08.03.2018

Mensch-Roboter-Kooperation (MRK)

Wie kann die Mensch-Roboter-Kollaboration im Produktionsalltag eingesetzt werden? Was sind die neuesten Technologien? Welche Sicherheitskonzepte gibt es und welche Normen müssen bei der Entwicklung und beim Einsatz von MRK-Applikationen beachtet werden?

Mensch-Roboter-Kooperation

Wofür steht Mensch-Roboter-Kooperation bzw. die Abkürzung „MRK”?

Eine allgemein gültige Definition sucht man vergebens. MRK als häufig genutzte Abkürzung für die „Mensch-Roboter-Kooperation” oder die unmittelbare „Mensch-Roboter-Kollaboration” steht für die schutzzaunlose Interaktion zwischen einem Bediener (Mensch) und einem Roboter in gemeinsam genutzten Arbeitsräumen.

Man unterscheidet zunächst grundsätzlich mehrere Arten der Interaktion von Mensch und Maschine.

  • Die erste Form ist durch physikalisch dauerhaft getrennte Arbeitsräume gekennzeichnet und ist die Basis der Vollautomatisierung. Eine unmittelbare Interaktion von Mensch und Maschine ist nicht vorgesehen. Die Arbeitsräume sind entkoppelt. Jeder Kontakt wird durch Sicherungseinrichtungen ausgeschlossen oder verhindert.
  • Mit virtuellen Schutzzäunen als zweite Variante wird eine Auflockerung durch Koexistenz von Roboter und Werker erreicht. Nach wie vor ist ein Kontakt zwischen Roboter und Arbeiter ungewollt bzw. auf die Interaktion bei Stillstand beschränkt.
  • In der dritten Form, der Kooperation, teilen sich Roboter und Arbeiter einen Teilbereich ihres Arbeitsraums, der dann als gemeinsam nutzbarer Arbeitsraum definiert wird. Ein Kontakt ist in diesem Szenario unerwünscht, aber durchaus möglich. Die Sicherheit des Werkers wird vor allem durch Beschränkungen der Bahngeschwindigkeit und Impulskräfte erreicht oder über eine geeignete aktive Arbeitsraumüberwachung sichergestellt.
  • Bei der vierten Version der unmittelbaren Mensch-Roboter-Kollaboration findet ein bewusster, gewollter Kontakt zwischen Werker und Roboter statt, da beide gleichzeitig an einem Projekt arbeiten und ihre Bewegungen gemeinsam koordinieren, z.B. bei der Montage oder dem Handführen des Fertigungsassistenten.

Worin liegt der begriffliche Unterschied zwischen der Mensch-Roboter-Kooperation und der Mensch-Roboter-Kollaboration?

Im Rahmen der Diskussion von Themen der sicheren unmittelbaren Zusammenarbeit von Mensch und Maschine bzw. Mensch und Robotern sowie im Umgang mit der Abkürzung „MRK” wird teilweise eine unscharfe Begrifflichkeit benutzt und die im Normenkontext vorgesehene Trennung der Einsatzfälle 3 und 4 der in Abschnitt 2.2. dargelegten Formen der Zusammenarbeit in der MRK umgangen.

Der VDMA hat im Positionspapier „Sicherheit bei der Mensch-Roboter-Kollaboration” eine Klärung der Begrifflichkeiten inklusive der vier verschiedenen grundsätzlichen Schutzprinzipien der MRK vorgenommen. Eine normenkonform geführte Fachdiskussion unterscheidet die Einsatzvarianten und Rahmenbedingungen der Interaktion in die Einsatzszenarien 1 bis 3 und das Szenario 4.

Die ersten drei Einsatzfälle werden als „Mensch-Roboter-Kooperation” bezeichnet. Allen gemeinsam ist, dass zunehmend die schutztechnische Trennung der Arbeitsräume aufgeweicht wird. Dennoch wird ein unmittelbares und dauerhaftes Zusammenwirken von Mensch und Roboter im Arbeitsprozess vermieden oder gar ausgeschlossen. Die Zusammenarbeit beschränkt sich auf eine zeitlich eingeschränkte Interaktion von Mensch und Maschine unter abgesicherten Rahmenbedingungen.

