19.04.2023

Wo steht’s? Übersicht über den Paragrafen-Dschungel zum Kinderkrankengeld

Wer krank wird und nicht zur Arbeit gehen kann, dem wird geholfen. Auch wenn er sich daheim um sein krankes Kind kümmern muss. Dann kam die Pandemie mit Schulschließungen. Der Gesetzgeber reagierte und passte die Regelungen an. Bis Ende 2023 gelten nun einige fort.

Paragrafen-Dschungel Kinderkrankengeld

Inhaltsverzeichnis

Wie unterstützte der Gesetzgeber Kinder in der Pandemie?

Mit zusätzlichen Kinderkrankentagen und Kinderkrankengeld, die er in § 45 Abs. 2a SGB V vorgesehen hat. Abweichend von der generellen Regelung waren bis 23.09.2022 zusätzlich diejenigen Fälle umfasst, bei denen die Betreuung zu Hause deshalb erforderlich ist, weil eine Betreuungseinrichtung pandemiebedingt schließen musste wie z.B.:

  • Schule,
  • Kita,
  • Kindergarten etc.

Was besagte die ursprüngliche Regelung?

Sie schränkte nach Abs. 1 den Anspruch auf Krankengeld auf Versicherte ein, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, dass sie der Arbeit fernbleiben zur

  • Beaufsichtigung,
  • Betreuung oder
  • Pflege ihres Kindes,
  • eine andere in ihrem Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann.

Welche Voraussetzungen müssen grundsätzlich erfüllt sein?

Wenn Sie Ihr krankes Kind betreuen, können Sie sich von der Arbeit freistellen lassen. Während dieser Zeit haben berufstätige Eltern Anspruch auf Kinderkrankengeld. Folgende Voraussetzungen gelten:

  • Sie sind berufstätig und haben selbst Anspruch auf Krankengeld.
  • Ihr Kind ist gesetzlich versichert.
  • Es gibt im Haushalt keine andere Person, die Ihr Kind pflegen kann.
  • Sie haben eine Bescheinigung vom Arzt, dass Ihr Kind aufgrund einer Krankheit betreut werden muss. Diese Bescheinigung ist bei einer pandemiebedingten Betreuung nicht notwendig.
  • Ihr Kind ist nicht älter als elf Jahre oder behindert und auf Hilfe angewiesen.

Welche Voraussetzungen gelten für die Corona-Pandemie?

Mit der Sonderregelung haben Sie bis einschließlich 7. April 2023 auch weiterhin einen Anspruch auf Kinderkrankengeld, wenn Ihr Kind auch ohne direkte Erkrankung pandemiebedingt zu Hause betreut werden muss, weil

  • Schulen oder Kitas geschlossen sind,
  • das Kind in Quarantäne muss,
  • die Präsenzpflicht in der Schule aufgehoben ist,
  • die Eltern behördlich dazu aufgefordert sind, ihr Kind zu Hause zu betreuen,
  • Schul- oder Betriebsferien aufgrund des Infektionsschutzes angeordnet oder verlängert werden.

Wer hat Anspruch auf Kinderkrankengeld?

Wenn Sie oder Ihr Mitarbeiter gesetzlich krankenversichert sind und aufgrund ärztlichen Attests ihr versichertes, erkranktes oder behinderten und auf Hilfe angewiesen, noch nicht zwölf Jahre alten Kind zu Hause betreuen müssen und deshalb nicht zur Arbeit gehen können, haben Sie Anspruch auf Kinderkrankengeld.

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Wie lange können Sie Kinderkrankengeld beanspruchen?

Grundsätzlich beträgt die maximale Anzahl der Arbeitstage, für die Kinderkrankengeld beansprucht werden kann, zehn Arbeitstage bzw. 20 Arbeitstage für Alleinerziehende pro Kalenderjahr. Der Anspruch besteht für Versicherte für nicht mehr als 25 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 50 Arbeitstage je Kalenderjahr. Bei mehreren Kindern besteht der Anspruch je Elternteil für nicht mehr als 65 Arbeitstage, für Alleinerziehende für nicht mehr als 130 Arbeitstage.

Die Pandemie ist vorbei. Was gilt nun?

