31.10.2022

Kündigungsfrist für Geschäftsführer Dienstverträge

„Die gesetzliche Kündigungsfrist“. Steht das in Ihrem Anstellungsvertrag als Geschäftsführer auch? Mal ehrlich: Wissen Sie, was das für Sie bedeutet? Spätestens bei der Einordnung Ihres Vertrages als Arbeit oder Dienst stoßen Sie auf Probleme. Hiernach aber richten sich Ihre Fristen.

Kündigungsfrist Geschäftsführerdienstverträge

Wieso ist die Unterscheidung von Arbeit oder Dienst wichtig?

Weil das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) von ihr Ihre Kündigungsfrist abhängig macht. In Ihrem Anstellungsvertrag als Geschäftsführer wird es an einer Regelung zur Kündigungsfrist fehlen. Oder Ihr Vertrag stellt lediglich auf die „gesetzliche Kündigungsfrist“ ab, ohne wahrscheinlich zu bestimmen, ob es sich bei Ihnen um ein Arbeits- oder ein Dienstverhältnis handelt. Das aber wäre wichtig. Denn wann Sie Ihren Angestelltenvertrag kündigen können, hängt davon ab. Deshalb regelte das BGB dies in zwei eigenen Paragraphen:

  • 621 BGB die Kündigungsfristen für Dienstverhältnisse. Maßgebend für die Bemessung der Kündigungsfrist ist der Zeitabschnitt, für den die Vergütung bemessen ist.
  • Demgegenüber § 622 BGB die für Arbeitsverhältnisse. Die Vorschrift dient Ihrem Schutz als Arbeitnehmer und verknüpft die Dauer der Betriebszugehörigkeit mit der Länge der Kündigungsfrist.

Wonach können Sie das unterscheiden?

Dazu hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein einschlägiges Urteil gefällt (BAG, Urteil vom 11.06.2020, Az.: 2 AZR 374/19). In dem Fall arbeitete eine Mitarbeiterin in der Verwaltung als Leiterin. Bei deren Rechtsübergang in eine GmbH wurde sie 2009 zur Geschäftsführerin bestellt. Der dafür geschlossene Anstellungsvertrag sah ein Jahresgrundgehalt von 100.000 Euro vor. Zur Kündigungsfrist verweist der Vertrag lediglich auf die gesetzliche Regelung.

Es kam zu Streitigkeiten mit den Gesellschaftern. Sie beriefen die Geschäftsführerin 2018 von diesem Posten ab. Ihren Anstellungsvertrag kündigten die Firmeneigner ordentlich. Hiergegen klagte die Geschäftsführerin. Beim Arbeitsgericht bekam sie Recht. Das Landesarbeitsgericht hingegen wies ihre Kündigungsschutzklage im Wesentlichen ab. Dazu stellte es fest, dass das Anstellungsverhältnis sein Ende gefunden habe. Die Revision der Klägerin beim Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte keinen Erfolg: Die Kündigung sei wirksam und habe das Anstellungsverhältnis beendet.

Womit begründete das BAG seine Entscheidung?

Mit der seiner Ansicht nach nur geringen Weisungsgebundenheit. Deshalb sei der Anstellungsvertrag zwischen den Parteien nicht als Arbeits-, sondern als freier Dienstvertrag einzustufen. Die nach dem Anstellungsvertrag einschlägige gesetzliche Kündigungsfrist entnimmt das BAG § 621 Nr. 4 BGB und nicht § 622 Abs. 2 BGB. Zwar habe der Bundesgerichtshof (BGH) in älteren Entscheidungen die alte Fassung des § 622 Abs. 1 Satz 1 BGB für anwendbar gehalten.

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Nach der Gesetzesreform aus dem Jahr 1993 finde allerdings nicht § 622 Abs. 2, sondern § 621 BGB auf die Anstellungsverhältnisse von Geschäftsführern Anwendung. Für eine analoge Anwendung des § 622 BGB fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Andernfalls hätte der Gesetzgeber im Rahmen der Gesetzesreform 1993 die Rechtsprechung des BGH in eine gesetzliche Regelung übernommen. Genau das aber sei nicht geschehen. Daher gelte der § 621 BGB.

Aufgrund der vereinbarten Jahresvergütung sei eine Kündigung gemäß § 621 Nr. 4 BGB mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartalsende möglich gewesen. Trotz einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 20 Jahren könne sich die Klägerin daher nicht auf die siebenmonatige Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 Nr. 7 BGB berufen.

So viele Paragraphen – was denn nun: sind Sie als Geschäftsführer einer GmbH in Dienst oder in Arbeit?

In einem Dienstverhältnis. Das hat das BAG noch einmal klargestellt. Der Anstellungsvertrag mit einem Geschäftsführer ist kein Arbeitsvertrag, sondern eben ein Dienstvertrag. Zudem ist § 622 BGB ausdrücklich nicht anwendbar, sondern § 621 BGB. Übrigens: schon vor der Entscheidung war fraglich, wieso es einer analogen Anwendung von § 622 BGB bedarf, wenn das Gesetz mit § 621 BGB eine eigene Regelung für Dienstverträge enthält. Das BAG schafft hier also endlich Klarheit.

Was bedeutet das für Sie als Geschäftsführer für die Praxis?

Vereinbaren Sie am besten mit Ihrem Dienstherren eine Kündigungsfrist! Verweisen Sie im Anstellungsvertrag nicht einfach auf gesetzliche Kündigungsfristen! Oder geben Sie gar nichts an! Zumal als langjähriger Mitarbeiter zu Geschäftsführer haben Sie aufgrund von § 621 BGB sonst eine erhebliche Verkürzung Ihrer gesetzlichen Kündigungsfrist:

  • Für Dienstverhältnisse bei Vereinbarung einer Jahresvergütung nach § 621 Nr. 4 BGB beträgt sie sechs Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahrs,
  • bei einer monatlichen Vergütung gemäß § 621 Nr. 3 BGB kann das Dienstverhältnis spätestens am 15. eines Monats zum Schluss des Kalendermonats gekündigt werden.
  • Haben Sie hingegen eine Tagesvergütung vereinbart, kann Ihre GmbH Sie sogar an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages kündigen.

Die Entscheidung des BAG dürfte in der Praxis erhebliche Bedeutung haben und zu Unsicherheiten bei der Prozessführung führen. In der Vergangenheit sind die Gerichte meist dem BGH gefolgt. Damit dürfte jetzt Schluss sein. Die Zivilgerichte werden im Zweifel sein: folgen sie weiterhin den alten Entscheidungen des BGH oder doch dem aktuellen Urteil des BAG. Dies bedeutet für Sie als Geschäftsführer einige Unsicherheit.

 

Autor*in: Franz Höllriegel