12.03.2015

Kennen Sie sich aus in Ihrer Prozesslandkarte?

Die Prozesslandkarte ist die grafische Darstellung der Hauptprozesse eines Unternehmens. Sie bildet die oberste Ebene der Unternehmensprozesse ab. Ist das Unternehmen durchgängig prozessorientiert aufgestellt, löst die Prozesslandkarte das klassische Organigramm ab, das in der Regel Unternehmensstrukturen abbildet, die auf hierarchischen Aufbauorganisationen beruhen und ohne Prozessmanagement auskommen. Die Prozesslandkarte ist für viele Unternehmen ein individuelles Markenzeichen, das an das Erscheinungsbild des Unternehmens (Corporate Identity) angeglichen ist. In der Praxis zeigen sich deshalb unterschiedliche grafische Darstellungsformen. In der Regel richtet sich die grafische Modellierung nach dem eingesetzten Modellierungswerkzeug. Eine beliebte Form der Darstellung sind Swimlane-Diagramme.

Prozesslandkarten werden oft mittels Swimlane-Diagrammen dargestellt.

Wozu dient eine Prozesslandkarte?

In dieser Übersichtskarte werden die Hauptprozesse in ihren Wechselwirkungen aufgezeigt. Die Entwicklung der Prozesslandkarte ist das erste Ergebnis beim Aufbau eines Prozessmanagements nach der Identifikation der Kern-, Support- und Managementprozesse. Sie ist außerdem die Basis für alle weiteren Aktivitäten zur Beschreibung, Modellierung und Optimierung der Teilprozesse.

Alle Prozessdokumentationen werden schrittweise von dieser Prozesslandkarte abgeleitet. Dadurch lassen sich Zusammenhänge und Wechselbeziehungen erkennen:

  • Zuerst werden für die Kern-, Management- und Supportprozesse alle zugehörigen Prozesse und Unterprozesse top-down beschrieben.
  • Für jeden Prozess werden formale Prozessbeschreibungen in einem Formblatt und Prozessmodelle durch visualisierte Prozessketten erstellt.
  • Anschließend werden zu den Prozessschritten konkrete Arbeitsanweisungen, Regelwerke, Formulare/Vordrucke und Checklisten hinzugefügt.

Dargestellt werden Geschäftsprozesse

Ein Geschäftsprozess ist eine Folge von Aktivitäten, die Kundenwünsche in ein Ergebnis umwandeln. Ein Prozess ist eine Abfolge von Prozessschritten, die wiederum in einzelne Tätigkeiten (Prozessschritte) heruntergebrochen werden können. Er beginnt mit einem klar definierten Startpunkt, dem Kundenwunsch oder der Anforderung des vorherigen Prozesses, und endet mit einem Ergebnis für den Folgeprozess zur Weiterverarbeitung oder mit dem Endprodukt für den Kunden. An den Schnittstellen zwischen Prozessende und Start des nächsten Prozesses fließt das Ergebnis oder Teilergebnis. Meistens sind Prozessstart und Input identisch. Zum Beispiel ist ein unterschriebener Kaufvertrag für den Auftragsabwicklungsprozess sowohl Startpunkt als auch ein wichtiger Input für die Abwicklung des Auftrags, da er relevante Informationen enthält. Beim Herstellungsprozess kann ein Kaufvertrag ein wichtiger Input sein, jedoch werden möglicherweise Materialien benötigt, die vom Einkaufsprozess geliefert werden. In diesem Fall wird der Prozessstart erst ausgelöst, wenn alle notwendigen Informationen und Materialien vorliegen.

Durch das Zusammenspiel von Mitarbeitern, Arbeitsmitteln und Informationen leistet der Prozess einen eindeutig bestimmbaren Wertschöpfungsbeitrag zum Gesamterfolg des Unternehmens.