Der Gesetzgeber hat bis 31.12.2023 die maximale Anzahl der Krankentage ausgeweitet. So können gesetzlich krankenversicherte Eltern für das Jahr 2023 je gesetzlich versichertes Kind für 30 Arbeitstage (Alleinerziehende für 60 Arbeitstage) Kinderkrankengeld beanspruchen. Bei mehreren Kindern kann jedes Elternteil nicht mehr als 65 Arbeitstage (Alleinerziehende nicht mehr als 130 Arbeitstage) Kinderkrankengeld beziehen. Der erweiterte Anspruch auf Kinderkrankengeld aus den oben genannten pandemiebedingten Gründen galt bis einschließlich 7. April 2023. Seit dem 8. April 2023 steht der erweiterte Anspruch für das restliche Kalenderjahr 2023 dann ausschließlich für das Kinderkrankengeld bei Erkrankung des Kindes zur Verfügung. Muss Ihr Kind pandemiebedingt zu Hause betreut werden, können Sie die Leistung direkt bei Ihrer Krankenkasse beantragen.

Wer ist „alleinerziehend“?

Alleinerziehend im Sinne der Regelungen zum Kinderkrankengeld ist, wer das alleinige Personensorgerecht für das mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Kind hat. Aber auch ein Elternteil, der faktisch alleinerziehend ist, gilt als alleinerziehend. Die Krankenkasse prüft, ob eine Erklärung des Elternteils ausreichend ist oder weitere Nachweise einzureichen sind.

Wie hoch ist das Kinderkrankengeld?

Das Krankengeld beträgt in der Regel 90 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt (maximal jedoch 112,88 Euro pro Tag) und ist beitragspflichtig in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Die Berechnung und die Einbehaltung der Beiträge erfolgen durch die Krankenkasse.

Können Sie als Eltern Kinderkrankentage in Anspruch nehmen, wenn ihr Kind gesund ist?

Bis einschließlich 7. April 2023 konnten Sie Kinderkrankengeld auch dann in Anspruch nehmen, wenn ihr Kind nicht krank ist, aber zu Hause betreut werden muss, weil eine Einrichtung zur Betreuung von Kindern (Kindertageseinrichtung, Hort oder Kindertagespflegestelle), Schule oder eine Einrichtung für Menschen mit Behinderungen geschlossen ist oder eingeschränkten Zugang hat, also

  • die Einrichtung zur Kinderbetreuung oder eine Schule pandemiebedingt behördlich geschlossen ist,
  • der Zugang zur Einrichtung oder Zeiten eingeschränkt sind oder
  • die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt wurde, zum Beispiel bei Homeschooling oder Distanzlernen.

Gilt das auch, wenn einem Kind der Besuch einer Einrichtung untersagt ist?

Ja, wenn der Besuch zur Kinderbetreuungseinrichtung oder Schule untersagt ist. Sie können Kinderkrankengeld beantragen, wenn Ihr Kind eine Einrichtung auf Empfehlung von behördlicher Seite nicht besucht.

Können sie als im Homeoffice arbeitende Eltern Kinderkrankengeld beantragen?

Ja, und selbst, wenn Sie nur im Homeoffice arbeiten könnten, haben Sie bei entsprechendem Kinderbetreuungsbedarf die Möglichkeit, stattdessen Kinderkrankengeld zu beantragen.

Gibt es Formulare für Kitas und Schulen für die Ausstellung der Bescheinigung?

Ihre Krankenkasse kann für die Beantragung des Kinderkrankengelds die Vorlage einer Bescheinigung der Kita oder der Schule verlangen. Sollten Krankenkassen einen Nachweis durch die Einrichtungen verlangen, hat das Bundesfamilienministerium im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit eine Musterbescheinigung entwickelt, die Ihre Kindertageseinrichtung, Kindertagespflegestelle oder Schule verwenden kann. Sie ergänzt den formellen Antrag bei der gesetzlichen Krankenversicherung.

Ist das Kinderkrankengeld abhängig vom Alter Ihres Kindes?

Ja, Kinderkrankengeld erhalten Sie nur für jedes gesetzlich versicherte Kind bis zwölf Jahre. Ist Ihr Kind behindert und auf Hilfe angewiesen, besteht keine Altersgrenze.

Können Sie als Eltern die Kinderkrankentage flexibel nehmen?

Ja, Sie können sie für einzelne Tage nehmen, zum Beispiel an zwei von fünf Tagen in einer Woche. Dies soll Ihnen als Eltern helfen, wenn Sie beispielsweise an einigen Tagen der Woche Kinderbetreuung in Anspruch nehmen können. Auch für Sie als ein Elternteil, das sich tageweise mit Ihrem anderen Elternpartner bei der Kinderbetreuung zu Hause abwechseln, soll dies Regelung es vereinfachen.

