06.12.2022

Besondere Ausgleichsregelung 2023: Was bringt das neue EnFG?

2023 wird sich das System der Abgaben und Umlagen im Energiebereich grundlegend ändern. Schuld daran: unter anderem das neue Energiefinanzierungsgesetz (EnFG). Mit dem neuen EnFG erhalten die KWKG-Umlage und Offshore-Netz-Umlage eine neue, vereinheitlichte Rechtsgrundlage. Es verändert auch die Voraussetzungen, die die Anträge zur Reduzierung der Umlagenhöhe (Besondere Ausgleichsregelung 2023) erfüllen müssen. Damit ist es für die stromintensive Industrie höchst relevant.

In Kürze: was sich bei den Energieumlagen 2023 ändert

Die EEG-Umlage, bislang auf null reduziert, entfällt zum 01.01.2023 gänzlich. Die Kosten für den Ausbau Erneuerbarer Energien werden dann vollständig durch den Bundeshaushalt gedeckt. Weitere Umlagen wie die KWKG-Umlage oder die Offshore-Netz-Umlage bleiben zwar bestehen, finden sich nun aber in einem eigenen neuen Gesetz geregelt, dem Energiefinanzierungsgesetz (früherer Name: Energie-Umlagen-Gesetz).

Diese zwei Umlagen werden nur noch für die Stromentnahme aus dem Netz erhoben! Auf Eigenverbräuche und Direktbelieferungen ohne Nutzung des öffentlichen Netzes fallen damit keine teuren Umlagen mehr an. Alle Eigenversorger können also aufatmen. 

Das neue Energiefinanzierungsgesetz (EnFG) schafft zudem erstmals einen Rahmen für die Förderung von Grünem Wasserstoff als neue Zukunftstechnologie. Umlagenbegrenzungen, von denen Unternehmen profitieren – etwa die Besondere Ausgleichsregelung – bleiben in veränderter Form bestehen und werden ebenfalls ins Energiefinanzierungsgesetz überführt. Außerdem finden sich nun Vorgaben zum Messen und Schätzen von Drittmengenverbräuchen oder sanktionierte Meldepflichten im Energiefinanzierungsgesetz.

Das Energiefinanzierungsgesetz soll so Umlagen im Stromsektor vereinfachen und vereinheitlichen. Das ist gelungen. Die gebündelten Regelungen zu Abgaben und Umlagen erleichtern den Überblick und das Antragsverfahren wird für einige Unternehmen deutlich einfacher.

Die neue Besondere Ausgleichsregelung ab 2023

Die Besondere Ausgleichsregelung umfasst nun eine reduzierte KWKG-Umlage und eine reduzierte Offshore-Netz-Umlage. Die EEG-Umlage gibt es ja seit Januar 2023 nicht mehr. Wie bislang muss sich ein Unternehmen in einer von zwei Branchenlisten wiederfinden, um überhaupt von der Umlagebegrenzung profitieren zu können.

Höhe der Umlagenbegrezung

Neu ist die Höhe der Umlagebegrenzung. Branchen der Liste 1 zahlen nur 15 Prozent der Umlage, Branchen der Liste 2 25 Prozent. Für Unternehmen in Liste 2 gilt allerdings eine Besonderheit: Wenn sie ihren Strom in besonderer Weise aus erneuerbaren Energien decken, können sie sich, wie die Liste-1-Branchen, von einer Umlagebegrenzung in Höhe von 15 Prozent freuen.

Weniger Branchen als bisher profitieren

Etwa 100 Branchen weniger als bisher dürfen Anträge auf die Besondere Ausgleichsregelung stellen. Für sie soll es eine Übergangsregelung bis 2028 geben und es bleibt ihnen eine Härtefallregelung.

Stromkostenintensität entfällt

Eine weitere wichtige Neuerung: Die Stromkostenintensität entfällt als Voraussetzung dafür, dass Unternehmen weniger Umlagen zahlen. Somit können nun die Unternehmen, deren Stromkostenintensität bislang nicht für eine Umlagebegrenzung ausgereicht hat, jetzt eventuell doch von dieser profitieren.

Der Wegfall der Stromkostenintensität erleichtert auch das Antragsverfahren erheblich: Eine Wirtschaftsprüferbescheinigung ist künftig nur noch dann erforderlich, wenn Unternehmen von der Deckelung der Umlagebelastung über Cap bzw. Super Cap Gebrauch machen wollen.

Unternehmen sollten prüfen, ob Sie angesichts dieser Änderungen von der Besonderen Ausgleichsregelung Gebrauch machen können und welche finanziellen Potenziale durch die Neueinstufungen möglich sind.

Energieeffizienz als neue Voraussetzung für eine Umlagenbegrenzung

Neue Bedingung für eine reduzierte Umlage: der Nachweis über besondere Anstrengungen zur Verbesserung der Energieeffizienz. Dieser Nachweis gilt zum Beispiel als erbracht, wenn ein Unternehmen alle wirtschaftlichen Maßnahmen, die im Energiemanagementsystem hinterlegt wurden, durchgeführt hat, oder wenn es im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 50 % des für das zweite Antragsjahr gewährten Begrenzungsbetrags für Maßnahmen aufgewendet hat.

