01.10.2019

Maschinen und Anlagen ohne CE – wie geht man damit um?

Es gibt sie noch: Maschinen und Anlagen ohne CE. Wie viele es sind, ist nicht bekannt. Nach fast 30 Jahren Europäischer Maschinenrichtlinie mag dies verwundern. Erklärbar ist dieser Umstand nur mit der bis heute relativen hohen Wahrscheinlichkeit, dass man dabei nicht erwischt wird. Die Marktüberwachung insgesamt ist chronisch unterbesetzt und handelt oftmals reaktiv statt proaktiv.

Die Europäische Union

Es wird zwar inzwischen viel getan, um nicht CE-konforme Produkte bereits an den Außengrenzen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) abzufangen und gar nicht erst in den Binnenmarkt zu lassen. Aber Maschinen und Anlagen innerhalb des EWR werden eher selten kontrolliert.

Fakt ist: Diese Maschinen/Anlagen verstoßen gegen geltendes Recht. Deren Hersteller und Betreiber gefährden die Sicherheit der Nutzer.

Was bedeutet „ohne CE”?

Ohne CE heißt im Wesentlichen:

  • ohne CE-Zeichen auf der Maschine/Anlage (nur bei Maschinen, unvollständige Maschinen dürfen nach Maschinenrichtlinie kein CE-Zeichen erhalten)
  • ohne Konformitäts- oder Einbauerklärung des Herstellers
  • ggf. ohne CE-konforme Betriebsanleitung
  • ggf. ohne oder ohne ausreichende Sicherheitskennzeichnung auf der Maschine/Anlage
  • ggf. gefährlich, wenn keine Risikobeurteilung mit entsprechender Risikominderung durchgeführt wurde

Das sieht nicht gut aus. Weder für den Hersteller, der für sein Produkt haftet, noch für die Sicherheit des Personals, das mit dem Produkt arbeitet.

Wie kann es dazu kommen?

Manch einer übernimmt die fehlende CE-Konformität von seinem Vorgänger, kann also selbst gar nichts dafür und ist nun gezwungen zu handeln.

Andere handeln aus Unkenntnis und unterlassen die CE-Konformität unabsichtlich.

Wieder andere wollten sich zwar immer mal darum kümmern, sind aber immer irgendwie nicht dazu gekommen.

Und zu guter Letzt gibt es leider auch immer noch manche, die auf dem Standpunkt stehen: Solange sich keiner beschwert, mache ich es, wie ich es immer gemacht habe (also ohne CE).

Hinweis: Fällt eine Maschine unter weitere europäische Harmonisierungsrechtsvorschriften, die andere Aspekte regeln und ebenfalls das Anbringen einer CE-Kennzeichnung vorschreiben, so bedeutet die CE-Kennzeichnung, dass diese Maschine auch den Bestimmungen dieser anderen europäischen Harmonisierungsrechtsvorschriften entsprechen muss.

Was können die rechtlichen Folgen sein?

Die Verfahren, Maßnahmen und Sanktionen bei Verstößen gegen die CE-Konformität sind im nationalen Verwaltungs- und Strafrecht der Mitgliedstaaten festgelegt. Je nach Schwere des Verstoßes müssen die Wirtschaftsakteure mit einer Geldbuße und in einigen Fällen sogar mit einer Gefängnisstrafe rechnen.

Sofern das Produkt die Sicherheit von Menschen unmittelbar gefährdet, ist der Hersteller verpflichtet, das Produkt auf seine Kosten vom Markt zu nehmen.

In weniger schwerwiegenden Fällen erhält der Hersteller von der Marktüberwachung die Gelegenheit, das Produkt mit den geltenden Vorschriften in Einklang zu bringen.

Info: Die Tatsache, dass die Marktüberwachung verlangen kann, ein Produkt nach dessen unrechtmäßiger Inverkehrbringung mit den geltenden Vorschriften in Einklang zu bringen, impliziert, dass es einem Hersteller sehr wohl möglich ist, die CE-Konformität im Nachgang herzustellen.

