16.05.2018

Stellenausschreibung: Grenze für kirchliche Arbeitgeber

Kirchliche Arbeitgeber dürfen nicht bei jeder Stelle eine Religionszugehörigkeit von den Bewerbern fordern. Zu diesem Ergebnis kam am 17.4.2018 der Europäische Gerichtshof bei seiner Entscheidung über einen Fall in Deutschland. Die Bedingung der Kirchenzugehörigkeit darf nur gestellt werden, wenn dies für die Beschäftigung objektiv geboten ist und die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt (EuGH Nr. C-414/16).

Kirche

Zweitgrößter Arbeitgeber in Deutschland

Nach Erhebungen der Gewerkschaften sollen die kirchlichen Arbeitgeber rd. 1,5 Mio. Arbeitnehmer beschäftigen, die Diakonie allein 525.000. Sie sind damit hinter dem Staat zweitgrößter Arbeitgeber in Deutschland. Umso bedeutender ist es, wenn kirchliche Arbeitgeber nur Bewerber akzeptieren, die der gleichen Konfession angehören. Vor dem Hintergrund des in Deutschland bestehenden Diskriminierungsverbots ist dies eine angreifbare Haltung.

Ist Konfessionslosigkeit ein Hindernis?

Das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung hatte in einer Stellenausschreibung für eine befristete Referentenstelle für das Projekt „Parallelberichterstattung zur UN-Antirassismuskonvention“ die Zugehörigkeit zur evangelischen oder einer der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland angehörenden Kirche gefordert. Bewerber sollten diese auch in ihrem Lebenslauf ausweisen. Eine konfessionslose Bewerberin wurde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Da sie annahm, sie habe die Stelle wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht bekommen, verklagte sie die evangelische Institution und forderte knapp 10.000 Euro Entschädigung.

Das Bundesarbeitsgericht legte den Fall vorab dem EuGH mit der Frage vor, ob berufliche Anforderungen, die von religiösen Organisationen unter Berufung auf das Privileg der kirchlichen Selbstbestimmung gestellt werden, gerichtlich überprüft werden können. Derzeit fände nur eine Plausibilitätskontrolle auf der Grundlage des kirchlichen Selbstverständnisses statt.

Es kommt auf die Tätigkeit an

Die entscheidende Frage ist nach Ansicht der europäischen Richter, ob die ausgeschriebene Tätigkeit unbedingt voraussetzt, dass jemand in der Kirche ist und sich zu ihren Werten bekennt. Diese Frage müssen im Streitfall nicht kirchliche Arbeitgeber, sondern die zuständigen nationalen Gerichte entscheiden.

Kirchen dürften zwar eine „mit der Religion oder Weltanschauung zusammenhängende Anforderung“ stellen. Dies gelte aber nur, wenn diese Bedingung bei der jeweiligen Tätigkeit „eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation“ darstelle.

Entschieden ist der Fall mit dem EuGH-Urteil aber noch nicht. Nach seiner Auslegung des EU-Gesetzes muss nun die deutsche Justiz entscheiden. Und nicht nur auf die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) könnte eine Änderung des Kirchenrechts zukommen.

Die katholische Caritas sieht zunächst keinen Handlungsbedarf. Es gebe eine Grundordnung, in der die Einstellungspraxis klar geregelt ist, sagte der bayerische Caritas-Direktor Piendl. Daraus gehe hervor, welche Stelle eine Zugehörigkeit zur katholischen Kirche erfordert und welche nicht. Das decke sich mit der nun erfolgten Rechtsprechung.

Autor*in: Werner Plaggemeier (langjähriger Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“)