Keine Entscheidung zur Tariffähigkeit des DDN
Laut einem Sitzungsergebnis des Bundesarbeitsgerichts wurde festgestellt, dass, sofern ein Tarifvertrag auf einen anderen Tarifvertrag Bezug nimmt, die Regelungen des in Bezug genommenen Tarifvertrags inkorporierter Teil des verweisenden Tarifvertrags sind. Als solcher gelten sie unmittelbar und zwingend zwischen den an den Verweisungstarifvertrag gebundenen Parteien eines Arbeitsvertrags. Das gilt auch für den Fall, dass am Abschluss des in Bezug genommenen Tarifvertrags eine nicht tariffähige Partei beteiligt gewesen sein sollte.
Zuletzt aktualisiert am: 9. Oktober 2025

Klägerin ist Fachkrankenschwester im Krankenhaus der Diakonie
Im konkreten Fall ist die Beklagte, Betreiberin eines Krankenhauses, Mitglied des Diakonischen Werks der evangelisch-lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe. Diese ist an kirchenrechtliche Bestimmungen gebunden, die vorschreiben, dass deren Mitglieder zugleich Mitglieder im Diakonischen Dienstgeberverband Niedersachsen e.V. (DDN) sind. Der DDN hat u. a. den Tarifvertrag Diakonie Niedersachsen vom 19. September 2014 (TV DN) geschlossen. Die Beklagte betreibt das Krankenhaus seit Ende 2016 im Wege eines Betriebsübergangs. In diesem ist die Klägerin als Fachkrankenschwester im Herzkatheter-Labor beschäftigt und verantwortet damit Tätigkeiten einer Pflegefachkraft in einem Funktionsbereich.
Anspruch auf monatliche Zulage zum Tabellenentgelt
Seit der ab Mai 2019 geltenden Fassung gewährt Teil B Abschnitt I § 3 Abs. 1 TV DN eine monatliche Zulage zum Tabellenentgelt für „Arbeitnehmerinnen auf Arbeitsplätzen in der Pflege in Krankenhäusern“. Deren Zahlung beansprucht die Fachkrankenschwester mit der vorliegenden Klage. Sie ist der Ansicht, dass der Begriff des „Arbeitsplatzes in der Pflege“ auch Funktionsbereiche wie beispielsweise das Herzkatheter-Labor umfasse. Die Beklagte hingegen vertritt den Standpunkt, dass die Zulage nur an Pflegepersonal auf bettenführenden Stationen zu zahlen sei.
Zweifel an der Tariffähigkeit
Der Senat hat die Parteien darauf hingewiesen, dass wegen einer Zwangsmitgliedschaft im DDN Zweifel an der Tariffähigkeit des auf Arbeitgeberseite am Vertragsschluss beteiligten DDN und damit an der Wirksamkeit des TV DN bestehen könnten. Darauf ist der aus Anlass des Betriebsübergangs u.a. von der Beklagten sowie der Gewerkschaft ver.di, deren Mitglied die Klägerin ist, geschlossene Überleitungstarifvertrag vorgelegt worden. Dessen § 3 bestimmt, dass auf die übergehenden Arbeitsverhältnisse ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs die Bestimmungen des TV DN in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Darum konnte der Senat nicht mehr über die Frage der Tariffähigkeit des DDN befinden.
Regelungen sind aufgrund der Bezugnahme inkorporierter Teil des Tarifvertrags
Die Regelungen des TV DN sind aufgrund der Bezugnahme in § 3 des Überleitungstarifvertrags, an den die Parteien gemäß § 3 Abs. 1 TVG gebunden sind, inkorporierter Teil dieses Tarifvertrags. Als solcher gelten sie im Arbeitsverhältnis der Parteien unmittelbar und zwingend. Ob die Parteien daneben auch an den TV DN selbst gebunden sind, war daher nicht relevant. Die Klage hatte dennoch keinen Erfolg. Funktionsbereiche wie beispielsweise das Herzkatheter-Labor im vorliegenden Fall sind vom Begriff der „Arbeitsplätze in der Pflege“ i.S.v. Teil B Abschnitt I § 3 Abs. 1 TV DN nicht umfasst.
Der Senat hat am selben Tag in einem Parallelverfahren, das eine Fachkrankenschwester in der Anästhesie betraf, ebenso entschieden. In einem weiteren vom Senat am selben Tag entschiedenen Verfahren, in dem die Parteien über die Zahlung einer Team-/Gruppenleiterzulage nach dem TV DN stritten, kam es auf die Tariffähigkeit des DDN ebenfalls nicht an (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Juli 2025 – 6 AZR 172/24 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 20. Juni 2024 – 3 Sa 648/23).