Grundverständnis: die europäischen Säulen der Sicherheit

Was ist das Ziel?

Verbraucher und berufliche Nutzer im EWR sollen so wirksam wie möglich vor gefährlichen Produkten geschützt werden. Im Maschinenbau sollen die sozialen Kosten verringert werden, die durch die zahlreichen Unfälle beim Umgang mit Maschinen entstehen.

Wie erreicht die EU dieses Ziel?

Das Konzept der EU zur Erreichung dieses Ziels beruht auf zwei Säulen: der Produktsicherheit und der Arbeitssicherheit:

  • Die Gesetzgebung zur Produktsicherheit verpflichtet Hersteller dazu, dass sie nur sichere Produkte bereitstellen.
  • Die Gesetzgebung zur Arbeitssicherheit verpflichtet Arbeitgeber dazu, dass sie die von den Herstellern bereitgestellten, sicheren Produkte in der eigenen Einsatzumgebung sicher verwenden und deren Sicherheit aufrechterhalten.

Wenn Hersteller und Arbeitgeber ihren gesetzlichen Pflichten vollständig und sorgfältig nachkommen, sind die Nutzer der Produkte wirksam geschützt.

Im Zusammenwirken von Herstellern und Arbeitgebern gibt es Schnittstellen. So können Arbeitgeber, also Betreiber, ein Produkt z.B. so wesentlich verändern, dass die ursprünglich garantierte Herstellersicherheit verloren geht. Was dann? Dann wird der Betreiber selbst zum Hersteller und muss für die Sicherheit des „neuen” Produkts sorgen.

Hersteller und Arbeitgeber, die ihren gesetzlichen Pflichten nicht nachkommen, verletzen geltendes Recht und gefährden die Sicherheit und Gesundheit der Nutzer.

Was sagt die CE-Kennzeichnung an einer Maschine aus?

Die Erfüllung aller Pflichten, denen die Hersteller gemäß den Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union nachkommen müssen, wird durch die CE-Kennzeichnung symbolisiert.

Die Mitgliedstaaten müssen von der Vermutung ausgehen, dass Produkte, die das CE-Zeichen tragen, alle Bestimmungen der einschlägigen geltenden Rechtsvorschriften erfüllen (Blue Guide – Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2016, Kap. 8.1 „Klausel über den freien Warenverkehr”).

Herstellerpflichten? Unbekannt!

Nicht immer verstoßen Hersteller absichtlich gegen CE-Vorschriften. Oftmals ist Personen, die Maschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie bauen, importieren oder verändern, nicht bewusst, dass sie damit ggf. automatisch die CE-Pflichten eines Herstellers im Sinne der Maschinenrichtlinie erfüllen müssen.

Wer ist Hersteller im Sinne der Maschinenrichtlinie?

Das sagt die Maschinenrichtlinie:

Artikel 2i) Maschinenrichtlinie

„Ferner bezeichnet der Ausdruck … „Hersteller” jede natürliche oder juristische Person, die eine von dieser Richtlinie erfasste Maschine oder eine unvollständige Maschine konstruiert und/oder baut und für die Übereinstimmung der Maschine oder unvollständigen Maschine mit dieser Richtlinie im Hinblick auf ihr Inverkehrbringen unter ihrem eigenen Namen oder Warenzeichen oder für den Eigengebrauch verantwortlich ist. Wenn kein Hersteller im Sinne der vorstehenden Begriffsbestimmung existiert, wird jede natürliche oder juristische Person, die eine von dieser Richtlinie erfasste Maschine oder unvollständige Maschine in Verkehr bringt oder in Betrieb nimmt, als Hersteller betrachtet;”

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Autor*in: Elisabeth Wirthmüller (ce konform GmbH. Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Technische Dokumentation.)