02.03.2018

Befristeter Arbeitsvertrag: Darauf müssen Sie als Betriebsrat achten

Was als Ausnahme gedacht war, ist leider längst zur Regel geworden: Mittlerweile sind viele Stellen nur noch befristet und die betroffenen Mitarbeiter hangeln sich von einer Vertragsverlängerung zur nächsten. In vielen Betrieben sind Befristungen eines der wichtigsten Themen der Betriebsratsarbeit.

Befristeter Arbeitsvertrag

Arbeitsrecht. Befristungen waren eigentlich nur als Ausnahme gedacht. Doch viele Stellen gibt es nur noch befristet. Vielen Arbeitgebern kommt das gelegen. Zu leiden haben darunter die betroffenen Mitarbeiter. Sie hangeln sich von einer Vertragsverlängerung zur nächsten.

Als Betriebsräte haben Sie bei Befristungen vor allem eine Aufgabe: Sie sollen überwachen, dass Ihr Arbeitgeber sich an die gesetzlichen Bestimmungen hält und sie ordnungsgemäß durchführt. Diese Aufgabe ist in § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG geregelt. Um sie zu erfüllen, müssen Sie als Betriebsrat die Grundzüge des Befristungsrechts kennen.

Verbreitung befristeter Arbeitsverträge
Verbreitung befristeter Beschäftigungsverhältnisse (insgesamt und nach Altersgruppen; Daten für 2012 bis 2017 zusammengefasst)

Zwei Arten von Befristungen

Befristung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers eigentlich nur ein Regel-Ausnahme-Verhältnis regeln. Für sie kann es nur zwei Anlässe geben: mit oder ohne sachlichen Grund. Die sachlich begründete Befristung sollte die Regel, diejenige ohne sachlichen Grund die Ausnahme bleiben. Die Befristung mit Sachgrund regelt § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), jene ohne Sachgrund der dortige Abs. 2.

Sachgründe für eine Befristung

  • Vorübergehender höherer Bedarf an Arbeitsleistung

Ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitsleistung wird für eine Befristung am ehesten akzeptiert werden. Beispiele wären Einsatz von zusätzlichen Helfern oder Bedarfsbeschäftigten im Einzelhandel in der Vorweihnachtszeit oder von Erntehelfern in der Landwirtschaft. Problematisch wird es, wenn aus diesem besonderen Grund eingesetzte befristet Beschäftigten später weiter eingesetzt werden, obwohl der Mehrbedarf für den Arbeitgeber längst nicht mehr besteht.

  • Vertretung: beliebter Grund für Befristung

Auch Vertretung ist einer der häufigsten Gründe für eine Befristung etwa wegen Elternzeit oder Erkrankung eines Mitarbeiters. Wichtig dabei ist: Die befristete Einstellung eines Arbeitnehmers erfolgt nur dann zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers, wenn zwischen dem zeitweiligen Ausfall eines Mitarbeiters und der Einstellung ein ursächlicher Zusammenhang besteht.

Achtung: Der zur Vertretung befristet eingestellte Arbeitnehmer muss aber nicht zwangsläufig dieselben Aufgaben erledigen, die der ausgefallene Arbeitnehmer zu verrichten gehabt hätte. Der vorübergehende Ausfall einer Stammkraft und die befristete Beschäftigung zur Vertretung lassen die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt. Die Vertretungskraft muss gerade deswegen eingestellt worden sein, um den ausgefallenen Kollegen zu vertreten.

  • Weitere sachliche Gründe für eine Befristung können insbesondere vorliegen, wenn
    • die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
    • die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
    • die Befristung zur Erprobung erfolgt,
    • in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
    • der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird, oder
    • die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

Die Aufzählung ist nicht vollständig. Nutzen Sie auch die:

Im Einzelfall kann eine Befristung auch aus anderen Gründen gerechtfertigt sein. Ob sie es ist, wäre jeweils zu prüfen. Im Streitfall muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, aus welchen Gründen er eine Befristung für gerechtfertigt hält. Kann er das nicht, gibt es keinen sachlichen Grund, ist ein Grund nicht ausreichend und ist eine Befristung deswegen unwirksam, gibt es wieder zwei Möglichkeiten:

