Anordnung des Leinenzwangs bei unklarem Sachverhalt?
Geht von freilaufenden großen Hunden eine Gefahr aus, die einen Leinenzwang rechtfertigt? Nachdem das VG München diese Frage bejaht hatte, musste der VGH München entscheiden (Beschl. vom 03.04.2025, Az. 10 ZB 25.205).
Zuletzt aktualisiert am: 23. Mai 2025

Bestrittener Beißvorfall
Der große Schäferhund „Barney“ riss sich beim Vorbereiten des Morgenspaziergangs los und verließ das Grundstück seines Halters, um einen auf der Straße vorbeilaufenden Hund anzugreifen. Beim Versuch der Besitzerin des angegriffenen Hundes, ihren Hund zu schützen, wurde sie nach ihrer Darstellung von „Barney“, der weder durch den Halter noch durch dessen Ehefrau abrufbar war, in die Hand gebissen. Die verletzte Frau wurde zunächst im Krankenhaus und dann ambulant mehrere Tage behandelt.
Nach erfolgter Anhörung verpflichtete die Ordnungsbehörde den Hundehalter, Barney befristet für ein Jahr auf allen öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr innerhalb bewohnter Gebiete landesweit nur noch an einer reißfesten, schlupfsicheren und maximal 1,5 m langen Leine auszuführen. Zudem war sicherzustellen, dass diese Verpflichtung auch von Dritten erfüllt wird, die mit dem Betreuen und Ausführen des Hundes beauftragt werden. Diese Personen müssen hierfür zuverlässig und körperlich hinreichend befähigt sein, den Hund zu kontrollieren.
Der Halter klagte gegen die Verfügung und bestritt den Beißvorfall.
Geht von großen Hunden stets eine Gefahr aus?
Rechtsgrundlage für die Anordnung ist das Landeshundegesetz (hier: Art. 18 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 Satz 1 LStVG Bayern), entschied die Vorinstanz VG München mit Urteil vom 21.11.2024, Az. M 22 K 23.2712. Danach können die Gemeinden zum Verhüten von Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum Anordnungen für den Einzelfall zum Halten von Hunden treffen. Eine solche Anordnung setzt eine konkrete Gefahr für die genannten Schutzgüter voraus, befand das VG und führte weiter aus, große Hunde, die auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei herumlaufen, stellen stets eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter dar, auch wenn es in der Vergangenheit noch nicht zu konkreten Beißvorfällen gekommen ist. Unabhängig davon liegt eine konkrete Gefahr immer dann vor, wenn es bereits zu einem Beißvorfall oder sonstigen Schadensfall durch einen Hund gekommen ist. Von dieser Grundannahme kann abgewichen werden, wenn nicht dargelegt werden kann, dass eine Wiederholung auch ohne Erlass einer Anordnung auszuschließen ist.
Welches Mittel kommt in Betracht?
Das Anordnen des Leinenzwangs für einen großen Schäferhund ist auch schon ohne Beißvorfall grundsätzlich das Mittel der Wahl, befand das VG München. Der VGH München bestätigte diese Entscheidung in vollem Umfang und fügte an, die Anordnung einer ausbruchsicheren Einfriedung des Grundstücks des Halters ist kein milderes Mittel gegenüber dem befristet angeordneten Leinenzwang.
Ergebnis
Die Klage des Hundehalters wurde in beiden Instanzen abgewiesen.