12.02.2020

Lieferantenauswahl: Kennen Sie die entscheidenden Kriterien?

Im Einkauf liegt der Gewinn. Das ist im Handel so, um am Ende des Tages Gewinn zu machen, kaufen aber auch produzierende Unternehmen Waren ein – häufig 40 Prozent oder mehr. Dabei geht es beim Einkauf um mehr als den Preis. Entscheidend hier ist die Qualität der Lieferanten.

Lieferantenauswahl

Im Einkauf der Gewinn? Wie das?

Nehmen Sie folgendes Beispiel: Sie erzielen einen Umsatz von acht Millionen Euro. Ihr Materialeinsatz beträgt 50 Prozent, Ihre Betriebskosten belaufen sich auf 42 Prozent vom Umsatz. Und als Gewinn bleiben Ihnen davon nur klägliche 640.000 Euro. Jetzt wird Ihnen auf einmal klar: Geld macht nicht glücklich.

Das wollen Sie ändern: um beispielsweise Ihren Gewinn um 80.000 Euro zu erhöhen, müssten Sie Ihren Umsatz um 12,5 Prozent steigern. Oder aber: Sie verringern Ihren Wareneinsatz. Um denselben Effekt beim Gewinn zu erzielen, brauchen Sie nur für zwei Prozent weniger für die Produktion einzusetzende Waren einzukaufen. Das mag Ihnen die Bedeutung des Einkaufs für den Unternehmenserfolg verdeutlichen – und den tieferen Sinn der Weisheit „im Einkauf liegt der Gewinn“.

Wo sind die Stellschrauben, um den Wareneinsatz zu verringern?

Eine ganz wichtige werden sicher Ihre Lieferanten sein. Fragen Sie Ihre Mitarbeiter im Einkauf! Sie werden Ihnen die negativen Auswirkungen von schlechten Leistungen von Lieferanten bestätigen, wenn sie:

  • Termine überschreiten,
  • Zusagen nicht einhalten,
  • dringend benötigte Ware in schlechter Qualität liefern.

Das Nachsehen haben dann Sie in Ihrer Eigenschaft wiederum als Lieferant für Ihre eigenen Kunden, wenn jetzt Sie:

  • Zusagen an sie nicht einhalten,
  • Ihr Einkauf alle Hebel in Bewegung setzen muss, um durch irgendwelche Sonderaktionen die Situation zu retten.

Was lernen Sie als Unternehmen daraus?

Dass Sie Ihren Einkauf professionell aufstellen müssen. Es gibt immer gute, weniger gute und schlechte Lieferanten. Da macht Ihr Unternehmen keine Ausnahme. Um auf die richtigen Lieferanten zu setzen, überlegen Sie sich genau: Was erwarten Sie von Ihren Lieferanten?

Was macht einen professionellen Einkauf aus?

Er benötigt vor allem Antworten auf folgende zwei Fragen:

  • Mit welchen Lieferanten wollen wir in Zukunft dauerhaft zusammenarbeiten?
  • Wie wollen wir mit unseren Lieferanten zusammenarbeiten?

Erst wenn Sie diese beiden Fragen für sich beantwortet haben, können Sie die Kriterien für Ihre Lieferantenauswahl bestimmen.

Welche Kriterien sind für Ihre Lieferantenauswahl von Bedeutung?

Ein Kriterium wird der Preis sein. Um Ihre Kosten so gering wie möglich zu halten, sollten Sie für die zu beschaffenden Güter möglichst wenig bezahlen müssen. Sie werden aber auch übergeordnete Einkaufsziele bestimmen. Am besten machen Sie sich als erstes Gedanken über die Anzahl der Kriterien. Bei einer zu geringen Anzahl übersehen Sie vielleicht wichtige Vor- oder Nachteile, die für die Beurteilung einzelner Lieferanten durchaus von Bedeutung sein können. Demgegenüber ist eine zu große Anzahl von Kriterien mit einem hohen zeitlichen Aufwand für den Lieferantenvergleich verbunden.

Im nächsten Schritt legen Sie die Kriterien für die Beurteilung der Lieferanten fest. Welche hierbei in Betracht kommen, hängt ab u. a. von:

  • der Art der zu beschaffenden Güter,
  • der Branchenzugehörigkeit,
  • der Situation auf dem Beschaffungsmarkt.

Liegen die Kriterien für die Lieferantenbewertung vor, können Sie die Eignung in Betracht kommender Lieferanten prüfen. Hierfür stehen Ihnen verschiedene Verfahren zur Verfügung, wie z.B.:

  • der Einfaktorenvergleich,
  • das Punktbewertungsverfahren,
  • das Quotientenverfahren.

