16.03.2020

ISO 45001 OHS — Überblick

Der zurzeit weltweit gültige Standard für die Anforderungen an Arbeitsschutzmanagementsysteme war lange Zeit der britische Standard BS OHSAS 18001. Dieser wurde jedoch im Jahr 2018 ersetzt durch internationalen Standard ISO 45001 OHS. OHS steht dabei für „Occupational Health and Safety Management Systems Requirement“.

richtungswechsel
Neben den im Folgenden erläuterten Detailunterschieden zwischen der bisherigen OHSAS 18001 und der neuen ISO 45001 OHS besteht der wesentliche Unterschied darin, dass der grundlegende Aufbau der ISO 45001 OHS der sogenannten High Level Structure entspricht.
Allgemeines zur Struktur des ISO 45001 OHS
Die High Level Structure besteht aus folgendem grundlegenden Aufbau (Kapitel und Unterkapitel):
  1. Anwendungsbereich
  2. Normative Verweisungen
  3. Begriffe
  4. Kontext der Organisation

    1. Verstehen der Organisation und Ihres Kontextes
    2. Verstehen der Erfordernisse und Erwartungen von Beschäftigten und interessierten Parteien
    3. Festlegen des Anwendungsbereichs des A&GS-Managementsystems
    4. A&GS-Managementsystem
  5. Führung und Beteiligung der Beschäftigten

    1. Führung und Verpflichtung
    2. Arbeits- und Gesundheitsschutzpolitik
    3. Rollen, Verantwortlichkeiten und Befugnisse in der Organisation
    4. Konsultation und Beteiligung von Beschäftigten (nur in der ISO 45001 OHS zusätzlich vorhanden)
  6. Planung

    1. Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen
    2. (Qualitäts-, Umwelt-,) Arbeitsschutzziele und Planung zu deren Erreichung
  7. Unterstützung

    1. Ressourcen
    2. Kompetenzen
    3. Bewusstsein
    4. Kommunikation
    5. Dokumentierte Information
  8. Betrieb

    1. Betriebliche Planung und Steuerung
    2. Notfallplanung und Reaktion
  9. Bewertung der Leistung

    1. Überwachung, Messung, Analyse und Leistungsbewertung
    2. Internes Audit
    3. Managementbewertung
  10. Verbesserung

    1. Allgemeines
    2. Vorfall, Nichtkonformität und Korrekturmaßnahme
    3. Fortlaufende Verbesserung

Die Kapitel 1–3 stellen im Grunde allgemeine Informationen zum Unternehmen und zur jeweiligen rechtlichen Umgebung bereit.

Die weiteren Kapitel bilden den PDCA-(Plan-Do-Check-Act-)Zyklus ab.

Tabelle ansehen

Kapitel 3–8 (Teile)
Plan
Kapitel 8 (Teile)
Do
Kapitel 8 (Teile) und 9
Check
Kapitel 10
Act

Diese Struktur liegt auch den bereits früher erfolgten Überarbeitungen/Neustrukturierungen der ISO 9001 und 14001 zugrunde.

Diese Gleichheit des Grundaufbaus ist von besonderem Vorteil, wenn in einem Unternehmen bereits Managementsysteme für Qualität und/oder Umwelt existieren. In diesem Fall kann bevorzugt ein integriertes Managementsystem aufgebaut werden. Dabei können viele Abläufe und Dokumente – z.B. zur Beschreibung des Unternehmens und seiner Abläufe (Dokumentationsvorschriften, Change Management, …)

Wichtige Veränderungen durch die ISO 45001 OHS

Erster wichtiger Teil der neuen Regeln legt – in Beachtung der Regeln der ISO Organisation für die Entwicklung internationaler Managementsystemstandards – den Fokus auf den Unternehmenskontext. Das heißt, jedes Unternehmens muss sich in strukturierter Form darüber klar werden, in welcher – vor allem „rechtlicher“ – Umgebung es arbeitet und welche Anforderungen alle interessierten internen und externen Parteien an seine Arbeitssicherheitsleistung stellen.

Bei den interessierten Parteien handelt es sich insbesondere um:
  • Mitarbeiter und Führungskräfte des Unternehmens (insbesondere im Arbeits- und Gesundheitsschutz evtl. auch immer Angehörige mit betroffen)
  • Kunden und Lieferanten
  • Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden
  • Berufsgenossenschaften
  • Versicherungen

Zudem kann es – je nach Art des Unternehmens und seiner Produkte – bedeuten, dass sich das Unternehmen neben dem Arbeitsschutz der eigenen Arbeitnehmer auch mit den Arbeitsbedingungen entlang seiner gesamten Wertschöpfungskette beschäftigen muss. Arbeitsschutzrisiken können nicht einfach ausgegliedert werden. Daher müssen – so vorhanden – auch die Arbeitsbedingungen der für das Unternehmen vor Ort tätigen Dienstleister und Lieferanten berücksichtigt werden.