Großer Maßstab: Nur die Hauptprozesse finden sich in der Prozesslandkarte

Für jeden Prozess werden der Prozessablauf, erforderliche Dokumente und Verantwortlichkeiten dokumentiert. Komplexe Prozesse lassen sich in mehrere Unterprozesse einteilen. Somit wird die Übersichtlichkeit gewährleistet. Detailinformationen können eine Ebene tiefer erfasst werden. Bei der Prozessdarstellung ist darauf zu achten, dass die Hierarchiestruktur nach unten offen bzw. erweiterbar ist. Die Festlegung des Detaillierungsgrads ist wichtig. Wird der Prozessbegriff zu eng gefasst, kann eine Vielzahl von Prozessen entstehen, die nicht mehr übersichtlich dargestellt werden können. Aus den übergeordneten Prozessen (Hauptprozessen) entsteht die Prozesslandkarte.

Managementprozesse stellen die Weichen

Managementprozesse steuern die Leistungserstellung. Sie definieren unternehmensweite Standards und legen Kontrollmechanismen für die Prozesse fest, um die Unternehmensziele zu erreichen. Üblicherweise zählt der Strategieentwicklungsprozess zur Kategorie der Managementprozesse, ebenso das Qualitätsmanagement.

Kernprozesse: Damit verdienen Sie Geld

Kernprozesse sind Wertschöpfungsprozesse. Sie schaffen einen direkten Kundennutzen und leiten sich aus der Kernkompetenz und den Zielen des Unternehmens ab.

Kernprozesse haben das oberste Ziel, produktive Tätigkeiten zu leisten. Anforderungen des Kunden an Produkte und Dienstleistungen werden durch diese Prozesse verarbeitet und dem Kunden als Endprodukte verkauft. Der geschaffene Mehrwert wird zu Einkommen.

In den Kernprozessen ist das gesamte Wissen über die Herstellung und die Bestandteile von Produkten und Dienstleistungen gespeichert. Mit einer hohen Qualität der Leistungserstellung kann sich das Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschaffen und einzigartige Produkte anbieten.

Richtlinien für die Anzahl von Kernprozessen im Unternehmen gibt es nicht. Ausschlaggebend ist die Komplexität des gesamten Unternehmens. In Großkonzernen mit verschiedenen Produktsparten und Tochtergesellschaften werden sowohl gesellschaftsübergreifende als auch geschäftsspezifische Kernprozesse vorkommen. Bei der Definition und Gestaltung von Prozessen ist darauf zu achten, dass die Prozesse inhaltlich abgegrenzt und nur wenige Überschneidungspunkte bzw. Schnittstellen vorzufinden sind. Bei Unternehmen mit einer schmalen Produktpalette oder gleichartigen Leistungen kann eine Begrenzung auf einen einzigen Kernprozess sinnvoll sein.

Marktwirksame Kernkompetenzen entstehen erst aus dem Zusammenspiel von Management-, Kern- und Supportprozessen.

Supportprozesse unterstützen bei der Wertschöpfung

Supportprozesse unterstützen die Leistungserstellung und haben deshalb nur einen indirekten Kundennutzen. Sie werden auch als Unterstützungsprozesse bezeichnet. Sie umfassen alle Aufgaben zur Bereitstellung der Unternehmensinfrastruktur sowie der notwendigen materiellen, finanziellen, informationellen und personellen Ressourcen. Sie sorgen dafür, dass die Kernprozesse qualitativ hochwertig und effizient ausgeführt werden können. Sie sind in der Regel nach außen nicht sichtbar. Da sie nur indirekt zur Wertschöpfung beitragen, können sie an externe Lieferanten ausgelagert werden, die auf diese Serviceleistungen als Kernkompetenz spezialisiert sind und preiswerter und schneller arbeiten können.

Was hat Einfluss auf Ihre Prozesslandkarte?

Der Aufbau einer Prozesslandkarte ist abhängig von folgenden Faktoren:

  • Kernkompetenz (Wissen, Unternehmenszweck)
  • Wettbewerbsstrategie (Kostenführerschaft oder Produktdifferenzierung)
  • Zielmärkte/Kundengruppen (unterschiedliche Anforderungen und Erwartungen von Privatkunden, Geschäftskunden)
  • Komplexität der Geschäftsvorfälle (Standardprodukte oder Individualprodukte mit Sonderausstattungen)
  • Art und Anzahl von Leistungen (Beratungs- und Verkaufsleistung, Auftragsabwicklung)
Autor*in: Irene Zimmermann