Ist ein Nachweis in dieser Form nicht möglich, kann das Unternehmen auch seinen Strombedarf zu mindestens 30 Prozent mit Grünstrom decken. Alternativ investiert es in Maßnahmen zur Dekarbonisierung seines Produktionsprozesses.

Unveränderte Voraussetzungen für den Antrag zur Besonderen Ausgleichsregelung

Zwingende Voraussetzung, um von der Umlagenbegrenzung profitieren zu können, ist nach wie vor der Verbrauch von mindestens 1 GWh Strom an der zu begrenzenden Abnahmestelle. Auch ein Umwelt- oder Energiemanagementsystem (bzw. eines alternativen Systems zur Verbesserung der Energieeffizienz) bleibt weiterhin wichtig. Die Antragsstellung hat unverändert bis zum 30.06. eines Jahres für das Folgejahr beim BAFA zu erfolgen.

Weitere Neuerungen beim Antragsverfahren

Die Antragsfrist war bislang als „materielle Ausschlussfrist“ geregelt. Wurde also eine Angabe oder Unterlage nicht fristgerecht eingereicht, erlosch der Anspruch auf Umlagebegrenzung. Diese Regelung als „materielle Ausschlussfrist“ entfällt ab 2023. Künftig wird die Wirtschaftsprüferbescheinigung relevant für die Ausschlussfrist sein, die zur Inanspruchnahme von Cap bzw. Super Cap vorgelegt werden muss. Außerdem wurden die Regelungen für die Antragstellung von neu gegründeten Unternehmen modifiziert.

Neue Mitteilungspflichten

Wenn ein Unternehmen sich von Teilen oder der gesamten Umlage befreien lassen möchte, muss es dies gegenüber seinem zuständigen Netzbetreiber angeben.

Folgende Informationen müssen Unternehmen ihrem Netzbetreiber im jeweiligen Kalenderjahr bis zum 31. März zukommen lassen:

  1. die Entnahmestellen, an denen Netzentnahmen mit verringerten Umlagen anfallen,
  2. die Letztverbraucher, zu deren Verbrauch die Netzentnahme mit verringerter Umlagenpflicht erfolgt,
  3. den Grund, weshalb die Umlagen verringert sind, und
  4. die aus dem Netz entnommenen Strommengen jeweils aufgeschlüsselt nach den Entnahmestellen, Letztverbrauchern und Gründen nach den Nummern 1 bis 3.

Mitteilen müssen Unternehmen außerdem, ob sie sich in Schwierigkeiten befinden und ob offene Rückforderungsansprüche bestehen aufgrund eines Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Europäischen Binnenmarkt.

Messen und Schätzen

§ 46 Abs. 1 EnFG verdeutlicht noch einmal den Zusammenhang zwischen der Besonderen Ausgleichsregelung, Strommessungen und -schätzungen:

Strommengen, für die Umlagen zu zahlen sind, sind durch mess- und eichrechtskonforme Messeinrichtungen zu erfassen. Wenn für Strommengen nur anteilige oder keine Umlagen zu zahlen sind, sind diese Strommengen von Strommengen, die einer Pflicht zur Zahlung einer Umlage in anderer Höhe unterliegen, durch mess- und eichrechtskonforme Messeinrichtungen abzugrenzen.

Wenn dies aus bestimmten Gründen nicht möglich ist, sind Schätzungen erlaubt, die wiederum bestimmte Bedingungen erfüllen müssen.

Weitestgehend wurden die bisherigen Regelungen zum Messen und Schätzen auch in das EnFG aufgenommen. Deshalb können Sie für die Zurechnung geringfügiger Stromverbräuche Dritter weiterhin den Leitfaden zum Messen und Schätzen der BNetzA verwenden.

Für die Bewertung, ob eine Abgrenzung von Strommengen durch mess- und eichrechtskonforme Messeinrichtungen wirtschaftlich zumutbar ist, sollen Unternehmen künftig die Summe der nach dem EnFG erhobenen Umlagen ins Verhältnis zueinander setzen. Somit wird berücksichtigt, dass die EEG-Umlage  entfallen ist.

Darüber hinaus ist nach der Gesetzesbegründung künftig entscheidend, dass die Zeitgleichheit der Netzentnahme und des vom relevanten Letztverbraucher privilegierten Letztverbrauchs sichergestellt ist. Dies hat weiterhin durch eine mess- und eichrechtskonforme vierstundenscharfe Messung der Netzentnahme und des abgrenzungsbedürftigen Ist-Verbrauchs zu erfolgen, wenn das Zeitgleichheitserfordernis nicht schon auf anderem Wege, z.B. durch eine Arbeitszählung, erfüllt werden kann.

Autor*in: WEKA Redaktion