Eine weitere größere Änderung gegenüber dem bisherigen Stand betrifft die Rolle der obersten Leitung/des Topmanagements. Dieses muss sicherstellen, dass Arbeits- und Gesundheitsschutz zentrale Punkte des gesamten Managementsystems werden. Dies ist ohne ein starkes und dauerhaftes Engagement der obersten Leitung nicht erreichbar. Die oberste Leitung muss sich daher zur umfassenden Berücksichtigung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes bei allen Unternehmensentscheidungen entschließen – und durch die gesamte Unternehmenshierarchie hindurch umsetzen.

Darüber hinaus wird es erforderlich, dass das Unternehmen einen separaten Prozess schafft und unterhält, der die Chancen für die Verbesserung der Arbeitssicherheit identifiziert und deutlicher darstellt.

Weitere Details zu den Änderungen (Überblick)

Kapitel 4 – Kontext der Organisation

  • Dieses Kapitel ist inhaltlich stark an die ISO 14001:2015 angelehnt.

Kapitel 5 – Führung

  • Hier wird zusätzlich die Beteiligung der Arbeitnehmer gefordert, die von den Maßnahmen betroffen sind.

Unterkapitel 5.2 – Arbeits- und Gesundheitsschutzpolitik

  • Als – im Vergleich zu Forderungen aus der OHSAS 18001 – zusätzliche Punkte werden u.a. gesunde Arbeitsbedingungen gefordert (healthy working conditions) sowie die Steuerung und Beherrschung der vorhandenen Risiken gemäß der Maßnahmenhierarchie (STOP = Substitution, technisch, organisatorisch, persönlich).

Unterkapitel 5.3 – Rollen, Verantwortlichkeiten und Befugnisse in der Organisation

  • Mitarbeiter auf jeder Ebene der Organisation haben die Verantwortung für diejenigen Aspekte im Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementsystem zu übernehmen, über die sie Kontrolle haben.

Unterkapitel 5.4 – Beteiligung, Beratung und Vertretung

  • Dieses Unterkapitel ist in der High Level Structure nicht vorgesehen und z.B. in der ISO 9001:2015 und 14001:2015 nicht enthalten. Vor allem Regelungen zu Outsourcing, Einkauf und Vertragspartnern sind hier mit aufgenommen worden.

Unterkapitel 6.1.2.1 – Gefährdungserkennung

  • Über die bisherigen Anforderungen der OHSAS 18001 (Kap 4.3.1) hinaus werden jetzt explizit u.a. auch organisatorische und soziale Faktoren, Arbeitsbelastung, Arbeitszeiten, Führung und Unternehmenskultur als zu betrachtende Gefährdungen genannt.

Unterkapitel 6.2.2 – Planung von Maßnahmen zum Erreichen von Arbeits- und Gesundheitszielen

  • Es werden keine konkreten Unfall- oder Sicherheitskennzahlen vorgeschrieben. Es werden jedoch Indikatoren (KPI) gefordert, die überwacht werden müssen, einschließlich der Häufigkeit dieser Überwachung.

Unterkapitel 7.4 – Kommunikation

  • Im Gegensatz zur ISO 14001:2015 wird keine Festlegung für einen Kommunikationsprozess gefordert. Zudem gibt es keine Unterscheidung zwischen interner und externer Kommunikation.

Kapitel 8 – Betrieb

  • Im Vergleich zu den korrespondierenden Anforderungen der OHSAS 18001 (Kap 4.4.6) ist dieses Kapitel wesentlich umfangreicher geworden. Es unterteilt sich in weitere Unterkapitel.

Unterkapitel 8.1 – Betriebliche Planung und Steuerung

  • Hier werden u.a. ein Prozess zur Koordinierung von mehreren Firmen und Organisationen an einer Arbeitsstelle sowie ein Prozess zur Maßnahmenhierarchie gefordert

Unterkapitel 8.2 – Veränderungsmanagement

  • Sowohl andauernde als auch temporäre Veränderungen sind zu steuern.

Unterkapitel 8.3 – Outsourcing

  • Auch ausgelagerte Prozesse sind zu steuern (sofern sie Einfluss auf Arbeits- und Gesundheitsschutz haben können).

Unterkapitel 8.4 – Beschaffung

  • Es sind Festlegungen für die Beschaffung von z.B. Produkten, Gefahrstoffen oder Zubereitungen, Erzeugnissen, Rohmaterialien, Ausrüstung und Dienstleistungen zu treffen.

Die Inhalte/Anforderungen der Kapitel 9 und 10 sind aufgrund der Vorgaben der High Level Structure mit den Forderungen der ISO 14001:2015 grundsätzlich vergleichbar. Sie können daher weitgehend kopiert werden, falls ein Umweltmanagementsystem bereits besteht. Ansonsten ist dies wieder ein Grund, künftig bevorzugt integrierte Managementsysteme (Q + U+ A) zu erstellen und auch integriert zertifizieren zu lassen.

Autor*in: WEKA Redaktion