07.12.2022

Verzinsung von Gesellschafterdarlehen – in welcher Höhe?

Kredite bekommt man, wenn man eigentlich keinen braucht. Ohne Moos, sprich: Besicherung, nichts los, sprich: kein Kredit. Können Sie ein Darlehen nicht besichern, steigt das Risiko für den Darlehensgeber. Folge: höhere Zinsen. Steigen sie nicht, vermutet das Finanzamt vGA.

Verzinsung von Gesellschafterdarlehen

Kann ein Darlehensgeber nicht doch gleiche Zinsen verlangen, egal ob besichert oder nicht?

Es widerspräche zumindest der allgemeinen Erfahrung des Bundesfinanzhofes (BFH). Die besagt, dass ein normaler Kaufmann für ein unbesichertes Darlehen nicht denselben Zins vereinbaren würde wie für ein besichertes. Der Gesetzgeber sieht das ähnlich. Deshalb hat er mit § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Nachrangigkeit von unbesicherten gegenüber besicherten Gesellschafterdarlehen angeordnet. Eine unangemessene Verzinsung kann eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) darstellen.

Deshalb sollten Sie als GmbH dergleichen vermeiden und es berücksichtigen, wenn Sie als GmbH den Darlehenszins für unbesichertes Gesellschafterdarlehen ermitteln, und einen Risikozuschlag bei der Zinshöhe zum Ausgleich der fehlenden Darlehensbesicherung festlegen. Bei GmbH-Gesellschafter-Darlehen nimmt das Finanzamt immer wieder eine vGA an.

Dem gilt es vorzubeugen. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen und wie Sie einen Vertrag richtig gestalten in unserem Beitrag „GmbH-Gesellschafter-Darlehen“. Übrigens: Angehörigen etwas zukommen lassen – was kann schon dagegensprechen? Die Antwort: das Finanzamt. Sie als GmbH-Geschäftsführer sollten Angehörige nur in Ihrem Unternehmen einstellen, wenn die Bedingungen auch sonst akzeptiert würden. Lesen Sie hierzu unseren Beitrag „So vermeiden Geschäftsführer eine vGA bei der Beschäftigung von Angehörigen“.

Haben Sie als GmbH schon mal Ihren geschäftsführenden Gesellschafter von der Haftung für eine Tätigkeit im Aufsichtsrat einer AG freigestellt? Dabei sollten Sie auf jeden Fall Vorsicht walten lassen. Das kann ins Auge gehen, sowohl für Sie als GmbH als auch für Ihren Geschäftsführer. Deswegen Pflichtlektüre unser Beitrag „vGA bei Übernahme von Haftungsrisiken aus einer Aufsichtsratstätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers“.

Aber es gibt auch Fachleute, die das anders sehen, wie das Vorgericht in einem vom BFH zu entscheidenden Fall vom 18.05.2021 (Az.: I R 62/17). In der Entscheidung hat er wichtige Grundsätze zur Ermittlung fremdüblicher Zinsen innerhalb von Konzernen aufgestellt.

Worum ging es in dem Streitfall?

Die klagende GmbH erwarb 2012 sämtliche Anteile an einer anderen GmbH. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm die Klägerin drei Darlehen auf:

  • ein nicht besichertes bei ihrer Alleingesellschafterin, der D-GmbH, jährlich verzinst mit acht Prozent und unter folgenden Bedingungen:
    • Die Zinsen waren nicht laufend, sondern erst mit Ablauf des Darlehensvertrags am 31.12.2021 zu entrichten. Sicherheiten waren keine vereinbart.
    • Die D-GmbH nahm ihrerseits Fremdmittel in gleicher Höhe unter gleichen Konditionen von ihren Gesellschaftern auf, u.a. von ihrer niederländischen Gesellschafterin.
    • Dieses Gesellschafterdarlehen war gegenüber allen sonstigen Verbindlichkeiten der Klägerin, insbesondere gegenüber den beiden anderen Darlehensverbindlichkeiten, nachrangig. In ihrer Bilanz zum 31.12.2012 erfasste die Klägerin im Zusammenhang mit dem Gesellschafterdarlehen eine Zinsverbindlichkeit.
  • ein vollumfänglich besichertes Bankdarlehen, jährlich verzinst mit 4,78 Prozent,
  • ein nicht besichertes und mit zehn Prozent jährlich verzinstes Darlehen vom Verkäufer der Beteiligung.

