31.01.2019

Befahren eines Gehwegs: Keine Ausnahmegenehmigung

Das VG Dresden hat die Klagen zweier Anwohner auf die Verpflichtung der Verkehrsbehörde abgelehnt, ihnen eine Ausnahmegenehmigung zum Befahren des Gehwegs mit Kraftfahrzeugen zu erteilen (VG Dresden, Urteile vom 09.01.2019, Az. 6 K 1025/17 und 6 K 1585/18).

Befahren eines Gehwegs

Zwei Anwohner können ihre Wohngrundstücke nur über einen Gehweg erreichen. Dieser Gehweg ist u.a. auch als Teil des sächsischen Weinwanderwegs ausgewiesen. Jahrzehntelang wurde von der Stadt geduldet, dass der Weg kurzzeitig (z.B. zum Be- und Entladen) durch die Anwohner befahren wurde. 2014 wurde dies jedoch durch den Einbau von Sperrpfosten unterbunden. Anträge auf Ausnahmegenehmigungen lehnte die Straßenverkehrsbehörde danach ab.

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Anwohner wollen Gehweg befahren

Zwei Anwohner erhoben Klage mit dem Ziel, die Behörde zu verpflichten, ihnen die begehrte Ausnahmegenehmigung zu erteilen und die Sperrpfosten zu entfernen.

Eine der Klageparteien machte geltend, dass ein dringendes Bedürfnis bestehe, das Grundstück mit dem PKW anfahren zu können, weil es der 80-jährigen, auf den Rollstuhl angewiesenen Bewohnerin nur auf diese Weise möglich sei, das Haus allein mithilfe ihres Ehemanns zu verlassen. Derzeit müsse sie für notwendige Arztbesuche einen Fahrdienst in Anspruch nehmen, der sie über den gesperrten Weg mit einem Tragestuhl zum Auto bringe. Ein spontanes Verlassen des Hauses sei ihr nicht möglich. Der Weg sei nicht stark von Fußgängern frequentiert, es bestünden an allen Stellen Ausweichmöglichkeiten, zudem habe es über Jahre keine Probleme gegeben. Für die ebenfalls als Kläger auftretenden Nachbarn des Ehepaars wurde vorgetragen, dass man u.a. wenigstens im Grundstück tätigen Handwerkern im Bedarfsfall eine Zufahrt ermöglichen wolle, um ihnen Materialtransporte über den Fußweg zu ersparen.

Das Verwaltungsgericht hat den Klagebegehren nicht stattgegeben.

Gründe gegen das Befahren eines Gehwegs

Ausnahmegenehmigung nur in dringenden Einzelfällen

Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 StVO steht im pflichtgemäßen Ermessen der Straßenverkehrsbehörde. Dieses Ermessen wird durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung gelenkt, nach der die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nur in besonders dringenden Einzelfällen zulässig ist.

Ein dringender Fall in diesem Sinne ist nur dann gegeben, wenn unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die geltend gemachten privaten Gründe das mit dem Verbot verfolgte öffentliche Interesse deutlich überwiegt. Zudem darf die Erteilung der Genehmigung nicht zu einer Gefährdung anderer Straßenverkehrsteilnehmer führen.

Ermessensentscheidung

Das Gericht überprüft in einem solchen Fall nur die Ermessenserwägungen der Behörde und darf keine eigene Ermessensentscheidung treffen. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat die Beklagte, unter Hinweis auf die mit den örtlichen Verhältnissen einhergehende Gefährdungssituation im Fall einer Begegnung zwischen Fußgänger und Fahrzeug sowie unter Berücksichtigung der individuellen Situation beider Klageparteien, rechtlich nicht zu beanstandende Ermessensentscheidungen getroffen. Die Stadt hat insbesondere alle abwägungsrelevanten Belange in die Ermessensentscheidung eingestellt und gegeneinander abgewogen.

Verkehrsordnungswidriges Befahren begründet kein Gewohnheitsrecht

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Kläger den fraglichen Weg bereits seit Jahren regelmäßig mit Kraftfahrzeugen befahren haben. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Straßenverkehrsbehörde bereits vor dem Jahr 2014 davon Kenntnis gehabt und eine solche Nutzung geduldet hat. Allein das regelmäßige, jahrelange verkehrsordnungswidrige Befahren eines Fußwegs begründet kein Gewohnheitsrecht und auch kein schutzwürdiges Vertrauen, zumal der Weg bereits seit dem Jahr 1980 als Fußweg gewidmet und auch entsprechend beschildert gewesen ist.

Hinweis: Anträge auf Zulassung der Berufung möglich

Gegen die Entscheidungen können die Beteiligten binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe Anträge auf Zulassung der Berufung durch das OVG Bautzen stellen.

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Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)