Können Sie als Eltern halbe Kinderkrankentage nehmen?

Nein, der Gesetzgeber sieht einen Anspruch für die unbezahlte Freistellung für einzelne Arbeitsstunden oder halbe Tage nicht vor. Das Kinderkrankengeld ist als eine Entgeltersatzleistung gedacht, die gesetzlich Krankenversicherte für einzelne Arbeitstage bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen in Anspruch nehmen können.

Können Sie als Eltern sich die Kinderkrankentage flexibel untereinander überschreiben?

Wenn Sie als ein Elternteil Ihren Anspruch auf Kinderkrankengeld ausgeschöpft haben und Ihrem anderen Elternpartner noch Kinderkrankentage zustehen, haben Sie keinen gesetzlichen Anspruch auf Übertragung noch übriger Kinderkrankentage untereinander. Jedoch können Sie Kinderkrankentage im Einverständnis mit Ihrem Arbeitgeber als dem Elternteil, das die Kinderkrankentage bereits ausgeschöpft hat, übertragen.

Können Sie als Arbeitgeber den Abbau von Überstunden verlangen, bevor Eltern Kinderkrankentage nehmen können?

Wenn Eltern unter Ihren Arbeitnehmern Kinderkrankentage nehmen, haben sie einen Anspruch auf Freistellung. Das heißt, als Arbeitgeber können Sie nicht verlangen, dass sie vorher Überstunden oder Zeitguthaben aufbrauchen. Das können Sie auch nicht aufgrund von arbeits-, tarifvertraglichen Regelungen oder Betriebs- und Dienstvereinbarungen verlangen.

Wie ist es, wenn ein Elternteil gesetzlich versichert und das andere Elternteil privat versichert ist?

Sind ein Elternteil und das Kind gesetzlich versichert, besteht Anspruch auf Kinderkrankengeld für diesen Elternteil. Ist das Kind mit dem anderen Elternteil privat versichert, besteht kein Anspruch auf Kinderkrankengeld.

Welche Besonderheiten gelten für verbeamtete Personen?

Die Ausdehnung der Sonderregelung für das Kinderkrankengeld ins Jahr 2023 wird auch auf die Bundesbeamten übertragen. Die Landesbehörden bestimmen über die Regelung für Landesbeamte.

Was gilt für Eltern, die zurzeit weniger arbeiten und zum Beispiel in Kurzarbeit sind?

Eltern in Kurzarbeit können Kinderkrankengeld beantragen, wenn sie gesetzlich versichert sind. Kurzarbeitergeld und Kinderkrankengeld dürfen sie nicht gleichzeitig beziehen.

Verringert sich das Elterngeld, wenn Eltern es zurzeit bekommen und in Teilzeit arbeiten?

Nein, dadurch reduziert sich das Elterngeld, das sie bekommen, nicht. Eltern, die aktuell Elterngeld beziehen und in Teilzeit arbeiten, können Kinderkrankentage nehmen. Damit will der Gesetzgeber die Elterngeldregelung zur Anrechnung sicherstellen. Sie regelt, dass die Höhe des Elterngeldes für teilzeitarbeitende Eltern sich nicht verändert, wenn sie Einkommensersatzleistungen beziehen, zum Beispiel Kinderkrankengeld. Diese zunächst als Corona-Sondermaßnahme eingeführte Regelung wurde verstetigt und gilt seit dem 1. September 2021 dauerhaft.

Haben Eltern mit einem Minijob Anspruch auf Kinderkrankengeld?

Nein, sie können das Kinderkrankengeld nicht erhalten. Sie haben als Eltern mit geringfügig entlohnter Beschäftigung (sog. Minijob) zwar Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit (§ 45 Abs. 5 SGB V). Sie sind aber in der Regel gesetzlich nicht krankenversichert mit Anspruch auf Krankengeld.

Können die erweiterten Kinderkrankentage für verlängerte Schulferien beantragt werden?

Ja, ein Anspruch auf Kinderkrankengeld besteht u.a., wenn von der zuständigen Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schulferien angeordnet oder verlängert werden. In der regulären Ferienzeit gilt der Anspruch nicht.

Autor*in: Franz Höllriegel