27.12.2016

Abbrennen von Feuerwerk: Ist ein Verbot durch die Gefahrenabwehrverordnung möglich?

Eine Stadt in Hessen verbot in einer Gefahrenabwehrverordnung das Abbrennen von Feuerwerk. Ein gewerblich tätiger Feuerwerker klagte gegen das Verbot (VGH Kassel, Urteil vom 13.05.2016, Az. 8 C 1136/15.N).

Ist ein Verbot durch die Gefahrenabwehrverordnung möglich?

Zum Schutz der Bevölkerung vor Lärmbelästigung beschloss die Stadtverordnetenversammlung einer Stadt in Hessen, die Gefahrenabwehrverordnung (in einigen Bundesländern: Polizeiverordnung) zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch einen neuen § 7 zu ergänzen.

Die Vorschrift lautet:

„§ 7 – Abbrennen von Feuerwerken

(1) Das Abbrennen von Feuerwerken ist vom 2.1. bis 30.12. im gesamten Gemarkungsgebiet der Stadt xxx untersagt.

(2) Ausnahmen für das Abbrennen eines Feuerwerks der Kategorie 2, 3 oder 4 in der Zeit vom 2.1. bis 30.12. können durch die Verwaltungsbehörde für die nachfolgend genannten öffentlichen Veranstaltungen zugelassen werden für

  1. das GKC Sommernachtsfest und
  2. das Sommerfest des Rheingau Musik-Festival.

Die Ausnahmen sind entsprechend den Regelungen des § 23 der 1. VO zum Sprengstoffgesetz (SprengV) zu beantragen.“

Der Inhaber eines Unternehmens, das das Abbrennen von Feuerwerk anbietet, stellte vor dem VGH Kassel einen Normenkontrollantrag zur Prüfung der Vorschrift.

 Die Entscheidung des Gerichts

  • Die Voraussetzungen zum Erlass einer Gefahrenabwehrverordnung ergeben sich aus § 74 HSOG (bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Vorschrift).
  • Gefahrenabwehrverordnungen enthalten Gebote oder Verbote, die zur Gefahrenabwehr erforderlich sind (§ 71 HSOG bzw. entsprechende landesrechtliche Vorschrift).
  • Vorschriften des Bundes- oder des Landesrechts, in denen die Gefahrenabwehr und die weiteren Aufgaben besonders geregelt sind, gehen diesem Gesetz vor (§ 3 Abs. 1 Satz 2 und 3 HSOG bzw. entsprechende landesrechtliche Vorschrift).
  • Das SprengG betrifft sowohl den gewerblichen als auch den nicht gewerblichen Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen. Es regelt auch deren Verwendung und erfasst damit das Abbrennen von Feuerwerken.
  • Durch diese bundesrechtlichen Vorschriften ist der Umgang mit Feuerwerk hinsichtlich der damit einhergehenden Explosionsgefahren sowie der damit verbundenen Lärmimmissionen als feuerwerkspezifischer Gefahren abschließend und mit Sperrwirkung für den Landesgesetzgeber geregelt.
  • Nach Art. 71 GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes nur, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetz ausdrücklich ermächtigt werden. Das Sprengstoffrecht ist gem. Art. 73 Abs. 1 Nr. 12 GG Gegenstand der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes. Das vom Bund erlassene Sprengstoffgesetz enthält keine Ermächtigung der Länder zu gesetzlichen Regelungen, insbesondere keine Verordnungsermächtigungen im Bereich des Sprengstoffrechts.
  • Somit ist es einer Gemeinde nicht gestattet, das Abbrennen von Feuerwerk in einer Gefahrenabwehrverordnung zu regeln.
  • Unabhängig davon sind auch die materiellen Voraussetzungen für das umfassende Verbot des § 7 Abs. 1 der Gefahrenabwehrverordnung nach § 71 HSOG nicht erfüllt. Voraussetzung für den Erlass einer solchen Verordnung ist das Vorliegen einer abstrakten Gefahr. Eine solche liegt vor, wenn bei generalisierender Betrachtung aus Handlungen und/oder Zuständen nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit konkrete Gefahren eintreten können.
  • Die vom Verbot miterfassten modernen Feuerwerkskörper der Kategorien 2–4 sind indes nur solche, die unter Lärmschutzgesichtspunkten keine Gesundheitsgefahr darstellen. Feuerwerkskörper dieser Kategorien begründen keine Gesundheitsgefahr, sondern lediglich eine Belästigung. Belästigungen stellen aber grundsätzlich noch keine abstrakte Gefahr dar, die den Erlass einer Gefahrenabwehrverordnung rechtfertigt.

Ergebnis

Den Kommunen ist es nicht gestattet, über die abschließenden Regelungen des bundesrechtlichen Sprengstoffrechts hinaus weitere Regelungen in Gefahrenabwehrverordnungen zu erlassen.

Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis

Dem Normenkontrollantrag wurde stattgegeben und § 7 Gefahrenabwehrverordnung für unwirksam erklärt.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)