18.09.2023

Neue Urteile zum Spielhallenrecht

Wir stellen aktuelle Entscheidungen zum Recht der Spielhallen vor.

Konkurrenz um Erlaubnis für Betrieb von Spielhallen

Der Betreiber einer Spielhalle wandte sich mit einem Widerspruch dagegen, dass einem konkurrierenden Betreiber eine Erlaubnis erteilt wurde, während die Behörde seinen Antrag mit Bescheid vom 05.04.2022 ablehnte. Das VG Freiburg hatte einen Eilantrag des unterlegenen Betreibers mit Beschl. vom 24.05.2022, Az. 4 K 1104/22, zurückgewiesen.

Der VGH Mannheim hat die Spielhallenbehörde im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den weiteren Betrieb der Spielhalle bis zur Entscheidung über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.04.2022 zu dulden.

Der VGH Mannheim entschied (Beschl. vom 27.02.2023, Az. 6 S 1332/22):

  • Im Auswahlverfahren zwischen untereinander in Abstandskonkurrenz stehenden Spielhallen ist mit Blick auf das Transparenzgebot und den Anspruch der Bewerber auf Chancengleichheit die Offenlegung solcher Auswahlkriterien geboten, die sich den Zielen und Regulierungsvorgaben des GlüStV und des LGlüG sowie den Anwendungshinweisen (hier des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 11.12.2015) nicht ohne Weiteres und hinreichend deutlich entnehmen lassen.
  • Der Begriff „Casino“ als Teil der Unternehmensbezeichnung oder Namensbestandteil einer Spielhalle ist nicht generell unzulässig. Ob die Verwendung dieses Begriffs bei der Außengestaltung einer Spielhalle gegen § 26 Abs. 1 GlüStV verstößt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls.
  • Das Gebot der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität ist kein vorrangiges, losgelöst von den Zielen von § 1 GlüStV zu beachtendes Auswahlkriterium.

Unterschreitung des Mindestabstands zu Konkurrenzspielhallen

Zwei Beschwerdeführerinnen riefen den VerfGH BW an und wandten sich gegen die von den Verwaltungsgerichten versagte Gewährung von Eilrechtsschutz gegen eine behördliche Schließungsanordnung bzw. die Versagung einer vorläufigen Betriebsduldung. Sie beanstanden im Wesentlichen, dass ihrem Betrieb die Unterschreitung des Mindestabstands zu Konkurrenzspielhallen (hier § 42 Abs. 1 LGlüG) mit befristeten Härtefallerlaubnissen (hier § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG) entgegengehalten werde, ohne dass ein im Hinblick auf den gesetzlichen Mindestabstand zwischen Spielhallen durchzuführendes Auswahlverfahren erfolgt sei. Zudem wenden sie sich dagegen, dass ihren Betrieben die Unterschreitung des Mindestabstands zu Einrichtungen zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen (hier § 42 Abs. 3 LGlüG) vorgehalten werde, obwohl sie der Übergangsregelung für Altspielhallen unterfallen würden (hier vgl. § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG); diese werde durch die Verwaltungsgerichte über den Wortlaut hinaus zu eng ausgelegt.

Der VerfGH BW entschied (Urteil vom 02.08.2023, Az. 1 VB 98/19 und 1 VB 156/21):

