18.10.2022

Arbeitszeiterfassung nach dem neuen Mindestlohngesetz jetzt Pflicht

Seit dem 01.10.2022 sind die Vorschriften zur Arbeitszeiterfassung für geringfügig Beschäftigte in allen Branchen und für alle Beschäftigten in elf Branchen verschärft. Die Pflicht zur digitalisierten Erfassung wurde zwar im letzten Moment aus der Gesetzesvorlage entfernt; doch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Verbindung mit dem „Stechuhr-Urteil“ des EuGH kann weitere Gesetzesänderungen erforderlich machen.

Mann zeigt Uhr für Arbeitszeiterfassung

Seit Oktober dieses Jahres ist die neue Arbeitszeiterfassung in einigen Branchen Pflicht, insbesondere in der Bau- und Gastronomiebranche – so will es das „Zweite Gesetz zur Änderung im Bereich der geringfügigen Beschäftigung“. Die Arbeitszeit muss demnach vollständig dokumentiert werden, ansonsten drohen Bußgelder. Die neuen Regelungen im Detail:

Wer ist von den neuen Vorschriften zur Arbeitszeiterfassung betroffen?

Die Einführung der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung betrifft zunächst alle Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne von § 8 SGB IV geringfügig beschäftigen. Ausgenommen davon sind Privathaushalte. Die Regelungen gelten zusätzlich für alle Unternehmen und Beschäftigten, die in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannt sind. Betroffen sein können auch Unternehmen, die Leiharbeitnehmer beschäftigen.

Betroffene Branchen sind:

  • das Baugewerbe
  • das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
  • das Personenbeförderungsgewerbe
  • Betriebe im Bereich Transport, Spedition und Logistik
  • Prostitutionsbetriebe
  • das Wach- und Sicherheitsgewerbe
  • Schaustellerbetriebe
  • Gebäudereinigungen
  • Forstwirtschaftsbetriebe
  • Betriebe im Bereich Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen
  • Betriebe im Bereich Fleischwirtschaft

Welche Regelungen gelten nun zur Arbeitszeiterfassung?

Das sind die nun gültigen Regelungen:

  • Der Beginn und das Ende der Arbeitszeit muss für jeden Tag erfasst werden.
  • Ebenfalls ist die Dauer für jeden Arbeitstag zu erfassen.
  • Es sind keine Unterschriften erforderlich.
  • Da Pausenzeiten nicht zur Arbeitszeit gehören, sind sie herauszurechnen. Lage, Beginn und Ende der Pausen gehören nicht zur Aufzeichnungspflicht.
  • Die Dokumentation der Arbeitszeit muss spätestens am siebten Tag nach der erbrachten Arbeitsleistung erfolgen (eine Woche).
  • Für die korrekte Dokumentation ist der Arbeitgeber verantwortlich.
  • Die Dokumentation ist so bereitzuhalten, dass sie bei einer Kontrolle durch den Zoll unmittelbar vorzeigbar ist.
  • Ausgenommen von diesen Regelungen sind Minijobber im privaten Bereich

Hintergrund zur Neuregelung der Arbeitszeiterfassung

Hintergrund der Gesetzesänderung ist, dass die Arbeitszeit prinzipiell ein Hebel sein kann, um den Mindestlohn zu unterlaufen. So kann z.B. zwar der nominal geltende Mindestlohn gezahlt, dieser aber praktisch wieder abgesenkt werden, indem nicht alle geleisteten Stunden bezahlt wurden. Diese von einigen „schwarzen Schafen“ geübte Praxis soll mit der seit dem 01.10.2022 geltenden Vorschrift der Vergangenheit angehören.

Bußgelder drohen bei Nichteinhaltung

In § 16 Abs. 1 Nr. 17 AÜG wird der Ordnungswidrigkeitstatbestand erweitert. Eine Nichtumsetzung oder Verstöße gegen die Vorgaben zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten ab Oktober 2022 führen zu einer Ordnungswidrigkeit, welche durch die zuständige Aufsichtsbehörde mit einem Bußgeld geahndet wird.

BAG-Urteil: Arbeitszeiterfassung für alle Unternehmen

Die oben beschriebene Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gilt zunächst nur für Beschäftigte in den oben genannten elf Branchen sowie für geringfügig Beschäftigte aller Branchen. Allerdings hat ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts im September 2022 die Erforderlichkeit einer generellen Arbeitszeiterfassung betont:

„Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann“

heißt es in der Pressemitteilung des BAG (Urteil vom 13.09.2022, Az. 1 ABR 22/21). Die Auswirkungen dieses Urteils sind unklar; allerdings ist die Bundesregierung sowieso in der Pflicht, gemäß einem Urteil des europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 14.05.2019, Az. C-5/18, „Stechuhr-Urteil“) eine Vorschrift zur generellen Arbeitszeiterfassung zu erlassen – und zwar für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Entsprechend sollten Unternehmen weitere Änderungen im Bereich der Vorschriften zur Arbeitszeiterfassung einplanen.

Autor*in: Martin Buttenmüller