Der Einfaktorenvergleich ist besonders einfach anzuwenden, berücksichtigt allerdings nur ein einziges Kriterium. Diplom-Betriebswirt Michael Konetzny, kaufmännischer Leiter in einem mittelständischen Unternehmen und für die effiziente Steuerung des Unternehmens verantwortlich, empfiehlt demgegenüber das Punktbewertungsverfahren. Es eigne sich für ein genaueres Ergebnis auf Grundlage mehrerer Faktoren mit unterschiedlicher Gewichtung.

Dieses Verfahren bewertet die von Ihnen festgelegten Bewertungskriterien auf einer Skala von 1 bis 5. Gute Leistungen erhalten eine vergleichsweise hohe, schlechte Leistungen eine eher niedrige Punktzahl. Zur Durchführung dieses Bewertungsverfahrens dient zunächst eine Bewertungsskala (s. Abb. 1).

Bewertungsskala
Bewertungsskala

Nachdem Sie für jedes Kriterium eine Punktzahl an die in Frage kommenden Lieferanten vergeben haben, zählen Sie für jeden von ihnen die Punktzahlen für alle Kriterien zusammen. Doch täuschen Sie sich nicht! Es wäre etwas einfach, wenn Sie den Lieferanten mit der höchsten Punktzahl als den für Sie besten Lieferanten wählen. Vielmehr machen verschiedene Beschaffungssituationen eine differenzierte Gewichtung der Kriterien erforderlich:

  • Eigene Produktionsengpässe machen die Lieferzeit eines Lieferanten deutlich wichtiger als den Preis.
  • Liegt Ihr Anspruch darauf, besonders hochwertige Produkte herzustellen, wird die Qualität der eingesetzten Stoffe für Sie im Vordergrund stehen.

Um eine solche Gewichtung vorzunehmen, legen Sie für jedes Kriterium einen Gewichtungsfaktor fest (s. Abb. 2).

Gewichtung der Beurteilungskriterien
Gewichtung der Beurteilungskriterien

Berücksichtigen Sie nur Merkmale, für die Ihnen verlässliche Informationen vorliegen.

Sie können eine Erfolgsverbesserung und ein partnerschaftliches Verhältnis zu Ihren Lieferanten anstreben. Auch hier kommt es weniger auf den Preis an, sondern etwa auf:

  • Produktqualität,
  • Zuverlässigkeit,
  • mögliche Fehler- und Fehlmengenkosten usw.

Bei diesem Verfahren können Sie eindeutig bestimmen, welche Lieferanten Sie vorziehen können. Außerdem können Sie über die gewichteten Bewertungsergebnisse eine Rangfolge Ihrer Lieferanten herstellen. Der Nachteil ist der vergleichsweise hohe Aufwand zur Durchführung – vor allem im Hinblick auf die Informationsbeschaffung.

Bei dem Quotientenverfahren bewerten Sie Ihre Lieferanten mithilfe sogenannter Raten. Sie setzen das Ergebnis eines Merkmals, das der jeweilige Lieferant erzielt, in Beziehung zu bestimmten Größen (Abb. 3 und Abb. 4).

Berechnung nach Quotientenverfahren
Berechnung nach Quotientenverfahren
Beispiel Quotientenverfahren
Beispiel Quotientenverfahren

Wie ermitteln Sie diese Raten?

Am besten mithilfe einer Excel-Tabelle. Konetzny mahnt jedoch, nicht voreilig zu handeln, wenn Ihnen die Ergebnisse der Lieferantenbewertung vorliegen. Märkte verändern sich immer schneller und der Einfluss der Einkaufsleistung auf das Unternehmensergebnis wird immer größer. Schon deswegen sollte Ihr Einkauf sein Verhältnis zu seinen Lieferanten regelmäßig überdenken. Ein Beziehungsmanagement will gut überlegt sein. Nicht immer sind ausschließlich die rein rechnerisch ermittelten Bewertungen von Bedeutung.

Dürfen Sie loben – oder hebt Ihr Lieferant dann gleich die Preise an?

Nicht zu oft, aber ab und zu sehr gerne. Guten Lieferanten dürfen Sie durchaus signalisieren, dass sie gut sind – ohne gleich befürchten zu müssen, dass sie ihre Preise anheben. Spätestens in schwierigen Zeiten zahlen sich solche guten Geschäftsbeziehungen für Sie aus.

Tipp der Redaktion

Wenn Ihnen dieser Beitrag gefallen hat und Sie sich für solche und ähnliche Themen interessieren, lesen Sie jetzt 14 Tage kostenlos eine Ausgabe des „Führung und Management AKTUELL“.

Autor*in: Franz Höllriegel