21.11.2017

Zweifel am Tod von Angehörigen?

Als Folge einer psychischen Erkrankung glaubte eine Frau, dass ihre vor Jahren verstorbene Angehörigen, ihre Mutter und ihr Bruder, nicht wirklich tot seien. Sie befürchtete, dass sich in der Grabstelle fremde Leichname befänden und beantragte, die Gräber zu öffnen, um Gewissheit zu haben. Ohne Erfolg. Die Frau erhob daraufhin Klage vor dem Verwaltungsgericht München.

Friedhof

Wer ist im Grab?

2004 war die Mutter, 2006 der Bruder der Frau in einer Grabstelle für zwei Erdbestattungen beerdigt worden. 2011 erklärte die Klägerin ihren Bruder als vermisst und bat, die Todesbestätigung aufzuheben. Nachdem sie 2006 erfolglos versucht habe, ihren Bruder wiederzubeleben, sei der Notarzt gerufen worden. Die Hausärztin habe zwar den Tod bescheinigt und der Bestatter ihn abgeholt, aber ihr Bruder sei nach seiner Beerdigung gesehen worden.

Die zuständige Gemeinde leitete den Vorgang 2012 an das Gesundheitsamt weiter. Dieses ging nach den Äußerungen der Klägerin, dass ihr Bruder gegen seinen Willen irgendwo festgehalten werde, davon aus, dass sie an einer wahnhaften Störung leide und regte eine Betreuung an.

2013 meldete die Klägerin zusätzlich ihre Mutter als vermisst. Auch sie sei gesehen worden.  Als Grabsorgeberechtigte beantragte sie, das Grab zu öffnen – ohne Erfolg. Der für sie bestellte Betreuer erhob daraufhin Klage.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab.

Störung der Totenruhe

Zwar sei nach der Friedhofssatzung der jeweils „Nutzungsberechtigte“ antragsberechtigt, also wohl auch der Grabnutzungsberechtigte. Da aber durch das Öffnen des Grabes auch die Totenruhe gestört werde, müsse die Klägerin auch (allein) totenfürsorgeberechtigt sein. Die Klägerin habe zusammen mit ihren noch lebenden Geschwistern das Recht auf Totenfürsorge. Weil ihre Schwester der Graböffnung nicht zugestimmt habe, könne die Klägerin die Graböffnung nicht verlangen.

Außerdem läge kein wichtiger Grund für die Graböffnung vor. Ein solcher wäre gegeben, wenn ausnahmsweise das Interesse an ihr die durch Art. 1 GG geschützte Totenruhe überwiege. Es gäbe keine berechtigten Zweifel am Tod der Angehörigen. Ein wichtiger Grund, das Grab zu öffnen, läge nicht vor, wenn die Behauptung der Klägerin, ihre Angehörigen seien noch am Leben, krankheitsbedingt sei. Die Klägerin müsse ihre Erkrankung durch Medikamente oder Psychotherapie behandeln, nicht durch die Graböffnung zum Nachteil der durch Art. 1 GG geschützten Totenruhe. Es läge also kein wichtiger Grund gemäß § 10 der Friedhofssatzung dafür vor, das Grab zu öffnen.

VG München, Urteil vom 01.12.2016, M 12 K 16.3936

Mehr zum Thema „Bestattung“ finden Sie im Werk Friedhofs- und Bestattungswesen.

Autor*in: Astrid Hedrich (Rechtsanwältin und Dozentin in Augsburg. Beschäftigt sich mit Wirtschaftsrecht.)