07.04.2011

PKW-Anhänger mit Werbeaufschrift stellt keine ortsfeste Anlage im Sinne des Baurechts dar

Erfüllt ein zeitweise im öffentlichen Verkehrsraum abgestellter, mit einer Werbeaufschrift versehener Pkw-Anhänger das Merkmal der Ortsfestigkeit mit der Folge, dass er damit den Anforderungen des Bauordnungsrechts unterliegt? Die Richter des Oberverwaltungsgerichts Münster meinten, nein (OVG Münster, Beschl. vom 13.09.2010, Az. 10 B 698/10).

Bilder Akten

Der Halter eines Pkws kaufte sich in einem Baumarkt einen Anhänger für sein Fahrzeug. Der Anhänger war mit einer Werbeaufschrift des Baumarkts versehen, ohne auf eine bestimmte Filiale hinzuweisen. Den Anhänger stellte der Pkw-Halter für längere Zeit im öffentlichen Verkehrsraum ab.

Die Bauaufsichtsbehörde des Kreises sah darin einen Verstoß gegen das Baurecht und nahm an, der Eigentümer des Anhängers benötige für dessen wiederholtes Abstellen im öffentlichen Verkehrsraum mit den Werbeaufschriften eine Baugenehmigung.

Gegen die Ordnungsverfügung des Kreises erhob der Eigentümer des Anhängers Widerspruch und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.

Das OVG Münster hatte zu prüfen, ob der Pkw-Anhänger ortsfest im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt ist:

  • In diesem Fall wäre davon auszugehen, dass er dem Bauordnungsrecht unterliegt.
  • Andernfalls würde für den Pkw-Anhänger mit der Werbeaufschrift Straßenverkehrsrecht gelten.

Das Urteil

  • Ob ein zeitweise im öffentlichen Verkehrsraum abgestellter, mit einer Werbeaufschrift versehener Pkw-Anhänger das Merkmal der Ortsfestigkeit erfüllt und damit den Anforderungen des Bauordnungsrechts unterliegt, hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Falls ab.
  • Bei der Beurteilung ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die Gesamtumstände den Schluss rechtfertigen, dass die Teilnahme des Anhängers am Straßenverkehr – jedenfalls vorübergehend – beendet ist und die an ihm angebrachten Werbemittel an einem günstigen Standort ihrem erkennbaren Bestimmungszweck nach ihre Werbewirkung entfalten sollen.
  • Allein das Abstellen eines Anhängers im öffentlichen Verkehrsraum und die damit zwangsläufig verbundene Wahrnehmbarkeit der Werbeaufschrift auch im ruhenden Zustand reichen für die Bejahung eines entsprechenden Bestimmungszwecks aber nicht aus.
  • Im öffentlichen Verkehrsraum wird täglich eine Vielzahl von Kraftfahrzeugen mit Werbeaufschriften abgestellt, z.B. Mietwagen, Taxen oder sonst beruflich genutzte Fahrzeuge, zum Beispiel die von Mitarbeitern mobiler privater Pflegedienste genutzten Pkws, die häufig Werbeaufschriften für diese Pflegedienste tragen.
  • Bei der Prüfung, ob die angebrachten Werbemittel an einem günstigen Standort ihrem erkennbaren Bestimmungszweck nach ihre Werbewirkung entfalten sollen, muss im Wege einer wertenden Betrachtung festgestellt werden, ob nach den Gesamtumständen der Wunsch, das Fahrzeug oder den Anhänger für die Zeit des Nichtgebrauchs sicher abzustellen, oder die Werbewirkung im Vordergrund steht.
  • Damit soll eine Umgehung der einschlägigen baurechtlichen Vorschriften verhindert werden. Erfasst werden insbesondere die Fälle, in denen dem Werbenden mit einer an dem Standort fest installierten Werbeanlage ebenso gedient wäre, er aber gleichwohl eine mobile Werbeanlage wählt, weil beispielsweise eine Baugenehmigung für eine an dem Standort fest installierte Werbeanlage nicht erteilt würde, er ihre Beantragung aus anderen Gründen scheut oder er über das fragliche Grundstück nicht verfügen kann. Bei dieser Betrachtung können die längere Standzeiten als bei den oben genannten Fahrzeugen grundsätzlich nicht allein ausschlaggebend sein.
  • Nach den Umständen des Falles ist nicht anzunehmen, dass der Antragsteller den Anhänger auf dem Parkstreifen entlang der N. Straße abstellt, damit er dort seine Werbewirkung an einem günstigen Standort entfaltet.
  • Die vorgenannten Voraussetzungen für die Annahme einer ortsfesten Werbeanlage liegen hier nicht vor, erkannte das Gericht.

Ergebnis:

  1. Die Ordnungsverfügung der Bauaufsichtsbehörde ist offensichtlich rechtswidrig. Das Gericht ordnete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an.
  2. Das Abstellen des Anhängers im öffentlichen Verkehrsraum beurteilt sich daher allein nach dem Straßenverkehrsrecht (§ 12 Abs. 3b StVO: 2 Wochen; wenn der Anhänger ausschließlich Werbezwecken und nicht dem Transport dient: Sondernutzung).
Autor*in: WEKA Redaktion