Das beklagte und revisionsbeklagte Finanzamt (FA) orientierte sich an dem Bankdarlehen und legte seinem angegriffenen Körperschaftsteuerbescheid vom 16.02.2016 hinsichtlich des Gesellschafterdarlehens die Auffassung zugrunde, fremde Dritte hätten einen Zinssatz von nur fünf Prozent vereinbart. In Höhe der Differenz zum tatsächlich vereinbarten Zinssatz von acht Prozent liege eine vGA gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vor. Das FA erhöhte deswegen das Einkommen der Klägerin für das Streitjahr entsprechend.

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Dagegen richtete sich die Klage der GmbH vor dem Finanzgericht (FG) Köln, (Urteil vom 29.06.2017 – 10 K 771/16). Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Körperschaftsteuerbescheid 2012 vom 16.02.2016 dahingehend abzuändern, dass weiterer Zinsaufwand in entsprechender Höhe Euro gewinnmindernd berücksichtigt werden möge. Allerdings hatte dies beim FG keinen Erfolg. Deswegen beantragte die Klägerin Revision beim BFH.

Wie entschied der BFH?

Er gab der Revision der Klägerin statt und verwies die Sache zurück an das FG. Er verwies zunächst auf die Rechtslage einer vGA. Eine solche liege vor, wenn es bei einer Kapitalgesellschaft aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zu einer Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung komme, die sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für eine Qualifizierung als verdeckte Gewinnausschüttung ist meistens die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis maßgeblich.

Der BFH bejaht eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (Fremdvergleich, ständige Rechtsprechung seit Urteil vom 16.03.1967 – I 261/63). Außerdem müsse der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 07.08.2002 – I R 2/02).

Man brauche nur eine Nahestehensbeziehung wegzudenken und das Fortbestehen aller übrigen Beziehungen zu unterstellen (BFH-Urteil vom 29.10.1997 – I R 24/97). Diesen Rechtsgrundsätzen zur Anwendung des Fremdvergleichs genüge die angegriffene FG-Entscheidung nicht. Dessen Schlussfolgerung, dass ein fremder Dritter das streitige Darlehen (Gesellschafterdarlehen, Zinssatz acht Prozent) zu einem Zinssatz von lediglich fünf Prozent gewährt haben würde, sei rechtsfehlerhaft zustande gekommen.

Wie beurteilt der BFH den Bezug zum Bankendarlehen, den das FG herstellt?

Der mit dem Bankenkonsortium vereinbarte durchschnittliche Zinssatz von 4,78 Prozent bilde keinen Maßstab für das streitige Darlehen. Ein gedachter und gewissenhafter Geschäftsleiter würde sich daran nicht ohne Weiteres orientiert haben:

  • Die Kredite des Bankenkonsortiums waren besichert.
  • Sie waren vorrangig zu bedienen.

Das streitige Darlehen war hingegen

  • unbesichert und
  • nachrangig.

Gegenteilige Feststellungen habe das FG nicht getroffen. Es widerspreche allgemeinen Erfahrungssätzen, wie das FG anzunehmen, ein fremder Dritter würde ein nachrangiges und unbesichertes Darlehen zum gleichen Preis gewährt haben.

Was bedeutet bei der Zinsfestlegung eines Gesellschafterdarlehens?

Dass für die Ermittlung der Fremdüblichkeit des Zinssatzes nicht allein der Zahlenwert des Zinssatzes maßgeblich ist. Vielmehr sind die fehlende Besicherung und die Nachrangigkeit von Darlehen über entsprechende Risikozuschläge zu berücksichtigen. Dieses habe nicht auf den für das Bankdarlehen vereinbarten Zinssatz als Maßstab für das Gesellschafterdarlehen abstellen dürfen. Das Bankdarlehen war im Gegensatz zum Gesellschafterdarlehen besichert. Deshalb war es vorrangig zu bedienen. Es widerspreche daher den allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen, anzunehmen, dass ein fremder Dritter das Gesellschafterdarlehen zum gleichen Zinssatz wie das Bankdarlehen gewährt hätte.

Auch die in § 39 InsO angeordnete nachrangige Bedienung von Gesellschafterdarlehen sei für die Ermittlung eines fremdüblichen Darlehenszinssatzes rechtlich unbeachtlich. Es müsse bei einem Fremdvergleich vielmehr gefragt werden, unter welchen Bedingungen sich ein fremder Dritter auf eine Darlehensgewährung einlassen würde, bei der er erst nachrangig im Fall des Ausfalls berücksichtigt werden würde. Einen solchen Nachteil würde ein fremder Dritter wohl nur für einen finanziellen Ausgleich in Kauf nehmen.

