17.12.2015

Kommunikation im Einkauf: Am Telefon gelten andere Regeln

Der Vergleich zweier Gesprächssituationen, die sich nur dadurch unterscheiden, dass sie einmal am Telefon und einmal von Angesicht zu Angesicht stattfinden, zeigt, wie groß die Unterschiede in solchen Situationen sein können. Sie führen ein telefonisches Gespräch mit einem potenziellen Lieferanten. Es geht Ihnen darum, dass Sie mehr Hintergrundinformationen zu einer von Ihnen gestellten Anfrage erhalten. Welche Fragen über den Gesprächspartner bzw. das Unternehmen würden Ihnen wohl während des Telefonats durch den Kopf gehen?

Einkauf: Kommunikation am Telefon hat andere Regeln

Interpretationen anstatt Informationen

Fragen, die bei einem direkten Kontakt auftreten, werden meistens sofort durch Handlungen, Gestik und Mimik des  Gesprächspartners beantwortet. Während eines Telefonats ist bei der Kommunikation alles anders.

Durch das Fehlen der visuellen Signale erhalten Sie auf die meisten Fragen, die Sie sich stellen, keine direkte Antwort. Dadurch rücken diese Fragen auch stärker in Ihr Bewusstsein. Da Ihnen aber keine sichtbaren Informationen zu Ihren Fragen vorliegen, bleibt Ihnen nur die Möglichkeit, eine Antwort zu interpretieren.

Auch der Einkaufsmitarbeiter sollte „telefonieren“ trainieren

Es ist für Sie als Einkaufsprofi besonders wichtig, dass Sie Ihr Ohr als einzigen „Empfängerkanal“ und die Sprache und Stimme als „Sendekanal“ so trainieren, dass Sie diese auch professionell einsetzen können.

Viel zu wenige  Einkaufsmitarbeiter nehmen bisher an Trainingsmaßnahmen teil, die sich mit Telefonkommunikation beschäftigen.  Immer wieder trifft man nahezu ausschließlich auf Vertriebsmitarbeiter in solchen Qualifizierungsmaßnahmen.

Informationen bleiben verborgen

Viele Informationen, die für eine geschickten Gesprächsführung hilfreich sein könnten, bleiben bei einem Telefonat für  Sie einfach unsichtbar.

  • Sie können beispielsweise nicht erkennen, ob der Zeitpunkt des Telefonats für Ihren Gesprächspartner günstig ist.  Deshalb ist die Frage danach mehr als gerechtfertigt.
  • Sie können die Interessenlage des Gesprächspartners an Ihnen nur über die Antworten identifizieren. Veränderungen in der Gestik und Mimik bleiben Ihnen verborgen.
  • Sie haben nur mit Aufwand die Möglichkeit, am Telefon Bildmaterial im Dialog einzusetzen. Sie müssen deshalb verständlicher erklären.
  • Sie können Ihre äußere Erscheinung nicht zur Beeinflussung des Gesprächspartners einsetzen.

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Das Telefon verändert den Eindruck über eine Person

Der Eindruck, den Sie im Telefonat erzielen, wird anders sein als der, den Sie hinterlassen, wenn Sie Ihrem  Gesprächspartner von Angesicht zu Angesicht gegenübersitzen.

  • Ihre Stimme als einzige Informationsquelle hinterlässt andere Eindrücke, als wenn Sie sich mit Ihrem Gegenüber direkt auseinandersetzen würden.
  • Weil Telefonate oft kürzer sind als direkte Gespräche, werden diese in Ihrer Bedeutung auch unterschätzt und mit der entsprechenden Konsequenz nicht so gründlich vorbereitet.

Der Anfang entscheidet über den Erfolg am Ende

Die Kunst, ein gutes Telefonat zu führen, beruht auf einem einfachen Prinzip: „handeln – und nicht sich behandeln  lassen“. Gleichgültig, wer anruft – es liegt an Ihnen, ob Sie das Gespräch führen. Ihr erster Satz kann über das  erfolgreiche Ende des Telefonats entscheiden. Geben Sie jedem Telefonat eine Chance, indem Sie offen beginnen!

Halten Sie das Telefonat von Beginn an unter Kontrolle

Nennen Sie Ihren Namen! Es gehört einfach zu einem guten Telefonstil. Nur „Ja“ und sonst nichts ist unhöflich dem  Gesprächspartner gegenüber. Es bietet dem Gesprächspartner außerdem die Möglichkeit, von Beginn an die Führung  des Telefonats zu übernehmen!

Auch am Telefon bestehen Nachrichten aus verschiedenen Signalen

Obwohl Sie während eines Telefonats Ihren Gesprächspartner nicht sehen, existieren trotzdem verbale und  non-verbale Signale. Allerdings beziehen sich die non-verbalen Signale dann ausschließlich auf die Art und Weise, die  Stimme zu gebrauchen.