  • Entweder es liegt ein unbefristeter Arbeitsvertrag vor.
  • Oder eine Befristung ohne Sachgrund kommt in Betracht. Allerdings müssen dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Dauer liegt im Ermessen des Chefs

Die vertraglich vereinbarte Befristungsdauer bedarf keiner eigenen sachlichen Rechtfertigung. Hier kann der Arbeitgeber innerhalb gesetzlich zulässiger Grenzen entscheiden. Grundsätzlich muss die Befristungsdauer so bemessen sein, dass eine dem Sachgrund angemessene und sinnvolle Tätigkeit des Arbeitnehmers möglich ist.

 

Vorbeschäftigung bei sachgrundloser BefristungBefristung ohne Sachgrund streng reglementiert

Unter bestimmten Voraussetzungen können Arbeitsverträge auch ohne Sachgrund befristet sein. Dabei handelt es sich um eine Zeitbefristung, nicht um eine Zweckbefristung. Das Gesetz ermöglicht eine Befristung ohne Sachgrund für längstens zwei Jahre. Voraussetzung hierfür ist, dass nie zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber bestanden hat, auch kein noch so kurzes vor egal wie langer Zeit. Eine Befristung ohne Sachgrund kommt letztendlich also nur für absolute Neueinsteiger im Betrieb in Betracht.

Wichtiger Hinweis: Tarifvertrag beachten

Die Gesamtdauer von zwei Jahren kann nur aufgrund eines tatsächlich im Einzelfall wegen bestehender Tarifbindung oder vertraglicher Vereinbarung anwendbaren Tarifvertrages überschritten werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags können auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

Drei Verlängerungen zulässig

Einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag kann man bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren höchstens drei Mal verlängern, wenn nicht schon die erste Befristung den Zweijahreszeitraum von vornherein ausschöpft. Die jeweilige Verlängerung muss nahtlos an die vorangegangene Befristung anschließen. Sind zwei Befristungen zeitlich unterbrochen, ist die erneute Befristung ohne sachlichen Grund unzulässig. Allerdings mit einer vom Bundesarbeitsgericht anerkannten Ausnahme: ein früheres Arbeitsverhältnis liegt mehr als drei Jahre zurück. Das gilt dann nicht als eine Zuvor-Beschäftigung. Durch das Verbot der Zuvor-Beschäftigung sollten Befristungsketten und der Missbrauch befristeter Arbeitsverträge verhindert werden.

Wie die Gesamtdauer auch kann die Anzahl der Verlängerungen ebenfalls durch Tarifvertrag erhöht sein.

Meine Empfehlung: Verlängerungszeitpunkt prüfen

Von erheblicher Bedeutung ist der Zeitpunkt, an dem sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Verlängerung einigen. Nach der Rechtsprechung ist eine Verlängerungsvereinbarung nur wirksam, wenn diese vor Ablauf des zu verlängernden Vertrags getroffen wird.

Besondere Befristungen ohne Sachgrund

In zwei Fällen sind Befristungen ohne Sachgrund speziell über Absatz 2 des § 14 TzBfG hinaus zulässig:

  • bei neu gegründeten Unternehmen, deren Erfolg am Markt so erleichtert werden soll,
  • bei Arbeitnehmern älter als 52 Jahre.

Nach § 14 Abs. 2a TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu vier statt sonst zwei Jahren zulässig, auch die mehrfache nahtlose Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages, vorausgesetzt wieder, dass vorher zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nie ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Auch gilt dies nicht für Neugründungen mit rechtlicher Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen.

Als Betriebsrat sollten Sie deswegen darauf achten, dass Ihr Arbeitgeber nicht im Rahmen möglicher Umstrukturierungsmaßnahmen diese Vorschrift missbraucht.

Befristung 52er-Regel

Befristung: Keine Kündigung nötig

Eine wirksame sachgrundlose Befristung ist eine Zeitbefristung. Das Arbeitsverhältnis endet unmittelbar mit Ablauf der vereinbarten Dauer. Im Fall einer zulässigen Befristung bedarf es keiner besonderen Aufhebung z. B. in Form einer Kündigung. Deswegen finden Kündigungsschutzvorschriften wie Kündigungs- oder Mutterschutzgesetz keine Anwendung. Auch müssen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder Sie als Betriebsrat noch bei Schwerbehinderten das Integrationsamt gehört werden.

