15.02.2018

Flüchtlingsunterbringung: Verlieren Grundstücke an Wert?

Muss die Bauaufsicht einschreiten und die Nutzung von zwei Wohnhäusern zur Unterbringung von Flüchtlingen untersagen, weil die Nachbarn fürchten, ihre Grundstücke würden deswegen an Wert verlieren (VGH München, Beschl. vom 29.12.2017, Az. 9 ZB 16.1480)?

Flüchtlingsunterbringung Wertminderung Grundstücke

Auf dem benachbarten Grundstück von zwei Hauseigentümern zogen 14 Flüchtlinge ein. Diese wohnen dort auf einer Fläche von 300 m². Die Nachbarn klagten vor dem Verwaltungsgericht Ansbach gegen die Nutzung der Wohnhäuser auf dem angrenzenden Anwesen und verwiesen auf „Lärmexzesse“, die von den Bewohnern ausgingen. Sie verlangten von der Bauaufsicht, die Nutzung der Wohnhäuser durch Flüchtlinge zu untersagen und argumentierten, wegen deren Unterbringung würde sich der Wert ihrer Grundstücke verringern.

Das VG Ansbach wies die Klagen ab.

Entscheidungsgründe

  • Die von einer baulichen Anlage ausgehenden Störungen und Belastungen sind nur insoweit auf ihre Nachbarverträglichkeit zu prüfen, als sie typischerweise bei der bestimmungsgemäßen Nutzung auftreten und von bodenrechtlicher Relevanz sind.
  • Bei einer Unterbringung von 14 Asylbewerbern in zwei Wohnhäusern kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Häuser eine unzumutbare Lärmbelästigung für die Nachbarn entstehen kann.
  • Die von den Nachbarn geschilderten „Lärmexzesse“ überschreiten durchaus die bestimmungsgemäße Nutzung eines Wohnhauses. Bei solchen Rechtsverletzungen müssen aber primär die verantwortlichen Personen als Verhaltensstörer von der Ordnungsbehörde zur Verantwortung gezogen werden.
  • Die von den Nachbarn behauptete Wertminderung ihres Grundstücks als Folge der Nutzung eines anderen Grundstücks bildet für sich keinen Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens. Ein allgemeiner Rechtssatz, dass der Einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu bleiben, besteht nicht.
  • Auch aus der von ihnen behaupteten menschenunwürdigen Unterbringung der Flüchtlinge allein können die klagenden Nachbarn kein Abwehrrecht herleiten.

Ergebnis

Die Klage der Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Nutzung der Wohnhäuser als Flüchtlingsunterkünfte wurde abgelehnt.

Das Urteil ist abrufbar unter http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2017-N-138469?hl=true

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)