Expertenrat

Egal was Sie sagen, Ihr Gesprächspartner hört auch, wie Sie es sagen!

Konsequenzen aus dem eigenen Telefonverhalten

Wenn Sie über ein Thema sprechen, teilen Sie in der Regel etwas Inhaltliches mit. Gleichzeitig vermittelt der Klang Ihrer Stimme auch etwas über Ihr Gefühl und Ihre Stimmungslage: Sie liefern Informationen darüber, wie gelangweilt,  motiviert oder enthusiastisch Sie sind.

Ihr Gesprächspartner wird diesen Teil der Information (speziell am Telefon) immer auf sich beziehen. Er wird sich seinen  Eindruck über Ihre Beziehung zu ihm machen. Alle nachfolgenden Handlungen sind dann direkt abhängig vom  Eindruck, den Sie am Telefon hinterlassen haben.

Am Telefon existieren andere Rahmenbedingungen der Kommunikation

Machen Sie sich klar, dass am Telefon andere Regeln der Kommunikation gelten.

  • Bestimmte Höflichkeitsformen wie der Händedruck oder ein nettes Lächeln zur Begrüßung sind nicht möglich.
  • Sie sollten deshalb auf andere Höflichkeitsformen mehr Wert legen, um den gleichen Effekt zu erzielen.
  • Die Einflussnahme auf das Gesprächsklima ist sehr eingeschränkt.
  • Sie können keine Getränke oder einen Platz anbieten, um sich eine positive Stimmung zu erarbeiten. Greifen Sie  deshalb auf andere Methoden zurück.
  • Sogenannte Schweigephasen werden zu Phasen, in denen der Informationsfluss sofort stoppt. Beide  Gesprächspartner sind deshalb stets bemüht, das Gespräch „am Laufen“ zu halten.
  • Telefonate finden in der Regel in einem engen Zeitfenster statt. Dadurch werden die Gespräche in sich schon  schneller.
  • Die Geschwindigkeit erzeugt Stress und dieser führt dazu, dass Sie Ihr persönliches Verhaltensmuster stärker zeigen  als in normalen Situationen.
  • Telefongespräche sind anonymer und das verführt zu einer geringeren Höflichkeit.
  • Sie müssen deshalb auch mit radikaleren Reaktionen Ihres Gesprächspartners rechnen.

Expertenrat

Achten Sie stets auf die Rahmenbedingungen, wenn Sie telefonieren. Versuchen Sie einmal, am Telefon eine gute  Stimmung zu erzeugen – besonders dann, wenn Sie etwas von Ihrem Lieferanten verlangen.

Orientierung am eigenen Wertesystem

Wenn Sie mit einem Lieferanten telefonieren, dann tun Sie das stets vor dem Hintergrund Ihrer beiden  unterschiedlichen Wertevorstellungen. Ihre persönlichen Erfahrungen prägen einen sogenannten Gesprächsfilter und  wenn sich Ihre Wahrnehmung stark von der Ihres Gesprächspartners unterscheidet, dann ist besondere Aufmerksamkeit notwendig.

Sie können nicht nicht kommunizieren – das gilt auch am Telefon

Sobald Sie ein Telefonat annehmen, liefern Sie unaufhörlich Informationen, die permanent von Ihrem Gesprächspartner interpretiert werden. Unabhängig davon, ob Sie sprechen oder schweigen, wird dies als Nachricht verstanden.  Insbesondere Schweigephasen am Telefon sind erklärungsbedürftig.

Tipp

Kündigen Sie Ihre Schweigephasen dem Gesprächspartner an und kommentieren Sie diese, um die Interpretationen  Ihres Gesprächspartners in eine von Ihnen gewollte Richtung zu lenken.

Die ersten Sekunden zählen

Durch Ihre Stimme und das, was Sie in den ersten fünfzehn Sekunden sagen, macht sich Ihr Gesprächspartner am  Telefon ein Bild von Ihnen. Es wird das Geschlecht und das Thema registriert, es wird aber auch Ihre Stimme analysiert.  Es entsteht vor dem geistigen Auge nach und nach ein Bild von Ihnen, dass Sie mit jedem weiteren Satz  vervollständigen. Sie produzieren durch Ihr Verhalten am Telefon auch Ihr eigenes Bild beim Lieferanten!

Expertenrat

Sie kündigen Ihre Schweigephase an und zwingen den Verkäufer dazu, sich Gedanken zu seiner Qualität zu machen!

Autor*in: Markus Lemme (Markus Lemme ist Berater und Trainer für die Bereiche Einkauf, Logistik und Verkauf.)