15.06.2022

Betriebsrat darf scharfe Kritik an Arbeitgeber üben

Die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit gilt auch im Verhältnis zwischen den Betriebsparteien. Kritik vonseiten des Betriebsrats am Arbeitgeber ist demnach erlaubt, auch wenn sie mitunter scharf und polemisch ausfällt.

Kritik des Betriebsrates

Worum geht es?

Vier Mitglieder eines siebenköpfigen Betriebsrats legten aufgrund von Differenzen im Gremium ihr Amt nieder und machten in der Folge in einem Rundschreiben den verbliebenen Betriebsratsmitgliedern schwere Vorwürfe. Diese hätten u. a. während der Coronavirus-Pandemie trotz bestehender Vorerkrankungen von Betriebsratsmitgliedern auf Präsenzsitzungen bestanden und die gebotenen Hygienemaßnahmen nicht eingehalten. Der Betriebsrat wandte sich daraufhin ebenfalls per Rundschreiben an die Belegschaft. Er behauptete, dass die von den Ex-Betriebsratsmitgliedern beschriebene Darstellung der Verhältnisse verlogen, einseitig und verantwortungslos sei. Es sei zudem verantwortungslos und perfide, die gewählten Mitglieder mithilfe des Geschäftsführers „auszubooten“, der das Gremium darüber hinaus massiv behindere. Der Arbeitgeber beantragte daraufhin die Auflösung des Gremiums. Das Schreiben sei respekt- und rücksichtlos. Es enthalte diffamierende Äußerungen gegenüber dem Geschäftsführer. Der Betriebsrat habe hierdurch gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen.

Das sagt das Gericht

Das Gericht wies den Antrag zurück. Der Inhalt des Rundschreibens stelle keine so schwerwiegende Pflichtverletzung dar, dass eine weitere Amtsausübung des Betriebsrats untragbar wäre. Das Schreiben richte sich im Wesentlichen und primär gegen die ehemaligen Betriebsratsmitglieder. Die gegen den Geschäftsführer und damit den Arbeitgeber gerichteten Äußerungen seien von der Meinungsfreiheit geschützt. Kritik am Arbeitgeber sei erlaubt, auch wenn sie scharf und polemisch ausfalle. LAG Köln, Beschluss vom 14.01.2022, Az.: 9 TaBV 34/21

Das bedeutet für Sie als Betriebsrat

Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet Betriebsrat und Arbeitgeber nicht dazu, Meinungsverschiedenheiten und Interessengegensätze zu ignorieren. Es hält sie vielmehr zu Ehrlichkeit und Offenheit an. Dazu gehört auch, dass negative Urteile über die Gegenseite zum Ausdruck gebracht werden können. Selbst eine unangemessene Schärfe im Ausdruck kann gestattet sein.

Autor*in: Daniel Roth (ist Chefredakteur des Beratungsbriefs Urteils-Ticker Betriebsrat.)