Mitarbeiter verbinden statt führen?
Seit dem „GröFaZ“ ist Führung ein Unwort. Es steht für Kampf, Mühe, Überwindung, Binden der Mitarbeiter. Folge: Krampfhafte Versuche der Umschreibung mit „Leadership“ oder „Leitung“. Dabei zielt Führung auf Einbeziehung der Mitarbeiter, Sinnhaftigkeit und Wertschätzung.

Was ist Führung?
Platt ausgedrückt: Ergebnisse über andere Menschen zu erreichen! Dem setzt die Wirtschaftspsychologische Gesellschaft (WPGS) die wissenschaftliche Definition entgegen. Führung als Autorität oder Gefolgschaft zu haben oder Vorbild zu sein hält sie von der Aussage her nicht für falsch, dennoch für wenig hilfreich mit ihrer
- Beschränkung auf einen Aspekt der Führung und
- Verwechselung des zu Grunde liegenden Phänomens mit ihren
- Machtgrundlagen (Status),
- Wirkungen (Verhaltensbeeinflussung) oder
- Instrumenten (Vorbildverhalten).
Den Begriff „Führung“ sehen die Wirtschaftspsychologen zudem nicht nur in Bezug auf Menschen verwendet, sondern auch auf Unternehmen, Automobile oder sogar Hunde, meistens allerdings im Sinne irgendeiner Form von Lenkung und Beeinflussung – und dies auch für die Menschenführung. Sie schmelzen Führung in diesem Sinne auf einen zentralen Kern zusammen als:
- „Führung ist die zielgerichtete Beeinflussung des Erlebens und des Verhaltens von Einzelpersonen und von Gruppen innerhalb von Organisationen.“
Ausgehend von der Definition richtet die WPGS den Blick tiefer auf die Bedeutung von Führung mit einem ganzen Katalog sich daraus ableitender Merkmale:
- Führung ist ein Prozess
- Führung hat mit Macht zu tun
- Führung ist zielgerichtet
- Führung entsteht im sozialen System
- Führung bezieht sich auch auf Erleben
- Führung bezieht sich auf Einzelpersonen, aber auch auf Gruppen
- Führung ist Beeinflussung innerhalb von Organisationen
- Führung kann geteilt ausgeübt werden
- Führung ist nicht an eine formelle Position gebunden
Nicht unwichtig für Sie als Führungskraft dürfte ein Blick auf Negativbeispiele von Führung sein. Unser Tipp: beschäftigen Sie sich auch damit und lernen Sie aus den Fehlern anderer.
Ist die negative Konnotation von Führung noch zeitgemäß?
Wenn man ihren Ursprung in unseliger deutscher Geschichte ausblendet, demnach eigentlich nicht. Aber viele wie der Unternehmer und Initiator des „Quant“-Modells Christoph Döhlemann sieht in Führung heute noch allzu oft den „krampfhaften Versuch, Menschen zu ändern, sie wie in ein Korsett in ein System zu pressen“. Klassische Führung kommt ihm zufolge aus der „Steinzeit des Unternehmertums“. Er hält es für umso erstaunlicher, wie tief dieses alte Bild nach wie vor im Umgang zwischen Management und Mitarbeitern verankert sei. Das uralte Vorbild sei das Militär. Es sei längst vergessen und müsste einem neuen Führungsbild und -stil gewichen sein.
Tipp der Redaktion
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Was ist das Quant-Modell?
Es handelt sich dabei um eine von Christoph und Romina Döhlemann entwickelte Methode der vorausschauenden Unternehmenssteuerung. Das Kernelement dieser Methode sind bestimmte Energien, die das Unternehmenswachstum auf einer immateriellen Ebene steuern und erst durch bestimmte Wirkungen sichtbar werden. Der Geschäftsführung soll sie eine „einfache und freudvolle Alternative“ zu komplizierten Strategiepapieren zur Verfügung stellen, die u.a. folgende Probleme lösen soll:
- ausbleibende Wachstumssprünge trotz optimaler Strukturen
- hohe Mitarbeiterfluktuation trotz aller Anstrengungen, Mitarbeiter zu halten
- stagnierende Erträge trotz Vertriebsschulungen
- Weiterbildungen schaffen nur für kurze Zeit Abhilfe
- die bisherigen Führungstechniken schlafen fehl oder wirken kontraproduktiv
Ist das Militär diesem Führungsbild immer noch verpflichtet?
Für Döhlemann ja. Ihm schwebt dabei offenbar weniger das Bild einer modernen Berufsarmee wie der Bundeswehr vor, wenn er Anreize für Status und Ego nach dem Möhren-Prinzip ins Spiel bringt: Eine Karotte unerreichbar direkt vor der Nase baumelnd – eine Belohnungsillusion – solle jedermann dazu motivieren, weiterzumarschieren.
Wenn man sich das Bild der Bundeswehr von heute genauer betrachtet, nein. Die Bundeswehr präzisiert ihr Führungsbild beispielsweise mit den Grundsätzen der Inneren Führung als
- Grundlage für den militärischen Dienst in der Bundeswehr und für das Selbstverständnis der Soldaten
- Leitlinie für die Führung von Menschen
- den richtigen Umgang miteinander
- Gewährleistung, dass die Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft bleibe
- Einordnung der Bundeswehr in den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland.
