14.06.2017

Lärm: Ist eine Gemeinde für Immissionen verantwortlich, die Dritte verursachen?

Ob eine Gemeinde als Betreiber eines Grillplatzes, der als öffentliche Einrichtung geführt wird, für Immissionen verantwortlich ist, die durch nicht bestimmungsgemäße Nutzungen verursacht werden, musste der VGH Mannheim entscheiden (Beschl. vom 19.04.2017, Az. 10 S 2264/16).

Geräuschimmissionen

Der Nachbar eines gemeindlichen Grillplatzes fühlte sich in seinem Erholungsbedürfnis gestört, weil er sich laute Musik aus elektrischen Musikanlagen und Instrumenten anhören musste, die von dessen Nutzern verursacht wurden. Er beschwerte sich bei der Gemeinde. Diese verwies auf die Nutzungsvereinbarungen. Der Nachbar klagte dann vor dem Verwaltungsgericht Freiburg (VG). Das VG wies die Klage des Nachbarn mit der Begründung ab, die von ihm beanstandeten Störungen durch von dem Grillplatz ausgehende elektronisch extrem verstärkte Musik seien der Gemeinde nicht zuzurechnen, weil diese Art der Lärmerzeugung – anders als etwa ein Überschreiten der Nutzungszeiten oder das Abspielen normal lauter oder auch elektronischer Musik – mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Grillplatzes überhaupt nichts mehr zu tun habe.

Das Urteil des VG überzeugte den Nachbarn nicht. Er rief den VGH Mannheim an.

Entscheidungsgründe

  • Das VG ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Unterlassen von schädlichen Umwelteinwirkungen gegen den Betreiber einer öffentlichen Einrichtung nur für Immissionen besteht, für die der Betreiber verantwortlich ist. Dies sind in erster Linie die durch die bestimmungsgemäße Nutzung der Anlage verursachten Immissionen.
  • Für Störungen durch Nutzungen außerhalb dieses Rahmens ist der Anlagenbetreiber nur verantwortlich, wenn sich in dem bestimmungswidrigen Verhalten eine mit der Einrichtung verbundene besondere Gefahrenlage realisiert und damit der Fehlgebrauch bei einer wertenden Betrachtungsweise als zurechenbare Folge der Schaffung bzw. des Betriebs der Einrichtung anzusehen ist.
  • Auch die Lage des Grillplatzes stellt keinen Anreiz zum Missbrauch dar. Selbst wenn zur Nachtzeit keine soziale Kontrolle der Nutzung des Grillplatzes erfolgt, unterscheidet er sich nicht wesentlich von anderen öffentlichen Grillplätzen wie auch von Spiel- oder Bolzplätzen im Außenbereich, die aus Sicht potentieller Störer alle aufgrund ihrer Abgeschiedenheit und öffentlichen Zugänglichkeit als Orte für das nächtliche Abspielen extrem lauter elektronischer Musik in Betracht kommen.
  • Die von der Gemeinde ergriffenen Maßnahmen sind auch grundsätzlich geeignet, zukünftigen Störungen der (Nacht) Ruhe des Nachbarn vorzubeugen. Eine Polizeiverordnung verbietet das Benutzen elektronisch verstärkter Musikinstrumente und -geräte sowie Lautsprecher- und Verstärkeranlagen sowie die Verursachung von zu Störungen der Gemeinschaft führendem Lärm an Grillstellen nach 22:00 Uhr. Die genannten Verbote sind bußgeldbewehrt. In der Vergangenheit wurden Verstöße auch mit Bußgeldern geahndet. Zudem hat die Gemeinde eine Pressemeldung veröffentlicht und Schilder auf dem Grillpatz angebracht, die ebenfalls auf das Gebot der Lärmvermeidung sowie der unbedingten Ruhe ab 22:00 Uhr und das Verbot des Betriebs von elektrischen Musikanlagen und -instrumenten hinweisen.
  • Festgestellte Störungen wurden durch den Polizeivollzugsdienst unterbunden.

Ergebnis

Für Geräuschimmissionen in Form elektronisch extrem verstärkter, vornehmlich nachts an wenigen Tagen im Jahr gespielter Musik auf einem Grillplatz ist die Gemeinde nicht verantwortlich.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)