Arbeitgeber darf grundsätzlich nicht kündigen

Andererseits ist eine ordentliche Kündigung vor Ablauf der Befristung grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, dies wurde einzelvertraglich oder in einem anwendbaren Tarifvertrag ausdrücklich vereinbart. Dies gilt auch für den Arbeitnehmer. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ebenso wie eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag sind dagegen auch ohne besondere einzelvertraglich oder tarifvertraglich getroffene Vereinbarung vor Zeitablauf möglich.

Befristungsabrede unterliegt nicht Mitbestimmung

Der Mitbestimmungspflicht unterliegt im Übrigen nicht der Inhalt der Befristungsabrede. So können Sie als Betriebsrat Ihre Zustimmung nach § 99 BetrVG nicht mit der Begründung verweigern, die Befristung stimme nicht mit den gesetzlichen Vorgaben des TzBfG überein und sei deshalb unwirksam. Gegen mögliche Rechtsverstöße kann sich der befristet Beschäftigte nur selbst wehren.

Eine mitbestimmungspflichtige Einstellung liegt vor, wenn der Arbeitgeber

  • eine Befristung verlängert
  • eine Befristung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umwandelt oder
  • ein Teilzeit- in ein Vollzeitarbeitsverhältnis umwandeln will und umgekehrt.

Befristeter Arbeitsvertrag: Schriftform einhalten

Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Andernfalls entsteht automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Es kann nur einvernehmlich oder durch Ausspruch einer Kündigung – gegebenenfalls unter Beachtung des Kündigungsschutzgesetzes oder Mitwirkung des Betriebsrats – beendet werden. Immer wieder kommt es bei der schriftlichen Niederlegung von Befristungen zu Fehlern. Deshalb sollten betroffene Arbeitnehmer ihren Vertrag genau prüfen lassen.

 

Eckdaten des befristeten Arbeitsvertrags

Aus der schriftlichen Regelung muss sich ergeben, dass es sich um einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag handelt. Anfangs- und Endtermin müssen niedergeschrieben werden. Bei einer Sachgrundbefristung muss der Sachgrund nicht im Vertrag stehen; es genügt das Vorhandensein eines sachlichen Grundes. Wird der Arbeitnehmer indes für ein bestimmtes Projekt eingestellt, dessen Ende bei Vertragsschluss noch nicht feststeht, muss dieser Zweck festgehalten werden.

Für die Interessen der befristet Beschäftigten eintreten

Als Betriebsrat sollten Sie Ihren Arbeitgeber zu einer geringeren Anzahl von Befristungen bewegen. Er muss Sie über die Anzahl der befristet beschäftigten Arbeitnehmer und ihren Anteil an der Gesamtbelegschaft des Betriebs und des Unternehmens informieren. Diese Fakten sind eine wichtige Grundlage, wenn Sie sich um die befristet Beschäftigten in Ihrem Hause kümmern wollen. Nach Betriebsverfassungsgesetz können Sie als Betriebsrat bei ihm Maßnahmen beantragen, die der Belegschaft dienen. So können Sie etwa beantragen, dass bereits mehrfach befristet eingestellte Vertretungskräfte einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten. Schließlich können Sie als Betriebsrat den Arbeitnehmer über die rechtlichen Voraussetzungen von Befristungen und die Rechtsfolgen unwirksamer Befristungen aufklären. Sie sollten ihn dabei unbedingt auf eine mögliche Rechtsunwirksamkeit der Befristung hinweisen, wenn er bis drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des Arbeitsvertrages beim Arbeitsgericht Feststellungsklage erhebt. Danach gilt die Befristung als von Anfang an wirksam.

Autor*innen: Silke Rohde (Silke Rohde ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin von "Betriebsrat kompakt".), Friedrich Oehlerking (Friedrich Oehlerking ist Journalist und Autor des Werkes Wirtschaftswissen für den Betriebsrat.)