Die Konzeption der Inneren Führung ist laut der „Zentralen Dienstvorschrift A-2600/1, Innere Führung, Selbstverständnis und Führungskultur“ für jeden Soldaten verbindlich. Dieser Anspruch richtet sich demnach in besonderer Weise an Vorgesetzte, die ihnen anvertraute Menschen:
- zu führen
- auszubilden
- zu erziehen haben.
Hat sich ein ähnliches Denken in den Führungsetagen der Wirtschaft durchgesetzt?
Döhlemann zufolge wenigstens wieder nein. Führung weckt ihm zufolge in den Köpfen zahlreicher Führungskräfte immer noch Assoziationen mit
- Kampf
- Mühe
- Überwindung
- wenig zielführenden Versuchen, Mitarbeiter zu binden.
Döhlemann will immer wieder in Unternehmen die Überzeugung finden, Führung bedeute:
- Wir müssen die Menschen anleiten.
- Wir müssen sie führen.
- Wir müssen ihnen sagen, was zu tun ist.
Darin scheinen sich Döhlemann zufolge viele Unternehmen ähnlich und ein Großteil der Führungskräfte einig zu sein. Genau deshalb sähen viele Firmen in Bezug auf Organisation und Strukturen gleich aus. Das führe bisweilen zu dem Schluss: So falsch könne man gar nicht liegen, oder? Mit der Vorstellung von Sicherheit und einer zumindest ansatzweisen Berechtigung für ein solches Vorgehen, zumal man ja mit verschiedenen Führungsinstrumenten und -methoden versucht habe, das Ganze etwas zu entschärfen.
Gibt es Ansätze neuer Führungsstile?
Immerhin ist Döhlemann hier zuversichtlich. Im Laufe der Jahre sei die Führung ein Stück weit zeitgemäßer geworden, aber wohl nicht genug. Vielerorts bedeute dies nichts anderes als:
- Wir beziehen die Mitarbeiter mit ein.
- Wir bilden Kreativzirkel.
- Wir integrieren alle Beteiligten.
Dabei geht es für Döhlemann bei einer modernen, zeitgemäßen Führung nicht um die Bindung von Mitarbeitern, sondern um das Schaffen echter Verbundenheit mit und zwischen diesen – und damit genau um die Grundsätze der Inneren Führung der Bundeswehr, siehe oben. Nur wenn diese bestehe, sei ein Unternehmen heute noch zukunftsfähig, ist Döhlemann überzeugt.
Doch zeichnet er von der Wirklichkeit ein anderes Bild, auch wenn die Absicht gut gewesen sein mag. Meistens tue man so, als ob die Mitarbeiter mitgestalten können. Im Kern der Sache bleibe es in den Unternehmen häufig bei einem für Döhlemann veralteten Menschen- und Arbeitsbild: Wir müssen Vorgaben machen. Man verteile Macht im Unternehmen, garniert:
- kleinteilig
- mit genauen Arbeitsanleitungen
- Verfahrensanweisungen und vielem mehr.
Döhlemann: „Das füttert das Ego und den Status.“
Den Begriff „Mitarbeiterbindung“ verwendeten viele Unternehmen nach wie vor vollmundig, dabei sage er aus: Wir müssen die Mitarbeiter binden, etwa nach Tolkiens Roman „Der Herr der Ringe“:
- Mitarbeiter festhalten
- am Weglaufen hindern
- herumkommandieren, mit Fußfessel oder Maulkorb
Immerhin räumt Döhlemann ein, viele Unternehmen und Manager hätten die – wenn, so Döhlemann, überhaupt jemals – nicht mehr zeitgemäße Art dieser Führung erkannt. Ein solcher Ansatz könne nicht in eine erfolgreiche Zukunft führen.
Was wäre der Ansatz für eine erfolgreiche Zukunft für Ihre Praxis als Unternehmen?
Nach Döhlemann brauche zeitgemäße Führung:
- Sinnhaftigkeit und
- Wertschätzung.
Sinn schaffe:
- mehr Verantwortung und
- mehr Leistung.
Von Wertschätzung komme Leistungsfähigkeit in der Gruppe und damit die erhoffte Wertschöpfung. Sie entstehe wiederum durch Sinnhaftigkeit.
Die Mitarbeiter Ihres Unternehmens sähen damit in ihrem Tun einen höheren Sinn, mit dem sie sich identifizieren können. Ihre Mitarbeiter müssen sich von sich aus mit dem Unternehmen verbinden wollen. Döhlemann spricht in seinem Quant-Modell von der Quellenergie: Wirkt diese Energie stark im Unternehmen, dann folgt die Umsetzung. Oder: sie geschieht und entwickelt sich von innen heraus – durch das Miteinander in Ihrem Unternehmen. Döhlemann: „Mit Freude und Leichtigkeit. Ganz von selbst.“