die am Traktor angebrachten Kennzeichen nicht entstempelt. Dort ist auch noch die Prüfplakette aus dem Jahr 1997 zu sehen, was bedeutet, dass der Traktor 21 Jahre nicht dem TÜV vorgeführt wurde, ohne dass dies bemerkt wurde.

Fahrzeuge ohne HU – ein systemisches Problem?

Wer seine Steuererklärung nicht fristgerecht abgibt, muss innerhalb kurzer Zeit mit Zwangsgeldandrohungen rechnen. Wenn die Prämie für die Kfz-Versicherung oder die Kfz-Steuer nicht entrichtet wird, droht die Zwangsstillegung des Fahrzeugs. Gilt dies entsprechend auch beim Versäumen der Hauptuntersuchung (HU)?

Die Rechtslage zur Hauptuntersuchung

Die HU für PKWs, Krafträder, Wohnmobile, Anhänger, LKWs und Nutzfahrzeuge ist seit dem 1. Dezember 1951 obligatorisch, damit die Verkehrssicherheit geprüft werden kann. Dies gilt auch für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Die Pflicht zur HU hat einen einleuchtenden Grund, denn sie dient der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. Fahrzeugmängel können zu Unfällen mit erheblichen Folgen und Straßenschäden führen.

In der „Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung“ (StVZO) und der „Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr“ (FZV) ist festgelegt, wie die Kraftfahrzeuge beschaffen sein müssen, um für den Betrieb zugelassen zu werden. Im Rahmen der HU wird die Einhaltung der Vorschriften geprüft. Die Zeitintervalle ergeben sich hierfür aus Anlage VIII zu § 29 Abs. 1 bis 4, 7, 9, 11 und 13 StVZO. Zugmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 40 km/h müssen alle 24 Monate zur HU, unabhängig vom zulässigen Gesamtgewicht.

Gibt es eine Rechtsgrundlage für das Einhalten der Termine?

§ 34 FZO sieht das Übermitteln und Speichern der Daten über HU und Sicherheitsprüfungen im Zentralen Fahrzeugregister vor. Die Zulassungsbehörde kann eine durchgeführte HU aber nur im konkreten Einzelfall anhand der Fahrgestellnummer des Fahrzeugs elektronisch abfragen. Für eine allgemeine Abfrage und Überprüfung der durchgeführten HU fehlt auch eine entsprechende Rechtsgrundlage. In den Stadt- und Landkreisen sind jeweils mehrere Hunderttausend Fahrzeuge zugelassen. Demzufolge fehlt den Behörden neben der Rechtsgrundlage auch die erforderliche „Manpower“.

Ergebnis

Der Gesetzgeber hat nicht vorgesehen, dass Halterinnen oder Halter eines Fahrzeugs von Amts wegen an den Termin der HU erinnert oder bei Überschreiten des Termins gemahnt werden. Die HU schützt nicht nur die Allgemeinheit, sie liegt auch im ureigensten Interesse des Fahrzeughalters. In der Regel werden zugelassene Fahrzeuge im öffentlichen Verkehrsraum bewegt, sodass die Halter jederzeit damit rechnen müssen, dass eine nicht durchgeführte HU durch die Polizei oder das Ordnungsamt bemerkt und ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wird.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)