Die Annahme des FG, dass das Vermögen der Klägerin über eine ausreichende Substanz verfügt und damit eine hinreichende Sicherheit für die Rückzahlung des Darlehens geboten habe, sodass ein Risikozuschlag im Zinssatz nicht notwendig gewesen sei, entspreche ebenfalls nicht den mutmaßlichen Erwägungen eines fremden Dritten. Dieser würde bei der Festlegung der Kreditbedingungen nicht nur auf die aktuelle Vermögenssituation seines Schuldners abstellen, sondern vor allem dessen zukünftige wirtschaftliche Entwicklung in den Blick nehmen. Sein Ausfallrisiko hänge insbesondere von dieser Entwicklung ab. Da er die wirtschaftliche Zukunft seines Schuldners allenfalls prognostizieren könnte, liegt es nahe, dass er bei gegebener Sachlage (Nachrangigkeit des Darlehens, fehlende Sicherheiten) einen höheren Preis für die Überlassung des Kapitals fordern würde als ein abgesicherter Gläubiger.

Das FG muss also nacharbeiten. In welchen Punkten besonders?

Es wird prüfen, ob der streitige Darlehensvertrag dem Grunde nach steuerrechtlich anzuerkennen ist. Nicht jede Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Fremdüblichen schließt die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus, wie etwa einzelne Abreden zur

  • Verzinsung,
  • Sicherheitengestellung oder
  • Fälligkeit der Zinszahlungen.

Sollte der Vertrag nicht anzuerkennen sein, wäre der geltend gemachte Zinsaufwand von vornherein nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Bei einer Anerkennung des Darlehensvertrags dem Grunde nach kommt der Ansatz einer vGA nur dann in Betracht, wenn der Preis als der der D GmbH als Darlehensgeberin zustehende Zins für die Kapitalüberlassung das Maß des Fremdüblichen überschritten hätte. Dies festzustellen, sieht der BFH in erster Linie als Obliegenheit des FG. Für die von ihm regelmäßig durchzuführende Schätzung kann es sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH verschiedener Methoden bedienen. Welche am geeignetsten ist, hat im Einzelfall ebenfalls das FG zu entscheiden.

Wenn es, wie geschehen, die Preisvergleichsmethode dafür hält, dann muss der zu beurteilende Preis einerseits und der als Maßstab anzulegende Vergleichspreis andererseits auf zumindest im Wesentlichen identischen Leistungsbeziehungen beruhen. Einen Preisvergleich stuft der BFH deshalb nicht oder nur mit Einschränkungen als möglich ein, wenn bei einem verbundenen Unternehmen spezielle Umstände gegeben sind. Diese müssten im Verhältnis zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen eine abweichende Preisgestaltung veranlassen. In einem solchen Fall können tatsächlich vorhandene Vereinbarungen mit oder zwischen dritten Unternehmen allenfalls nach Vornahme entsprechender Anpassungen auf die konkret zu beurteilende Leistungsbeziehung übertragen werden.

Wie ist die Rechtslage bei fremdüblicher Verzinsung?

Der Gesetzgeber will insbesondere verhindern, dass Sie als GmbH Gesellschafterdarlehen dazu nutzen, die Wirtschaftslage der Gesellschaft zu verzerren. Zinszahlungen auf Gesellschafterdarlehen erkennt die Finanzverwaltung deswegen steuerlich nur in der Höhe an, wie sie fremde Dritten untereinander vereinbaren würden. Das ist der Fremdvergleich. Halten diesem Zinssätze nicht stand, erkennt die Finanzverwaltung sie grundsätzlich als vGA nicht an.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung darf Ihr zu versteuerndes Einkommen als GmbH nicht mindern und gehört deshalb außerbilanziell zum steuerlichen Einkommen. Infolgedessen erhöht sich die Bemessungsgrundlage für die Körperschafts- und Gewerbesteuer. Offen ist, ob die Finanzverwaltung die Entscheidung des BFH anerkennt. Gleichwohl eröffnet es Ihnen als steuerpflichtige GmbH einen größeren Spielraum für die Rechtfertigung eines höheren Zinssatzes für nachrangige und unbesicherte Gesellschafterdarlehen.

Autor*in: Franz Höllriegel