02.05.2023

Berechnung des geldwerten Vorteils einer Unterkunft für die Lohnabrechnung

Sie beschäftigen einen Arbeitnehmer nicht aus der näheren Umgebung? Dann wird er es zu schätzen wissen, wenn Sie ihm Wohnraum zur Verfügung stellen. Damit gewähren Sie ihm für das Finanzamt geldwerten Vorteil anstelle von Barlohn, wenn dies mehr als 50 Euro entspricht.

Berechnung des geldwerten Vorteils einer Unterkunft

Ist Wohnraum von weniger als 50 Euro steuerrechtlich relevant?

Grundsätzlich ist jeder geldwerte Vorteil darüber im Monat zunächst steuer- und sozialversicherungspflichtig. Bleibt die Frage, mit welchem Wert dieser Sachwert in der Lohnabrechnung des Mitarbeiters anzusetzen ist. Bei der Gestellung von Wohnraum durch Sie als Arbeitgeber unterscheidet man zwischen zwei Einordnungen:

  • Wohnung oder
  • Unterkunft

Was gilt als Wohnraum?

Wenn dieser abgeschlossen ist. Das bedeutet, er weist zwingend auf:

  • ein eigenes Bad sowie
  • eine Kücheneinrichtung, z.B. schon eine Küchenzeile z.B. in einem Einraumappartement – eine Küchen- oder Badmitbenutzung schließt dagegen die Einordnung als Wohnung aus.

Bei einer Wohnung wird zudem die ortsübliche Miete abzüglich eines Drittels des ermittelten Werts als geldwerter Vorteil angesetzt. Sie können die 50 Euro Sachbezugsfreigrenze berücksichtigen. Das dürfte allerdings wegen der Miethöhen in der Praxis selten vorkommen.

Wann spricht man von einer Unterkunft?

Wenn Sie als Arbeitgeber Ihrem Mitarbeiter ein Zimmer in einer Wohnung zur Verfügung stellen und er sich Bad und Küche mit anderen Personen teilen muss.

Die Bewertung als Sachbezug für eine Unterkunft erfolgt nach amtlichem Sachbezugswert. Im Jahr 2022 betrug er 241 Euro. Die Berücksichtigung der 50 Euro Sachbezugsfreigrenze ist dabei schon grundsätzlich und nicht nur wegen der Höhe ausgeschlossen. Da es sich bei einer Unterkunft im Regelfall um eine Gemeinschaftsunterkunft handelt, dürfen Sie den Sachbezugswert von 241 Euro um 15 Prozent gekürzt ansetzen. Alleine die Tatsache, dass es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft handelt, berechtigt noch nicht zur Kürzung um 40 Prozent.

Wieso sollten Sie den Sachwertbezug um 40 Prozent kürzen?

Dazu hat der Bundesfinanzhof einen wichtigen Beschluss gefasst (vom 12.05.2022, Az.: VI B 73/21). Grundlage für die Bewertung von Sachbezügen für die Einkommensteuer gemäß § 8 Abs. 2 Satz 6 Einkommensteuergesetz (EstG) ist der in § 2 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (SvEV) geregelte Wert des Sachbezugs.

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Was muss hinzutreten, damit Sie in den Genuss des 40-Prozentabzuges kommen?

Dass das jeweilige Zimmer – also die Unterkunft – mit zwei Beschäftigten belegt ist. Zur Begründung hierfür zieht der BFH Satz 2 Nr. 3a der genannten Vorschrift in der SvEV heran. Sie setzt die Belegung eines Zimmers als Unterkunft mit zwei Personen voraus. Ist das gegeben, wenn Sie als Arbeitgeber Ihrem Arbeitnehmer eine aus mehreren Zimmern bestehende Gemeinschaftsunterkunft gewähren, dann können Sie den vorab bereits um 15 Prozent gekürzten, 2022 geltenden amtlichen Sachbezugswert von 241 Euro um weitere 40 Prozent kürzen.

Warum erließ der BFH einen Beschluss und nicht ein Urteil?

Weil die entsprechende Beschwerde der Klägerin unzulässig war. Vorausgegangen war ein Urteil des Hessischen Finanzgerichts, das die Revision dagegen nicht zugelassen hatte. Hiergegen hatte die Klägerin Beschwerde ein-, aber nicht dargelegt, warum das FG-Urteil ihrer Ansicht nach hätte revidiert werden sollen. Dies hätte dafür von grundsätzlicher Bedeutung sein oder der Fortbildung des Rechts dienen müssen. Die Klägerseite hätte also substantiiert zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage ausführen müssen:

  • Wäre die Rechtsfrage im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar,
  • deren Beurteilung zweifelhaft oder
  • umstritten?

Hierzu hätte sich der Beschwerdeführer mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen müssen. Insbesondere wären Ausführungen dazu erforderlich gewesen, die Beantwortung der Rechtsfrage wäre zweifelhaft und umstritten:

  • in welchem Umfang,
  • von welcher Seite und
  • aus welchen Gründen.

Liegt zu der vom Beschwerdeführer herausgestellten Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, so hätte zu der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit eine fundierte Stellungnahme gehört, weshalb diese Rechtsprechung noch nicht zu einer hinreichenden Klärung geführt habe oder aufgrund welcher neuen Entwicklung sie nunmehr erneut in Frage gestellt werden müsse.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat aber bereits vorgelegen in Form eines Urteils des Bundessozialgerichts (BSG vom 23.02.2017 – B 11 AL 1/16 R). Diesem schloss der BFH seinen Beschluss an.

Worum ging es in dem BSG-Urteil?