  • Für Konkurrenzsituationen zwischen Spielhallenbetreibern ist das aus der Landesverfassung (hier Art. 2 Abs. 1 LV i.V. mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG) folgende Recht auf einen chancengleichen Zugang zu einer beruflichen Tätigkeit maßgeblich. Wenn mehrere Spielhallenbetreiber um die Erteilung einer Erlaubnis nach § 41 LGlüG, ggf. i.V. mit einer Befreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG miteinander konkurrieren, ist demnach eine den grundrechtlich geschützten Interessen gerecht werdende Auswahlentscheidung in einem Verwaltungsverfahren erforderlich.
  • In die Auswahlentscheidung sind die grundrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten einzubeziehen. Die Auswahlkriterien müssen der Eingriffsintensität der Entscheidung Rechnung tragen, die im negativen Fall dazu führt, dass eine bisher erlaubte gewerbliche Tätigkeit nicht weitergeführt und Vermögensgegenstände nicht mehr weiter genutzt werden dürfen.
  • Das „Windhundprinzip“, wonach derjenige ausgewählt wird, der zuerst einen entscheidungsreifen Antrag stellt, genügt nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Konkurrenzentscheidung darüber, welcher von mehreren Spielhallenbetreibern den Betrieb seiner bestehenden Spielhalle weiterführen darf.
  • Maßstäbe für die Auflösung von Konkurrenzen zwischen mehreren Spielhallenbetreibern lassen sich § 42 Abs. 1 LGlüG und § 51 Abs. 5 LGlüG durch Auslegung entnehmen; die in § 51 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 4 LGlüG genannten Kriterien für das Vorliegen einer unbilligen Härte können auch für die Entscheidung über die Lösung einer Konkurrenz zwischen mehreren Spielhallenbetreibern maßgeblich sein.

Trennungsgebot für Wettvermittlungsstelle

Die Beschwerdeführer wandten sich mit den Verfassungsbeschwerden gegen die Untersagung des Betriebs ihrer Wettvermittlungsstellen wegen der räumlichen Nähe zu Spielhallen.

Hierzu entschied das Gericht (VerfGH BW, Urteil vom 02.08.2023, Az. 1 VB 88/19 und 1 VB 95/19):

  • Indem der Gesetzgeber durch § 21 Abs. 2 GlüStV auf die innerhalb eines Gebäudes oder Gebäudekomplexes bestehende typische Gefährdungslage durch unterschiedliche Glücksspielangebote abstellt, bewegt er sich im Rahmen des ihm eröffneten Regelungsspielraums. Er ist unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht gehalten, auch andere denkbare und unter dem Gesichtspunkt der Suchtprävention möglicherweise relevante Nähebeziehungen dem Trennungsgebot zu unterwerfen.
  • Ausgehend von der gesetzgeberischen Zielsetzung, einen Wechsel zwischen verschiedenen Arten des Glücksspiels durch eine gewisse räumliche Trennung zu erschweren, ist es nicht zu beanstanden, dass die Fachgerichte Fallgestaltungen vom Anwendungsbereich von § 21 Abs. 2 GlüStV ausnehmen, in denen die verschiedenen Angebote aufgrund der jeweiligen örtlichen Verhältnisse ohnehin räumlich entzerrt sind und deshalb eine Gefahr der Vermischung unterschiedlicher Glücksspielarten nicht anzunehmen ist.
  • Es ist nicht zu beanstanden, die Verdrängungswirkung von § 21 Abs. 2 GlüStV daran zu knüpfen, dass die Spielhalle über eine wirksame Erlaubnis verfügt.
  • Die Fachgerichte sind nicht gehalten, bei der Überprüfung der Anwendung des Trennungsgebots zu berücksichtigen, ob eine Spielhallenerlaubnis rechtmäßig oder bestandskräftig ist.

Verfassungsmäßigkeit des Mindestabstandsgebots

Die Betreiberin einer Spielhalle begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Duldung von ihr im Verbund betriebener Spielhallen bis zu einer Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit des BremSpielhG, hilfsweise bis zu einer Entscheidung über ihre Erlaubnisanträge.

Sie betreibt an einem Standort einen aus zwei Spielhallen bestehenden Spielhallenkomplex. Das VG Bremen entschied: (Beschl. vom 07.08.2023, Az. 5 V 1322/23):

  • Es besteht kein Anspruch auf vorläufige Gestattung bzw. Duldung, wenn gegen das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu Schulen gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 BremSpielhG verstoßen wird.
  • An der Verfassungsmäßigkeit des Mindestabstandsgebots von 500 Metern zu Schulen gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 BremSpielhG bestehen – auch unter Berücksichtigung der seit dem 01.07.2023 geltenden Verschärfungen des übrigen Spielhallenrechts – keine substanziellen Zweifel.
Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)