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Rechtmäßigkeit der Anordnung eines beidseitigen eingeschränkten Halteverbots

Ein Nebenerwerbslandwirt, der seine Fahrzeuge vor seinem Anwesen abstellte, klagte gegen das Anordnen eines Halteverbots (VGH München, Beschluss vom 29.04.2025, Az. 11 ZB 25.263).

Durchgangsstraße mit eingeschränkter Sicht

Der Rat einer Gemeinde beschloss für einen Teilbereich einer Durchgangsstraße mit 2.700 Fahrzeugen am Tag die Anordnung eines beidseitigen eingeschränkten Halteverbots (Zeichen 286). Umgesetzt wurde der Beschluss mit der Begründung, durch das Parken von Fahrzeugen am Straßenrand werde der fließende Verkehr gefährdet. „Beinahe-Unfälle“ seien bekannt. Die Straße verschwenke in einem derart ungünstigen Winkel, dass an parkende Pkws ohne jegliche Sicht vorbeigefahren werden müsse. Entgegenkommender Verkehr könne nicht rechtzeitig wahrgenommen werden.

Ein in der Straße wohnender Nebenerwerbslandwirt klagte gegen die Anordnung.

Die Rechtsgrundlage …

Der VGH griff tief in seinen Werkzeugkasten: Grundsätzlich gilt für jedes Verkehrszeichen, dass dessen Anordnung wegen besonderer Umstände zwingend geboten (§ 39 Abs. 1 der StVO) bzw. zwingend erforderlich (§ 45 Abs. 9 Satz 1 StVO) ist.

… und ihre Voraussetzungen

Zwingend erforderlich i. S. von § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO ist die Anordnung, wenn die Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs i.S. von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO konkret gefährdet ist, d.h. wenn der Eintritt eines schädigenden Ereignisses, hauptsächlich eines Verkehrsunfalls, hinreichend wahrscheinlich ist. Zur Annahme einer derartigen Gefahrenlage genügt die Feststellung, die konkrete Situation an einer bestimmten Stelle oder auf einer bestimmten Strecke einer Straße legt die Befürchtung nahe, es könnten – möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände – irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schadensfälle eintreten.

Besteht die Gefahr einer konkreten Gefährdung?

Das Gericht klappte seinen Zollstock aus und legte ihn mit folgendem Ergebnis über die Straße: Für das Halten, Parken und Fahren stehen auf der Straße etwa 6 m zur Verfügung. Bei einer höchstzulässigen Fahrzeugbreite von 2,50 m für PKW bzw. 3,00 m für land- oder forstwirtschaftliche Fahrzeuge jeweils ohne Spiegel und andere Einrichtungen für indirekte Sicht wäre eine Durchfahrt bei beidseitig abgestellten Fahrzeugen ausgeschlossen und auch bei nur einseitig abgestellten Fahrzeugen nur schwer und ohne Begegnungsverkehr möglich. Der kurvige Verlauf der Straße beeinträchtigt die Sichtverhältnisse zusätzlich.

Anhand dieser Fakten kam der VGH zu dem Schluss, bei einer Verkehrsbelastung von 2.700 Fahrzeugen pro Tag würde die ohnehin beengte Situation durch beidseitig abgestellte Fahrzeuge nochmals verschärft. Wegen der unzureichenden Sicht und der beengten Verhältnisse ist nicht nur mit Rückstaus zu rechnen, sondern auch mit Gefahrensituationen, wenn Fahrzeuge wegen des Gegenverkehrs zurücksetzen und sich wieder in den Verkehr eingliedern müssen.

Ergebnis

Die verkehrsrechtliche Anordnung erging rechtmäßig. Infolgedessen wurde die Klage des Nebenerwerbslandwirts abgewiesen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)