Von diesen Einsatzvarianten grenzt sich das vierte Einsatzszenario der „Mensch-Roboter-Kollaboration” ab. Der Begriff „Kollaboration” setzt sich aus zwei lateinischen Begriffen, dem Präfix „con” und dem Verb „laborare” (arbeiten), zusammen. Die Mensch-Roboter-Kollaboration beschreibt die unmittelbare, dauerhafte und gewünschte Zusammenarbeit zwischen einem Roboter und einer Person in einem gemeinsam genutzten Arbeitsraum. Diese Zusammenarbeit beschränkt sich derzeit in den meisten Fällen aber auf einen definierten Arbeitsbereich.

Wo liegt der zentrale Nutzen der Mensch-Roboter-Kooperation?

Innerhalb fast aller Produktionsprozesse gibt es Arbeiten, die besonders anstrengend, eintönig oder schmutzig sind, Tätigkeiten, die kein Produktionsmitarbeiter gerne übernimmt. Hier erfahren die Werker durch die Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) eine wohltuende Entlastung und können sich gleichzeitig auf hochwertigere Tätigkeiten konzentrieren.

Wo eine Vollautomatisierung von Produktions- oder Montagelinien zu teuer oder nur bedingt umsetzbar ist, bietet es sich an, Teilprozesse herauszulösen und sie zwischen Mensch und Roboter aufzuteilen. Dadurch wird eine gleitende Automatisierung in vielen praktischen Anwendungsfällen interessant, deren vollständige Automatisierung bisher unrealistisch oder unwirtschaftlich erschien. Zudem können Werker im Bedarfsfall umgehend eingreifen und die Gesamtverfügbarkeit der Anlage erhöhen, indem Komplettstillstände vermieden werden.

Auch zur Übernahme monotoner Tätigkeiten, die eine hohe Präzision erfordern, eignet sich die Mensch-Roboter-Kollaboration, ebenso für konzentrationsintensive und mitunter gefährliche Tätigkeiten, die von einem Produktionsassistenten übernommen werden können. Dadurch werden Facharbeiter entlastet und die Fertigungsqualität verbessert, weil sich typische Fehler in Folge der Monotonie bei einem Roboter nicht einschleichen.

Bei der Roboterbeladung von Maschinen kann MRK die Werker bei der zunehmenden Mehrmaschinenbedienung in den Fertigungslinien unterstützen. Vor allem das Beladen von Bearbeitungszentren, insbesondere zur Nachtschichtzeit, kann durch einen Roboter kostengünstig und ressourcenschonend übernommen werden. Dabei kommt es selbstverständlich auf ein sicheres Miteinander von Mensch und Maschine an, denn weder ein sporadisch anwesender Maschinenbediener noch die zu bestückende Maschine dürfen durch den als Produktionsassistent eingesetzten Roboter in ihrer Funktion beeinträchtigt oder beschädigt werden.

Meistens ist die Einführung der sicheren MRK auch aus einem ganz anderen Grund notwendig, wenn die Entlastung eines Werkers oder dessen Ersatz durch die Nachrüstung eines Roboters an einer bestehenden Produktionsanlage zur Flexibilisierung der Logistik, Beladung und Handhabung erforderlich ist, aber kein Umbau der Maschine und aus Platzgründen keine Nachrüstung mit trennenden Schutzeinrichtungen oder Zäunen möglich ist.

Was sind die Zielsetzungen der Mensch-Roboter-Kooperation?

MRK ist ein aktuelles Handlungsfeld mit ambitionierten Zielsetzungen, bei dem es primär nicht nur darum geht, die Fertigung weiter zu automatisieren, sondern die industriellen Prozesse einer gesamten Wertschöpfungskette in ihrer Gänze nachhaltig zu vernetzen und möglichst flexibel zu gestalten, denn die größtmögliche Synergie von Mensch und Maschine, die Automatisierung bei höchster Einsatzflexibilität, wird durch das effiziente gemeinsame Wirken von Mensch und Roboter, der Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK), in gemeinsam genutzten Arbeitsräumen erreicht.

Weitere detailliertere Informationen zu diesem Thema finden Sie in unserem Praxismodul „Maschinenverordnung“.

Autor*in: Markus Glück (Chief Innovation Officer sowie Geschäftsführer Forschung und Entwicklung der SCHUNK GmbH & Co)