Um eine 1988 geborene Studentin. Sie leistete nach Beendigung ihrer Schulausbildung in der Zeit vom 27.8.2007 bis 26.8.2008 ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) beim Deutschen Roten Kreuz des Saarlandes als Träger ab. Dieses setzte sie freiwillig im Ausland ein. Als Grundlage diente die mit dem Träger im Mai 2007 geschlossene „Vereinbarung über die Ableistung eines FSJ“. Danach war sie verpflichtet, die Dienst- und Hausordnung sowie die Weisungen der Einsatzstelle zu befolgen und die ihr übertragenen Aufgaben verantwortungsbewusst zu erfüllen.

Der Träger verpflichtete sich, ihr ein monatliches Taschengeld in Höhe von 150 Euro sowie einen monatlichen Verpflegungs- und Fahrtkostenzuschuss in Höhe von 55 Euro zu zahlen, eine angemessene Unterkunft zur Verfügung zu stellen und für sie Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zu entrichten. Zudem vereinbarte man 25 Tage Jahresurlaub sowie Fortzahlung des Taschengeldes im Krankheitsfall.

Im Anschluss an das FSJ meldete sich die Studentin am 8.9.2008 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Sie legte eine Arbeitsbescheinigung des Trägers über ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von insgesamt 2460 Euro im Zeitraum vom 27.8.2007 bis 26.8.2008 vor und gab an, am 1.10.2008 ein Studium aufzunehmen. Die beklagte Agentur für Arbeit (AA) bewilligte ihr vom 8. bis 30.9.2008 Alg in Höhe von 3,19 Euro täglich, das sie ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 6,72 Euro täglich berechnete. Dem widersprach die Studentin. Sie forderte ein höheres Alg nach einem fiktiven Arbeitsentgelt der Qualifikationsgruppe 4. Doch ohne Erfolg. Gegen den Widerspruchsbescheid klagte sie vor dem Sozialgericht (SG).

Dies änderte die angefochtenen Bescheide und verurteilt die Beklagte, der Klägerin für den streitigen Zeitraum Alg in Höhe von täglich 7,51 Euro zu zahlen; dabei seien die erbrachten Leistungen anzurechnen. Die Beklagte habe überdies die der Klägerin gewährten Sachbezüge als Arbeitsentgelt berücksichtigen müssen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Geldzahlungen und Sachleistungen, die die Klägerin während ihres FSJ vom Träger erhalten habe, stellten Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs 1 S 1 SGB IV dar. Die Klägerin habe während des FSJ in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden. Sie habe eingegliedert in die Arbeitsorganisation der Einsatzstelle eine Tätigkeit nach Weisungen gemäß § 7 Abs 1 SGB IV verrichtet.

Die Geldzahlungen und Sachleistungen, die die Klägerin während ihres FSJ vom Träger erhalten habe, stellten Arbeitsentgelt nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IV dar. Unerheblich sei, dass sie ihr FSJ im Ausland absolviert habe. Der Regelbemessungsrahmen sei nicht auf zwei Jahre zu erweitern und eine fiktive Bemessung nach § 132 Abs 1 SGB III scheide aus, weil sie mehr als 150 Tage Arbeitsentgelt erzielt habe. Das SG habe auch die Höhe des der Bemessung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts zutreffend bestimmt. Das LSG ließ allerdings die Revision zum BSG zu.

Wie sah das BSG die Sache?

Es gab dem LSG recht und wies die Revision als unbegründet zurück. Es stellte zwar Teilnehmer am FSJ einem Beschäftigten gleich, deren Tätigkeit einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit und das Rote Kreuz als Träger einem Arbeitgeber. Abweichend von den besonderen Vorschriften für Beschäftigte für die einzelnen Versicherungszweige habe er den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein zu leisten, wenn Versicherte ein FSJ leisten. Versicherungsfreiheit von geringfügig Beschäftigten (§ 27 Abs 2 S 1 SGB III) gelte nicht für Personen, die nach dem Gesetz über das Freiwillige Sozial Jahr (FSJG) nur geringfügig beschäftigt sind. Nach der Legaldefinition des § 24 Abs 1 SGB III stehen Personen in einem Versicherungspflichtverhältnis, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Nach § 25 Abs 1 S 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind.

Zutreffend habe das LSG den Wert der gestellten Unterkunft mit monatlich 198 Euro angesetzt (§ 2 Abs 3 S 1 SvEV alte Fassung). Nach der gesetzgeberischen Leitvorstellung liegt dem Sachbezugswert für freie Unterkunft der Preis für das Zimmer eines Untermieters zugrunde. Unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 2 Abs 6 SvEV ergebe sich ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 5805,23 Euro. Von diesem Betrag sei das SG nicht zu Lasten der Klägerin abgewichen. Da die Beklagte gegen das Urteil des SG keine Berufung eingelegt hat, ist rechtskräftig entschieden, dass der Klägerin vom 8. bis 30.9.2008 ein Anspruch auf Alg in Höhe von 7,51 Euro täglich zusteht.

Das BSG beruft sich in seinem Urteil auf die gesetzgeberische Leitvorstellung vom Sachbezugswert für freie Unterkunft. Ihr liege der Preis für das Zimmer eines Untermieters zugrunde. Zu einer Minderung des Werts der Unterkunft nach § 2 Abs 3 S 2 Nr 3 SvEV („Belegung mit zwei Beschäftigten“) berechtige der Tatbestand des Zusammenlebens in einer Wohngemeinschaft in der vom Landessozialgericht (LSG) festgestellten Art hingegen nicht.

Autor*in: Franz Höllriegel