19.01.2023

Fristlose Kündigung eines DSB wegen Pflichtverletzungen?

Ein Unternehmen lässt Wirtschaftsprüfer den Datenschutz durchchecken. Die Prüfer melden mehrere angebliche „Hochrisiko-Feststellungen“. Kann das Unternehmen nun den Datenschutzbeauftragten (DSB) vor die Tür setzen?

Fristlose Kündigung eines DSB wegen Pflichtverletzungen?

Das hat das Gericht entschieden

Dass ein Datenschutzbeauftragter (DSB) seine Amtspflichten verletzt hat, rechtfertigt für sich allein weder die fristlose Kündigung seines Arbeitsverhältnisses noch seine Abberufung als DSB. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob dem DSB im konkreten Fall überhaupt Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind.

Deshalb ist es für alle DSB wichtig

In „guten Zeiten“ besteht normalerweise Zufriedenheit mit der Arbeit von Datenschutzbeauftragten. Gibt es jedoch Probleme mit Aufsichtsbehörden für den Datenschutz oder zeigt ein Datenschutzaudit Schwachstellen auf, kippt die Stimmung möglicherweise fast über Nacht. Dann wird es wichtig, ob (tatsächliche oder vermeintliche) Versäumnisse dem DSB angelastet werden können oder nicht.

Das lag der Entscheidung zum Abberufungs- und Kündigungsschutz zugrunde

Ein Unternehmen hatte eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einer „Revisionsprüfung zum Datenschutz“ beauftragt. Dabei ergaben sich aus Sicht der Wirtschaftsprüfer elf „Feststellungen mit mittlerem Risiko“ und acht „Hochrisiko-Feststellungen“. Das Unternehmen nahm dies zum Anlass, dem DSB fristlos zu kündigen und ihn als DSB abzuberufen. Der Datenschutzbeauftragte war seit fast 20 Jahren Leiter der Rechtsabteilung des Unternehmens. Seit fast vier Jahren war er zusätzlich zum DSB bestellt.

Nach Auffassung des Gerichts scheitert die Kündigung ebenso wie die Abberufung als DSB schon daran, dass der Arbeitgeber keine konkreten Pflichtverletzungen des DSB dargelegt hat. Die Aussagen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft allein belegen keine Pflichtverletzungen.

Abgesehen davon ist der DSB für etwa vorhandene Datenschutzverstöße nicht verantwortlich. Hierzu betont das Gericht, dass der Datenschutzbeauftragte aufgrund seiner Bestellung als DSB „nicht zugleich dafür verantwortlich war, dass im Unternehmen der Beklagten sämtliche datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden.“ (Rn. 32 des Urteils). Gesetzliche Aufgaben von DSB seien lediglich die Kontrolle und die Beratung der Unternehmensleitung. Dass der DSB insoweit seine Pflichten verletzt habe, habe das Unternehmen noch nicht einmal dargelegt, geschweige denn nachgewiesen (Rn. 33 des Urteils).

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Deshalb ist die Entscheidung kein Freibrief

Die Entscheidung des Gerichts behandelt eine spezifische Situation. Auch wenn die Ausführungen des Gerichts recht allgemeingültig wirken, sollte man dies nicht vergessen. Denn nach wie vor gilt: Wenn DSB schlicht nichts tun, kann dies durchaus zur Abberufung und Kündigung führen. Dasselbe gilt, wenn sie bei der Beratung grundlegende Dokumente (etwa öffentlich verfügbare Beschlüsse der Datenschutzkonferenz) ignorieren und Ratschläge geben, die damit nicht zu vereinbaren sind.

Anders ist die Situation wiederum dann, wenn DSB keine ausreichende Arbeitszeit zur Verfügung steht, um ihre Aufgaben ordentlich zu erfüllen. In diesem Fall ist es kein Wunder, wenn ihr Wissen nicht auf dem aktuellen Stand ist. Das führt dann schnell zu falscher Beratung. Deshalb sollten Datenschutzbeauftragte nicht zögern, eine solche Situation schriftlich gegenüber dem Unternehmen zu dokumentieren. Dies kann im Ernstfall die berufliche Existenz retten.

Die Entscheidung des Gerichts ist hier abrufbar

Das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 29.9.2022 trägt das Aktenzeichen 8 Ca 135/22 und ist hier abrufbar: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=38325. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Eine Berufung gegen das Urteil ist möglich.

Autor*in: Dr. Eugen Ehmann (Dr. Ehmann ist Regierungsvizepräsident von Mittelfranken und ist seit Jahren im Datenschutz aktiv.)