Kann ein Anwohner ohne Kfz ein Verkehrszeichen anfechten?
Dem OVG Münster (Beschluss vom 27.01.2025, Az. 8 B 855/24) kam die undankbare Aufgabe zu, alle sozialen Erwägungen außen vor zu lassen und nach den Rechtsgedanken des Verwaltungsrechts zu urteilen.
Zuletzt aktualisiert am: 23. Mai 2025

Einrichten eines zeitlich beschränkten absoluten Haltverbots
Ein Anwohner wandte sich gegen ein in seiner Wohnstraße eingerichtetes zeitlich beschränktes absolutes Haltverbot. Er selbst hatte kein Fahrzeug und begründete sein Aufbegehren gegen das Verkehrszeichen mit dem Argument, als pflegebedürftige Person sei er auf ärztliche und hauswirtschaftliche Versorgungsfahrten angewiesen. Zudem würden Dritte ihn mit Dingen des täglichen Bedarfs versorgen. Darüber hinaus sei er im Rettungsfall auf den Kfz-gebundenen Verkehr dringend angewiesen. Das Halteverbot würde seine lebensnotwendige Versorgung unmöglich machen, zumindest aber wesentlich erschweren.
Nachdem der Anwohner mit seinen Anträgen in der Vorinstanz gescheitert war, rief er das OVG Münster an.
Ist der Anwohner antragsbefugt?
Das OVG legte den Antrag des Anwohners so aus, dass er sich nicht gegen das Anbringen der Verkehrszeichen, sondern gegen die diesen zugrunde liegende verkehrsrechtliche Anordnung richtet. Der Betroffene, stellte das Gericht fest, kann nicht von der Anordnung beschwert sein, weil er selbst kein Fahrzeug besitzt und führt. Folglich fehlt es ihm an der Antragsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO.
Gewährt der Anliegergebrauch eine Antragsbefugnis?
Dann verabreichte das OVG die nächste kalte Dusche: Der Anliegergebrauch erstreckt sich allein auf den Zugang des Grundstücks zur Straße und seine Zugänglichkeit von der Straße her, in aller Regel durch Zufahrten und Zugänge. Das Benutzen einer Straße zum Zwecke des Haltens oder Parkens hingegen gehört nicht zum Anliegergebrauch, zumal der Betroffene auf seinem Grundstück auch Stellplätze für zwei Pkw habe.
Liegt ein Fall der Altersdiskriminierung vor?
Nun zog der Anwohner die letzte Patrone aus dem Gürtel: Die Beschränkung der Antragsbefugnis auf Personen, die von dem Halteverbot unmittelbar betroffen sind, stellt eine Altersdiskriminierung gem. §§ 1, 2 Nr. 5 ff., § 3 Abs. 2 AGG dar. Das OVG entschärfte auch dieses Argument: Der Ausschluss der Antragsbefugnis knüpft an die fehlende Eigenschaft als Kfz-Führer an, was bei Personen jedweden Alters vorliegen kann und diese danach unterschiedslos von der Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung eines Halteverbots ausschließt.
Ergebnis
Das Gericht lehnte den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab.